Arabische Astrologie

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Ottomanische Himmelskarte 1583[1]

Synonym: Islamische Astrologie

Eine nennenswerte arabische Astrologie existiert erst seit dem Aufkommen des Islam im siebten Jahrhundert. Was seitdem unter "Arabischer Astrologie" verstanden wird, beschränkt sich nicht streng auf die Araber als ethnische Einheit, sondern wurde auch von anderen Völkern übernommen und beeinflusst, die zum Islam bekehrt wurden. Man könnte deshalb auch von einer islamischen Astrologie sprechen.

Historisch (bis heute) war die Einstellung zur Astrologie im arabisch-islamischen Kulturbereich ähnlich ambivalent wie im Christentum. Epochen großer Blüte wechselten mit Perioden der Verfolgung und Verflachung. Auch theologisch gab es bei der Beurteilung der Astrologie unterschiedliche Interpretationen.

Astrologie und Islam

Diese Zwiespältigkeit geht schon auf den Propheten Mohammed zurück, der ebenfalls nicht eindeutig dazu Stellung nahm und deshalb verschiedenen Interpretationen Spielraum gab. Die Sterndeutung war im Koran zwar nicht ausdrücklich verboten, doch genoss sie keinen besonders guten Ruf. Am Beispiel Abrahams kommt dies in der sechsten Sure deutlich zum Ausdruck (Vers 77-80):

Drachenkopf und Drachenschwanz. Traktat bzw. Zeichnung wahrscheinlich von Abumaschar

Als die Dunkelheit der Nacht ihn (Abraham) beschattete, sah er einen Stern und er sprach: ,Das ist mein Herr'. Als dieser aber unterging sagte er: ,Ich liebe die Untergehenden nicht.' Und als er den Mond aufgehen sah, da sagte er: ,Wahrlich, das ist mein Herr.' Als aber auch dieser unterging, da sagte er: ,Wenn mein Herr mich nicht leitet, so bin auch ich wie dies irrende Volk.' Und als er nun die Sonne aufgehen sah, da sagte er: ,Siehe, das ist mein Gott, denn dies ist das größte Wesen.' Als aber auch die Sonne unterging, da sagte er: ,Oh, mein Volk, ich nehme keinen Anteil mehr an Eurem Götzendienste, ich wende mein Angesicht zu dem, der Himmel und Erde erschaffen hat'. Auf der anderen Seite kam der von Teilen der Astrologie vertretene Determinismus dem im Islam verbreiteten Glauben an die Vorherbestimmung alles Seienden (Kismet) durchaus entgegen.

Verschiedene islamische Gelehrte und Literaten wie z.B. der Sprachwissenschaftler al-Ḫalīl ibn Aḥmad al-Farāhīdī bezeugten ab dem neunten Jahrhundert, direkt und indirekt nachweisbar, ihre Ablehnung der Astrologie.[2] Schriftliche Arbeiten zur theologischen Widerlegung der Astrologie sind erstmals ab etwa Ende des zehnten Jahrhunderts greifbar, so z.B. bei ʿAbd al-Dschabbār ibn Ahmad oder al-Bāqillānī. Sie postulierten meist die Unvereinbarkeit einer astrologisch häufig angenommenen, autonomen Wirksamkeit der Gestirne mit der im Koran formulierten Alleinwirksamkeit Gottes, der ersten und einzigen Ursache von allem. Philosophische Widerlegungen, z.B. von al-Fārābī, sind etwas früher sichtbar, erstmals wohl in der ersten Hälfte des zehnten Jahrhunderts.[3][4]

Insgesamt blieben die Astrologie und Astrologen dennoch bis ins 19. Jahrhundert ziemlich treue Begleiter vor allem zahlloser muslimischer Herrscher und ihrer Höfe, wie im Osmanischen Reich noch unter Sultan Mahmud II (19. Jh.).[5] So wurde die Astrologie vielfach eben geduldet, obwohl sie religionsgesetzlich eindeutig abgelehnt wurde. Allerdings hatten Astrologen und Astrologie allgemein im Laufe der Zeit sozusagen eine Islamisierung durchgemacht, z.B. in der Form einer verstärkt an islamisch-religiösen Bedürfnissen ausgerichteten, in den Vordergrund geschobenen Astronomie. In dieser Einkleidung konnten die genuin astrologischen Inhalte und Deutungen überdauern, wohl ähnlich dem Prozess der Christianisierung der Astrologie in der römischen Spätantike.[6]

