Albert Kniepf

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Kniepf
Geburtshoroskop von Kniepf

Albert Kniepf wurde am 23.2.1853 um 12 Uhr LMT in Cottbus geboren.[1]
Er starb am 28.8.1924 um 9:30 Uhr in Hamburg.[2]

Biographie

Kniepf war Journalist, Schriftsteller, Literaturkritiker und Philosoph.

Astrologie

Seit Anfang der Neunziger Jahre des Neunzehnten Jahrhunderts beschäftigte er sich in seiner Freizeit intensiv mit der Astrologie. Er begann auf empirischem Weg, sie einer strengen Prüfung zu unterziehen, und trat für ihre Richtigkeit ein. In der Art seiner Annäherung an die Sternenwissenschaft sah er sich als einen Nachfolger Johannes Keplers. Er war ein Zeitgenosse von Karl Brandler-Pracht. Während dieser jedoch in erster Linie danach strebte, die Astrologie einer breiteren Bevölkerungsschicht bekanntzumachen und Lehrmaterial über sie in deutscher Sprache herauszugeben, blieb Kniepf der stille Wissenschaftler und Philosoph im Hintergrund, der kritisch viele Elemente der Traditionellen Astrologie eliminierte, die sich nicht mit seinem naturwissenschaftlichen Weltbild vereinbaren ließen.

Er schrieb mehrere Bücher, darunter zwei Abhandlungen: Die psychischen Wirkungen der Gestirne - eine physikalische Begründung der Horoskopie von 1898, und Die Physik der Astrologie von 1899. Darin beschäftigte er sich besonders mit erkenntnistheoretischen und philosophischen Betrachtungen zur Astrologie, und führte die Ursache für die Wirkungen der Planeten auf magnetische Kräfte zurück. Außerdem diskutierte er ausführlich die verschiedenen Argumente, die gegen die Astrologie vorgebracht werden, z.B. die Beweiskraft eingetroffener Prognosen, das Problem des Determinismus usw.

Die "Gesellschaft für wissenschaftliche Astrologie" in München, Vorsitzender Brandler-Pracht, ernannte Kniepf zum Ehrenmitglied, weil er sich "seit Jahrzehnten um die wissenschaftliche Astrologie in außerordentlicher Weise verdient gemacht" habe.[3]

Die zwei Tage nach Kniepfs Tod stattfindende Sonnenfinsternis auf 7° Jungfrau bildete eine exakte Opposition zu seiner Radix-Sonne. Er hatte seinen Todeszeitpunkt nicht vorausberechnet, wie manche später annahmen. Am Morgen seines Sterbetages sagte er lediglich zu seiner Frau: 'Heute ist ein sehr schlechter Tag.' Dann ging er zum Arzt, der ihm eine Arznei verschrieb. Auf dem Weg zurück nach Hause "... stürzte er, vom Schlage getroffen nieder, vor der Tür eines Hauses, in dem ein Arzt wohnte. Man brachte ihn in die Wohnung des Arztes, wo er verschied."[4]. Die Grabrede Peterssons wurde in den Astrologischen Blättern abgedruckt.[5] In deutschen und englischen Astrologie-Zeitschriften um die Jahrhundertwende wurden zahlreiche Artikel von Kniepf veröffentlicht, die Einblick in seine praktische Arbeit geben. Er schrieb unter anderem über die Trutina Hermetis und Konzeptionshoroskope im Zusammenhang mit Nietzsches Horoskop, sowie über den Halley'schen Kometen. Die Luftschiffahrt reizte ihn besonders, zumal er Abhandlungen schrieb über Graf Zeppelins Fahrt nach Berlin, die Vernichtung eines deutschen Marine-Luftkreuzers und die Vernichtung des französischen Militär-Luftschiffes 'La Republique'. Er setzte sich kritisch mit geschichtlichen Überlieferungen auseinander und recherchierte astrologische Prognosen, die sich erfüllt hatten. Weitere Artikel schrieb er über den Astrologen Vogt, König Ludwig II. von Bayern, König Karl von Portugal, und zum Tode von König Eduard VII. von England. Mit dem damals stattgefundenen Untergang der Titanic setzte er sich ebenfalls auseinander. Eine größere Abhandlung verfasste er über Wallensteins Horoskop.[6]

Er beschäftigte sich mit den alten Quellen der Astrologie, u.a. mit den Tetrabiblos von Ptolemäus, der Mathesis des Firmicus Maternus und auch Literatur aus der Renaissance, dem Speculum des Junctinus oder der Astrologia Gallica von Morinus. Mit Akribie untersuchte er die Herkunft der Erhöhungsgrade der einzelnen Planeten. Er fand eine mögliche Quelle in den Überlieferungen des zoroastrischen (parsischen) Zendavesta und verfasste darüber 1910 eine Artikelserie.