Vor dem Aufkommen des Islam war die Astrologie in der arabischen Welt nicht sehr entwickelt. Die zumeist nomadischen Völker orientierten sich auf ihren Wanderungen zwar am Sternenhimmel und es gab auch einen einfachen Sternenkult, doch ein System der Deutung hatten sie nicht entwickelt. Nach der Übernahme des Islam unterwarfen die Araber in wenigen Jahrhunderten ein Reich, das sich vom Atlantischen Ozean im Westen bis Südostasien im Osten erstreckte. Dadurch gerieten nicht nur zahllose Völker unter ihre Herrschaft; die Araber selbst sahen sich ihrerseits fremden Kultureinflüssen ausgesetzt. Das betraf auch die Astrologie, welche in vielen der unterworfenen Regionen eine wichtige Rolle spielte.

Geschichte der islamisch-arabischen Astrologie

Teile der Hellenistischen bzw. Klassischen Astrologie wurden wohl bereits ab dem zweiten Jahrhundert z.B. nach Indien weiter vermittelt und ab dem dritten Jahrhundert im großpersischen Sassanidenreich aufgenommen.[7] So wurden etwa die Abhandlungen des Dorotheos von Sidon und des Vettius Valens ins Mittelpersische übertragen.[8] Das neue muslimisch-arabische Reich wiederum rezipierte bzw. übersetzte nach der Eroberung des Sassanidenreiches im siebten Jahrhundert offenkundig das dort vorgefundene astrologische Gedankengut hellenistischer und persischer, sowie indischer Herkunft.

Als speziell indische und sassanidische Astrologie-Entwicklungen oder –Erfindungen, die übernommen wurden, zählen u.a. die so genannte 'Militär'-Astrologie wie auch die Grundlagen der Stundenastrologie, ebenso astrologische Geschichtsbetrachtungen auf Basis von Deutungen des jährlichen Widder-Ingress der Sonne und der Großen Konjunktion (die Saturn-Jupiter-Konjunktionen mit ihren Zyklen). Eine sassanidische Erfindung war desweiteren der astrologisch geplante Augenblick von Herrscher-Krönungen mit einem geeigneten Horoskop, wie es für den sassanidischen Großkönig Chosrau I., Herrschaft 531–579, überliefert wurde.[9][10]

Als erster bekannter und bedeutender Lehrender der Astrologie, Astronom und Übersetzer aus dem Griechischen, gilt im Arabischen Reich Theophil von Edessa.[11]

Typisch für die Anfänge der arabisch-islamischen Astrologie war die Tätigkeit Theophils im achten Jahrhundert: der griechisch sprechende, christlich-maronitische Syrer übersetzte viele hellenistische Astrologie-Texte ins Arabische, z.B. des Valens Anthologiae, sowie betätigte sich später als Astronom und Astrologe am Hof der abbasidischen Kalifen al-Mahdi und al-Mansūr in Bagdad.[12][13] Theophil, dessen Werke in der Geheimbibliothek des Kalifenhofes in Damaskus untergebracht gewesen sein sollen und bald auch im Byzantinischen Reich verbreitet wurden, hatte wohl eine Vorliebe für 'Kriegsastrologie', also zur astrologischen Einschätzung und Deutung von Kriegshandlungen.[14] Der indische Astrologe Kankah[15], der biographisch kaum fassbar ist, wenn auch u.a. von Albumasar genannt, sowie der vom Judentum zum Islam konvertierte Astrologe und Astronom Messahallah, die beide ebenso am Bagdader Kalifenhof berieten und lehrten, ergänzen das Bild der islamisch-arabischen Astrologie-Frühphase.[16][17][18]

Epizyklisches Planetenmodell[19]

Die arabisch-islamische Astrologie erlebte im Orient eine Blütezeit bis ins elfte Jahrhundert. Danach wurde sie stark mit esoterisch-okkulten Gedankengut und Praktiken verbunden, ein Vorgang, der vielleicht den beginnenden, langsamen Niedergang der dortigen 'wissenschaftlichen' Astrologie mitbewirkte. Schließlich kam mit der Eroberung von Bagdad (1258) und des arabisch-islamischen Kalifenreich durch die Mongolen auch die Ausübung der 'wissenschaftlichen' und Hof-Astrologie zum Erliegen.[20]

Schon zu Anfang ihrer Blütezeit ab dem achten Jahrhundert wurde die arabisch-islamische Astrologie, mitsamt der von ihr rezipierten hellenistischen oder klassischen Astrologie-Werke der Spätantike, in das konkurrierende Byzantinische Reich und nach Konstantinopel weitervermittelt. So anscheinend durch Stephanos Philosophos (achtes Jahrhundert) im Rahmen eines dort gestiegenen geistigen Interesses an der Astronomie.[21] Stephanos, welcher aus dem islamischen Persien nach Konstantinopel übergesiedelt war, behauptete den wissenschaftlichen Rang der Astrologie und notierte, die Sterne dürften im Rahmen des Christentums natürlich nicht als göttlich verehrt und ihnen ebenso keine Willensautonomie unterstellt werden. Auch die Werke von Theophilos, dem Gelehrten und Astrologen am islamischen Kalifenhof in Bagdad, der gleichfalls über die Harmonisierung von Christentum und Astrologie geschrieben hatte, wurden in Byzanz ab dem neunten Jahrhundert rezipiert, ebenso die dafür ins Griechische übersetzten astrologischen Traktate anderer Astronomen-Astrologen aus dem islamisch-arabischen Orient wie Albumasar und Sahl ibn Bishr.[22][23] Die kulturellen Beziehungen zwischen Konstantinopel und dem expandierenden arabisch-islamischen Reich abseits der kriegerischen Auseinandersetzungen werden auch dadurch deutlich, dass Kalif al-Ma'mūn (erste Hälfte neuntes Jahrhundert) den Gelehrten Leon der Mathematiker von Konstantinopel nach Bagdad holen wollte, anscheinend besonders wegen Leons Fähigkeiten im Bereich Mathematik und Geometrie, und wohl auch wegen dessen astrologischer Gelehrtheit.[24]

Doch vor allem während der arabisch-islamischen Herrschaft auf der Iberischen Halbinsel (achtes bis 15. Jahrhundert), Al-Andalus genannt, und der einsetzenden, christlichen Rückeroberung ('Reconquista') wurden zahlreiche Astrologie-Texte z.B. in der Übersetzerschule von Toledo durch Übersetzungen ab dem zwölften Jahrhundert nach und nach von Südeuropa her im hochmittelalterlichen, christlichen Europa rezipiert, was ab dem 13. Jahrhundert zu einer ersten europäischen Blüte der Astrologie führte.[25][26] An dieser Übersetzertätigkeit und Verbreitung astrologischer Kenntnisse in und aus dem islamischen Spanien hatten auch jüdische Gelehrte großen Anteil.[27] Das einflussreichste Werk der jüdischen Astrologie jener Zeit war das Sepher reshît hokhmah (zwölftes Jahrhundert) des Abraham ibn Ezra.

Al-Birunis Erklärung der Mondphasen

Das werdende, spätere Osmanische Reich rezipierte wiederum weitestgehend aus der Zeit und dem Herrschaftsgebiet der Seldschuken die dort tradierte arabisch-islamische Astrologie-Astronomie. Zeitweilig hatten die Seldschuken im elften und zwölften Jahrhundert u.a. über die Astrologie-Hochburg Bagdad geherrscht; von den seldschukischen Sultanen Tughrul Beg und Alp Arslan ist ihr großes Interesse an Astronomie und Astrologie überliefert. Alp Arslan soll, so ein Hof-Historiker, vor der Schlacht bei Manzikert (August 1071) Astrologen über deren Aussichten bzw. geeignete Zeitpunkte dafür konsultiert haben. An den seldschukischen Herrscher-Höfen gab es, wie im islamischen Orient üblich, zudem offizielle Sternkundige.[28]

Im Osmanischen Reich mit der neuen Hauptstadt Istanbul entwickelte sich zwischen dem späten 15. und dem frühen 16. Jahrhundert rasch die Institution des munajjim-bashi, des Hof-Sternkundigen, der 'Chef-Astronom-Astrologe' am Sultanshof war, mit mehreren Assistenten. Sie blieb über Jahrhunderte bis zum Ende des Sultanats bestehen, d.h. bis Anfang der 1920er Jahre.[29] An seinen offiziellen Aufgaben lassen sich einige typische Tätigkeitsfelder von Astronomen-Astrologen an den zahlreichen anderen islamischen Herrscher-Höfen ableiten:[30]