Das Fundament seiner Astrologie bildete die Aspektlehre. Nachdem er sich mit den verschiedenen Häusersystemen auseinandergesetzt hatte, entschied er sich für die Placidus-Häuser. Diese schienen ihm "aufgrund ihrer wesenhaften Verflechtung mit den planetarischen Direktionen in den Tagbögen und deren Aspektendynamik" die naheliegendste Lösung im Häuserstreit zu sein. Im Zodiakus schrieb er 1911 in Heft 2, dass keine andere Häusermethode mit dem System der Mundanbögen so natürlich und zwanglos verwachsen sei.

Er entwickelte spezielle Direktionsmethoden, wobei er sowohl Primärdirektionen (1° für 1 Jahr, auf dem Äquator dirigiert), als auch Sonnenbogendirektionen verwendete, die er ebenfalls auf dem Äquator vorschob. Transite sah er als nebensächlich an und verwendete sie kaum. Mit seinem Freund und Kollegen Oskar Petersson beobachtete er über Jahrzehnte hinweg einige hundert Fixsterne, um ihre Wirkung zu erforschen.

Äquidistanzen

Kniepf schenkte den aus der Klassischen Astrologie überlieferten Äquidistanzen besondere Beachtung - eine Form der Halbsumme, bei der Aszendent oder das Medium coeli in der Halbdistanz stehen, wohl im 13. Jahrhundert entwickelt von Guido Bonatus. Kniepf erwähnte die Technik 1909 als "... eine Verletzung der Sonne durch Mars, der Aszendent kommt nämlich in die Mitte zwischen beiden!"[7] Er dürfte damit derjenige sein, der die Technik in der deutschsprachigen Astrologie bekannt machte. Für Kniepfs Schüler Alfred Witte könnte dies als Anregung seiner späteren Halbsummentechnik gedient haben, zusammen mit den von Brandler-Pracht gelehrten Sensitiven Punkten.[8] Witte entwickelte daraus ein Symmetriesystem, wozu Halbsummen, Planetenbilder, Spiegelpunkte, sensitive Punkte, Antiszien sowie sechs verschiedene Häusersysteme gehören, heute bekannt als Hamburger Schule.

Publikationen

Bücher

  • Theorie der Geisteswerthe 159 Seiten. Leipzig, Naumann, 1892
  • Die psychischen Wirkungen der Gestirne. Die physikalischen Wirkungen der Horoskopie und Astrologie im Umriss Selbstverlag, Hamburg 1898
  • Die Physik der Astrologie 1899, Hamburg-Borgfelde, Selbstverlag
  • Die Weissagungen des altfranzösischen Sehers Michael Nostradamus und der jetzige Weltkrieg 48 Seiten. 2. erw. Aufl. Hamburg, Hephaestos-Verlag, 1914
  • Das Shakespeare-Idol Francis Bacon. Mit neuen Faksimiles in Autotypie und Lichtdruck 256 Seiten. Hephaestos, Hamburg 1914