  • Erstellung von öffentlichen Jahres-Kalendern oder –Almanachen, u.a. mit historischen Chronologien, dem mundanastrologischen Horoskop zum Widder-Ingress der Frühlings-Tagundnachgleiche samt Deutungen, Vorhersagen zu Wetter, Sultan und Regierung, astrologische Bewertungen der Tage jeden Monates für geeignete und ungeeignete Unternehmungen (Elektion), Sonnen- und Mondfinsternisse im Jahr samt astrologischen Deutungen
  • Erstellung des Ramadan-Kalenders
  • Errechnung astrologisch geeigneter Zeiten – Elektionen - für öffentliche und private Handlungen und Tätigkeiten von Sultan und Regierungsmitgliedern
  • Information des Palastes über Finsternisse, Kometen und weitere Erd- und Himmels-Phänomene
  • Organisation der genauen Zeitgebung, der Muvakkithane ('Zeitgeberhäuser') mit den dortigen Mitarbeitern, den muvakkits
Archetyp des Uroboros, aus dem alles hervorgeht[31]

Die bedeutendsten Astrologen des islamischen Mittelalters waren Al Kindi, sein Zeitgenosse wie Kollege und wahrscheinlicher Schüler Albumasar (auch: Abu Masar oder Abu-Ma'schar), beide aus dem mittelalterlichen, arabisch-islamischen Orient und in Bagdad lehrend.[32][33] Al-Kindi entwickelte auf der Grundlage des stoischen Konzepts der alles verbindenden Sympathie eine ganzheitliche Sicht des Kosmos, in dem himmlische und irdische Körper, aber auch Worte und Handlungen einander durch das Aussenden von Strahlen beeinflussen. Abu-Ma'schar betrachtete die Astrologie als eine mathematische Wissenschaft. In seinem einflussreichen Introductorium in Astronomia (lateinische Übersetzung) gab er eine Übersicht über alle klassischen astrologischen Techniken einschließlich der indischen. In Zìj al-hazaràt sprach er davon, dass die Astrologie den Menschen ursprünglich durch göttliche Offenbarung gegeben worden, aber inzwischen weitgehend vergessen sei. Im Anschluss daran entwickelte er eine philosophische Grundlegung der Astrologie, die angeblich auf einer sehr alten Schrift basierte, welche lange verborgen gewesen sei und deren Inhalte er nun wieder zugänglich mache. Bedeutend waren auch Abu-Ma'schars Darlegungen über die dreifache Große Konjunktion, dem seltenen Ereignis, wobei Jupiter und Saturn einander aus geozentrischer Sicht innerhalb eines Jahres dreimal hintereinander berühren. Dieser Konstellation hatte man schon lange eine besondere Bedeutung zugeschrieben, aber Abu Ma'schar wendete sie nun auf die Frage an, wann der Mahdi[34] wiederkehren werde. Dies war das Vorbild für entsprechende eschatologische Spekulationen in der jüdisch-christlichen Kultur bis in die Neuzeit.

Das erste große islamische Observatorium wurde 829 in Bagdad errichtet. Die Genauigkeit der arabischen Himmelsbeobachtung übertraf schon bald danach die der Hellenen.[35]

Damaskus, Astrologen-Haus[36]

Eine weitere Stätte der Gelehrsamkeit wurde um 950 in Damaskus am Osttor der Umayyaden-Moschee eingerichtet (fertiggestellt 715 n.Chr., erbaut in der Epoche von al-Walid, 668-715).[37]

Leistungen der arabischen Astrologie[38]

  • Verbesserte, präzisere Planetentafeln – die Ephemeriden zur Berechnung der Planeten- und Fixstern-Positionen - aufgrund weiterentwickelter Astronomie und Mathematik
  • Weiterentwicklung der sogenannten Katarchen-Astrologie zur noch heute verwendeten Stundenastrologie und Elektion
  • Mundanastrologische Geschichtsbetrachtung, besonders mit der Deutung von Saturn- und Jupiter-Konjunktionen bzw. -Zyklen, der so genannten Großen Konjunktion, eine Methode, welche sassanidisch-persischen Ursprungs ist
  • Mundanastrologische Deutung des so genannten Widder-Ingress, einem Horoskop für den Augenblick, in welchem die laufende Sonne das Tierkreiszeichen Widder erreicht
  • Wiederkehrhoroskop bzw. Solar-Horoskop für den Zeitpunkt der Sonnen-Wiederkehr auf die exakte Position der Geburts-Sonne; erst die arabische Geburtshoroskopie entwickelte Horoskope für diesen Augenblick, davor wurden bei der Sonnen-Wiederkehr lediglich die Tierkreis-Positionen der laufenden Planeten zum Geburtshoroskop gedeutet
  • Vermehrung und Weiterentwicklung der Sensitiven Punkte
  • Verwendung und Deutung der so genannten Mondhäuser aus indischer Herkunft
Die Jungfrau in arabischer Darstellung[39]

Die Araber orientierten sich auch an einem Mondkalender, der bis heute für den Beginn des Fastenmonats Ramadan herangezogen wird. Die arabische Astrologie gab wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Astrologie und setzte vor allem im mathematischen und astronomischen Bereich neue Maßstäbe. So wurden die zwischenzeitlichen Abweichungen von den Ptolemäischen Tafeln bemerkt, korrigiert und neue Tafeln herausgegeben. Generell wurde nicht Ptolemäus, sondern Dorotheus von Sidon stärker rezipiert, bei dem z.B. die arabische Stundenastrologie ihren zumindest konzeptuellen Ursprung hat (Stichwort "Katarche").[40] Geschaffen wurde die heute bekannte Form der Stundenastrologie und der Elektion bzw. diese weiterentwickelt, speziell durch den arabischen Astrologen Sahl oder Zahel.

Die bekannteste Entwicklung aus dem Bereich der Individualastrologie, die hauptsächlich den Arabern zu verdanken ist, stellen die Solar-Revolutionen (kurz Solare genannt) dar. Die Erstellung eines Horoskopes für den Zeitpunkt der exakten Sonnen-Wiederkehr durch arabische Astrologen - Messahallah gilt als Schöpfer dieser Technik -, unterschied sich deutlich von den Ansätzen in der Hellenistischen Astrologie, welche die Planetenstellungen beim Zeitpunkt der Sonnen-Wiederkehr zwar beachtete, aber ohne ein komplettes Horoskop zu erstellen und daraus Zukunftsprognosen abzuleiten.[41]

Weiter vermehrten sie erheblich die Anzahl der Sensitiven Punkte, auch Arabische Punkte genannt, und schufen, aus indischen Vorlagen, die arabische Mondhäuser-Deutung, vor allem durch Albohazen.

Darüber hinaus widmeten sich die Araber der Mundanastrologie, insbesondere der astrologischen Geschichtsbetrachtung. Auf der Basis von Planetenzyklen versuchten sie sich historische Themen zu erschließen. Da Uranus, Neptun und Pluto noch nicht bekannt waren, studierten sie vor allem die Großen Konjunktion. Erfunden wurde diese Methode zwar schon im sassanidischen (hellenistischen) Persien der Spätantike. Über Alcabitius und Albumasar kam sie jedoch in den lateinischen Westen.[42]

Schließlich wurde die Ptolemäische Kategorisierung der Fixsterne in Sternbilder überarbeitet, wobei die Sterne teilweise neue Namen erhielten. Heute noch kennen wir beispielsweise Aldebaran, den hellsten Stern des Stiers, Beteigeuze und Rigel aus dem Orion, Deneb, den hellsten Stern des Schwans oder Fomalhaut in Pisces. Den Fixsternen wurde jeweils auch eine bestimmte Energiequalität zugeschrieben. An der Zahl von 48 Sternbildern hielten die Araber jedoch fest.

Einfluss nach Ostasien

Ab dem zwölften Jahrhundert arbeiteten islamische Astronomen in China u.a. an Kalendern. Im Gegenzug kamen im dreizehnten Jahrhundert chinesische Gelehrte in Begleitung des Mongolen Dschinghis Khan zum Studium nach Persien. Kublai Khan brachte Iraner nach Peking, um dort ein Observatorium zu bauen, sowie ein Institut für die astronomische Forschung zu gründen. Der muslimische Einfluss auf die Astronomie hielt in China an bis zum achtzehnten Jahrhundert, und bekämpfte schließlich noch denjenigen westlicher Jesuiten.