Artikel

  • Altägyptisches, Zodiakus 2.Jhg. 1910-11 Heft 9 und 10
  • Astrometeorologie, Zentralblatt für Okkultismus 1.Jhg. Heft 10, 1908
  • Bücherbesprechung, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 6
  • Das Geheimnis der Primärdirektionen, Astrologische Blätter 9.Jhg. Heft 4/5, 1927, Linser-Verlag Berlin
  • Das Horoskop der Konzeption und Nietzsches Horoskop, Zentralblatt Okkultismus 2.Jhg. Heft 10, 1909
  • Das siegreiche England aus der Vogelperspektive, Psychische Studien, Feb. 1922
  • Der Geburtstag Napoleons 1., Zodiakus 2.Jhg. 1910-11 Heft 1
  • Der Halley'sche Komet, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 9
  • Die Psyche des Gangliensystems als Quelle der mediumistischen u. verwandten Erscheinungen, Neue Metaphysische Rundschau. I. Band, 1897-1898
  • Die Vernichtung des deutschen Marine-Luftkreuzers L1, Zodiakus 3.Jhg. 1911-12 Heft 6
  • Die Vernichtung des französ. Militärschiffes 'La Republique' am 25.9.1909, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 4
  • Die Vernichtung des Luftschiffes 'La Republique', Kosmobiologie 27.Jhg./ Heft 2, 1960, Ebertin-Verlag
  • Die Weissagungen des altfranzösischen Sehers Michael Nostradamus & der jetzige Weltkrieg Die Übersinnliche Welt, Monatsschrift für okkultistische Forschung XXIII. Jhg. 1915
  • Erfüllte Prognosen, Zentralblatt für Okkultismus 1.Jhg.1907-08/ Heft 7
  • Firmicus Maternus und Ernst Tiede, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 6
  • Geschichtliches und Kritisches, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 10
  • Graf Zeppelins Fahrt nach Berlin, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 4
  • Junctinus, Horoskop von Georg Purbach, Zodiakus 2.Jhg. 1910-11 Heft 2
  • Illusionen, Astrologische Blätter 6.Jhg. 1924-25 Heft 6
  • Johann Karl Vogt - Astrolog und Seher zu München, Zodiakus 3.Jhg. 1911-12 Heft 5 bzw. Astrologischer Auskunftsbogen Nr. 100, 1959
  • König Ludwig 2. von Bayern, Zodiakus 3.Jhg. 1911-12 Heft 6
  • Kritisches und Polemisches, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 4
  • Marseinflüsse, Zodiakus 3.Jhg. 1911-12 Heft 3
  • Mundan - Astrologie, Zentralblatt für Okkultismus 1.Jhg. 1907-08/ Heft 1
  • Neue Todesdirektionen, Astrologische Blätter 5.Jhg.1923-24/ Heft 4
  • Neues zum Aspektensystem, Astrologische Blätter 9.Jhg. 1927-28 / Heft 1 + 2
  • Neues zur Physik der Astrologie, Zodiakus 3.Jhg. 1911-12 Heft 3
  • Occultismus u. Wissenschaft Psychische Studien, 22. Jhg. Oswald Mutze, Leipzig 1895
  • Od u. bipolare Energie Psychische Studien, 28. Jhg. Leipzig 1901
  • Planeten-Jahre, Tage und Stunden, Zodiakus 2.Jhg. 1910-11 Heft 2
  • Radiumgehalt der Atmosphäre und Mondeinfluß, Zodiakus 2.Jhg. 1910-11 Heft 1
  • Technische Eigenheiten im Horoskop Königs Karl von Portugal, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 11
  • Wallensteins Horoskop, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 2 + 3
  • Zendavesta und die vermeintlichen Erhöhungen der Planeten, Zodiakus 2.Jhg. 1910-11 Heft 4 + 5; Nachdruck in Kosmobiologie 26.Jhg. 1959-60/ Heft 6, Ebertin-Verlag
  • Zum Häuserdisput, Astrologische Blätter 5.Jhg.1923-24/ Heft 6
  • Zum Tode Königs Eduard 7. von England, Zodiakus 2.Jhg. 1910-11 Heft 1
  • Zum Untergang des Ozeandampfers 'Titanic' am 15.4.1912, Zodiakus 3.Jhg. 1911-12 Heft 4
  • Zur Begründung der Horoskopie, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 3
  • Zur Frage der inneren Häuser, Zodiakus 3.Jhg. 1911-12 Heft 2
  • Zur Mundan-Horoskopie, Zodiakus 1.Jhg. 1909-10 Heft 8

Literatur

  • Graaf, Hans (Hrg.): Astrologie und Astrologen 120 Seiten. Leipzig, Richard Hummel Verlag, 1937
Enthaltene Artikel von und über Kniepf bzw. Petersson: Kepler als Astrologe u. moderne Vorurteile, Wallensteins Horoskop, Goethes Horoskop

Quellen und Anmerkungen

  1. Hans Taeger gibt an, die Information stammt von Kampherbeek, der sie von Venerius hat, siehe iol.ie/~taeger/research/150astro, Claudia von Schierstedt gibt eine leicht abweichende Zeit an von Petersson, mit 12:01:17, mit Sicherheit eine Korrektur. Insbesondere die Zeitschriftenartikel unten sind von Schierstedt übernommen, mit freundlicher Genehmigung: siehe auch Werkverzeichnis des Astrologen Alfred Kniepf (Schierstedt gibt ihm z.T. fälschlich den Vornamen Alfred). Rodden Rating A
  2. Biographische Informationen von der Schierstedt, mit freundlicher Genehmigung
  3. Zodiakus, Heft 1, Seite 28, 1909 Fr. Paul Lorenz Verlag, Freiburg/Breisgau
  4. Fritz Langner: Albert Kniepf. Nachruf, in "Nachrichtenblatt der 'Astrologischen Gesellschaft in Deutschland'", 1. Jahrgang, September 1924, Nr. 4/5, S. 81-83
  5. Astrologische Blätter, 6. Jahrgang, Heft 7, Oktober 1924, S. 193-198
  6. Albert Kniepf: Wallensteins Horoskop in "Zodiakus", 1. Jahrgang, Heft 2 und 3, August und September 1909, S. 50-52, 64-65
  7. Albert Kniepf: Zur Begründung der Horoskopie. in „Zodiakus", 1. Jahrgang, 3. Heft, September 1909, S. 73
  8. Karl Brandler-Pracht: Die sensitiven Punkte der Ekliptik in „Zodiakus", 1. Jahrgang, 1. Heft, Juli 1909, S. 7-12