Ottomanischer Mars

Niedergang

Die Blütezeit der arabischen Astrologie erstreckte sich zumindest im Orient vom 8. bis etwa zum 11. Jahrhundert. Danach wurde sie verstärkt gemeinsam mit esoterisch-okkulten Gedankengut und Praktiken vermittelt, eine Entwicklung, die vielleicht den beginnenden, langsamen Niedergang der dort gelehrten, 'wissenschaftlichen' Astrologie mitbewirkte und die entschiedene Ablehnung durch islamische Theologen vergrößerte, die darin eine Konkurrenz zum Willen Gottes sahen. Auch europäische Astrologen lehnten etliche - vermeintliche arabische - Neuerungen gern als "Zauberei" ab, so etwa Johannes Kepler die Stundenastrologie und die Lose.[35]

Darüber hinaus bedrohten mongolische und persische Invasionsheere seit dem 13. Jahrhundert wichtige Hochburgen der arabischen Kultur im Orient, insbesondere Bagdad und seine Bibliothek, welche dadurch an Bedeutung verloren. Die Mauren in Spanien blieben noch zwei weitere Jahrhunderte die Hüter der astrologischen Tradition. Mit ihrer Vertreibung aus Europa verlor die arabische Astrologie schließlich ihre universelle Bedeutung, obgleich im Osmanischen Reich noch bis ins Zwanzigste Jahrhundert gelehrt und angewandt wurde. Heute dient sie in einigen arabischen Staaten praktisch nur noch als Orakel. Seit einigen Jahren wird ihr mittelalterlicher Glanz in universitär ausgebildeten Kreisen aber wieder vermehrt rezipiert.

Arabische Astrologen bei der Arbeit

Arabische Astrologen

Persischer Zodiakmann[43]

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Seyyed Hossein Nasr: Islamic Science: An Illustrated Study, World of Islam Festival Publishing Company, 1976 ISBN 090503502X

Quellen und Anmerkungen

  1. Zodiakzeichen und Mondhäuser im Zubdat-al Tawarikh, gewidmet an Sultan Murad III
  2. George Saliba: The Role of the Astrologer in the Medieval Islamic Society, in: Bulletin d'études orientales 44, 1992, S. 45 – 67, S.46f.
  3. Bernd Radtke: Die Stellung der islamischen Theologie und Philosophie zur Astrologie, in Saeculum. Jahrbuch für Universalgeschichte, 1988, Band 39, S.264f.
  4. Robert G. Morrison: Discussions of Astrology in Early Tafsir, in: Journal of Qur’anic Studies, 11.2 (2009), S.49–71, S.49
  5. Marlene Kurz: Ein osmanischer Almanach für das Jahr 1239/1240 (1824/1825). Klaus Schwarz Verlag, Berlin 2007. S. 15, 52
  6. Kurz: Osmanischer Almanach, S. 52
  7. James Herschel Holden: A History of Horoskopic Astrology. From the Babylonian Period to the Modern Age. Tempe (Arizona, USA) 2006. S. 100
  8. Manfred Ullmann: Die Natur- und Geheimwissenschaften im Islam. E.J. Brill, Leiden 1972. S.280, 282 (Handbuch der Orientalistik. Erste Abteilung. Ergänzungsband VI, 2. Abschnitt)
  9. David Pingree: From Alexandria to Baghdad to Byzantium. The Transmission of Astrology., in: International Journal of the Classical Tradition, Vol. 8, No. 1, Summer 2001, S. 37. S. 4f.
  10. Seyyed Hassan Taqizadeh, Some Chronological Data Relating to the Sasanian Period, in: Bulletin of the School of Oriental Studies, University of London, Vol. 9, No. 1 (1937), S. 125ff.
  11. Holden, S. 100, S. 103f.
  12. Holden, S. 104
  13. David Pingree: From Alexandria to Baghdad to Byzantium. The Transmission of Astrology., in: International Journal of the Classical Tradition, Vol. 8, No. 1, Summer 2001, S. 3–37. S. 13ff.
  14. Hildebrand Beck: Vorsehung und Vorherbestimmung in der theologischen Literatur der Byzantiner. Pont. Institutum Orientalium Studiorum, Roma 1937. S. 69f.
  15. Auch Kanakah oder womöglich Katakah geschrieben
  16. Holden, S. 107–110
  17. Pingree, S. 3–37. S. 18
  18. Manfred Ullmann: Die Natur- und Geheimwissenschaften im Islam. E. J. Brill, Leiden 1972. S. 299 (Handbuch der Orientalistik. Erste Abteilung. Ergänzungsband VI, 2. Abschnitt)
  19. Mittelalterliches Manuskript von Qutb al-Din al-Shirazi (13. Jahrhundert)
  20. Holden, S. 153
  21. Pingree, S. 3–37. S. 12
  22. Hildebrand Beck: Vorsehung und Vorherbestimmung in der theologischen Literatur der Byzantiner. Pont. Institutum Orientalium Studiorum, Roma 1937. S. 68ff.
  23. Manfred Ullmann: Die Natur- und Geheimwissenschaften im Islam. E.J. Brill, Leiden 1972. S. 310, 317 (Handbuch der Orientalistik. Erste Abteilung. Ergänzungsband VI, 2. Abschnitt)
  24. Herbert Hunger: Die hochsprachliche profane Literatur der Byzantiner: 2. Philologie, Profandichtung, Musik, Mathematik und Astronomie, Naturwissenschaften, Medizin, Kriegswissenschaften, Rechtsliteratur. C.H. Beck Verlag, 1978. S. 237ff.
  25. Holden, S. 134
  26. Kocku von Stuckrad: Geschichte der Astrologie. Verlag C.H. Beck 2003. S. 183f.
  27. Stuckrad, S. 177ff, S. 181f.
  28. Barış İlhan: The Astrology of the Ottoman Empire. Veröffentlichung als PDF, Istanbul 2007. S. 6f., S. 8
  29. İlhan, S. 22., S. 37
  30. İlhan, S. 24ff.
  31. Sich in den Schwanz beißende Schlange des Ur-Chaos und Ur-Anfangs. Arabisch-alchemistische Abbildung
  32. Stuckrad, S. 170f. S. 172
  33. Die von Ibn an-Nadīm (zehntes Jahrhundert) überlieferte und teilweise bis heute in der populärwissenschaftlichen Literatur tradierte Geschichte, Albumasar sei mit 47 Jahren durch die neue Bekanntschaft mit Al-Kindi zur Mathematik und Astrologie gekommen, ist teils legendär. Der Hadith-Gelehrte Albumasar studierte im Alter von etwa Dreißig in den späten 820er Jahren, anscheinend nach einem Streit mit Al-Kindi, Astronomie-Astrologie und betätigte sich nachfolgend als Astrologe und astrologischer Autor. (Quelle: David Pingree: Abu Masar, in: Encyclopædia Iranica, I/ 4, S. 337-340; eine aktualisierte Version ist verfügbar unter Encyclopædia Iranica: abu-masar-jafar-b; abgerufen 25.4.2017)
  34. Vor allem in der Schia bzw. im Schi'itismus ein 'endzeitlicher' Nachkomme des Propheten
  35. 35,0 35,1 Al Biruni & Arabic Astrology (David Plant 1994; Skyscript)
  36. Das römische Ost-Tor Bab Jayrun, Umayyaden-Moschee
  37. Gérard Degeorge: „Gegenüber war das römische Tor Bab Jayrun, das ebenfalls heil erhalten ist. In der Epoche von al-Muqaddasi (945-1000), der genau angibt, dass es von dem „selben Stil" wie das vorhergehende war, war es der Sitz der „Astrologen und Konsorten." Damaskus. Von den Ursprüngen bis zu den Mamelucken. Band 1, Turia + Kant Verlag, Wien, 2006, S. 115, 138ff; ISBN 3-85132-448-x
  38. Holden, S. 145, S. 146–147, S. 150, S. 154
  39. Abbildung in einer arabischen Handschrift des 15. Jahrhunderts, Kitab albulhan
  40. Chris Brennan: The Katarche of Horary. in: National Council for Geocosmic Research Journal, 2007 (online)
  41. James Herschel Holden, A History of Horoscopic Astrology. Tempe (USA) 1996, 2006 Abschnitt "Arabian Astrology
  42. Dag Nikolaus Hasse: Ptolemäische Astrologie in der Renaissance, 2013
  43. 19. Jahrhundert
  44. Hubert Korsch in Zenit, 6. Jahrgang 1935, Heft 5