Astrologische Geschichtsbetrachtung
Der Versuch, den Lauf der Menschheitsgeschichte mit dem der Gestirne in Verbindung zu setzen und zu deuten.
Historie
Schon vor der Jahrtausendwende entwickelten arabische Astrologen eine Geschichtsschreibung auf Basis der Großen Konjunktionen (der Planeten Jupiter und Saturn), die alle zwanzig Jahre stattfinden. In der Lutherzeit verfasste der Berliner Astrologe Johannes Carion eine vielbeachtete "Chronik".[2]
Methoden
Platonisches Jahr
Eine umfassende Einteilung ist das platonische Jahr von 25 729 (nach anderen Quellen auch 25 771) Sonnenjahren. In diesem Zeitraum wandert der Frühlingspunkt einmal durch den Tierkreis. Demnach hält er sich 2 144 Jahre (einen so genannten platonischen Monat) lang jeweils in einem Zeichen auf, welches dem Weltgeschehen während dieser Zeit seine Prägung gibt. Die Spekulationen um das Wassermannzeitalter und das Fischezeitalter gehen hiervon aus.
Für die Geschichtsbetrachtung bleibt diese Klassifizierung jedoch zu vage, zumal keine Einigkeit darüber herrscht, wann genau der Übergang von einem Zeichen in ein anderes stattfindet. Die unterschiedlichen Auffassungen variieren zum Teil um Jahrhunderte und machen deshalb eine konkrete Betrachtung schwer. Es gibt jedoch den Ansatz, einen platonischen Monat in Abschnitte von einem Zoll (= 2,5 Grad) zu unterteilen. Dadurch entstünden überschaubare Epochen von 179 Jahren, anhand derer man historische Entwicklungen untersuchen kann.
Super-Konjunktionen
Praktikabler sind die Konjunktionen der geistigen Planeten Uranus, Neptun und Pluto, die sich sehr exakt bestimmen lassen. Allerdings bezieht sich die jeweilige Wirkung nicht nur auf den gradgenauen Zeitpunkt der Konjunktion, sondern schließt die Jahre bis Jahrzehnte davor und danach ein.
Der durch eine Konjunktion von Uranus, Neptun und Pluto gebildete Zyklus umfasst 4 500 Jahre. Zuletzt standen die drei Planeten in den Jahren 578 bis 576 vor unserer Zeitrechnung bei 9 Grad Stier zusammen. Ihnen gegenüber befand sich damals Saturn im Skorpion. In jener Zeit formte sich die griechische Kultur, die das Abendland prägte. Die Vorsokratiker wie Pythagoras, Heraklit und andere schufen damals die philosophischen, wissenschaftlichen und weltanschaulichen Grundlagen für unsere heutige Zivilisation. In Asien wirkten gleichzeitig Buddha, Konfuzius und Zarathustra, deren Lehren ebenfalls noch heute große Teile der Menschheit beeinflussen.[5]
Neptun-Pluto
Der Gesamtzyklus lässt sich unterteilen in die Konjunktionen von Neptun und Pluto, die sich etwa alle fünfhundert Jahre ereignen. Sie fand seit der letzten Konjunktion der drei äußersten Planeten bisher fünfmal statt, und markierte immer einen besonderen Einschnitt; entweder den Neubeginn, den Abschluss oder den Höhepunkt einer Epoche:
- 82 vor unserer Zeitrechnung hatte sich das Römische Reich zur alles beherrschenden Weltmacht entwickelt.
- 412 nach Christus endete die klassische Antike. Die Völkerwanderung schickte sich an, das Gesicht Europas grundlegend zu verändern. In Indien erreichte die klassische Epoche unter der Gupta-Dynastie ihre kulturelle Blüte.
- 905 befand sich das Mittelalter auf seinem Höhepunkt. Das erste Deutsche Reich wurde gegründet, und in Asien begann der Aufstieg der Mongolen mit ihrer Eroberung der Mandschurei.
- 1399 war das Mittelalter und sein Wertesystem in Auflösung begriffen. Mit John Wycliff und Johannes Hus traten die ersten Reformatoren auf den Plan. Konstantinopel/ Byzanz stand kurz vor seiner Einnahme durch die Türken, und nur der Vormarsch der Mongolen hielt dieses Schicksal vorübergehend auf.
- 1891 hatte die industrielle Revolution für eine tief greifende Veränderung der menschlichen Lebensbedingungen gesorgt. Durch die Urbanisierung und Individualisierung waren die für Jahrtausende stabilen sozialen Strukturen zerstört worden. Die Zeit markiert auch die Kolonisierung Afrikas sowie den Beginn der sozialistischen und der Frauen-Bewegung.
Die Konjunktion von 1891 wird von Tony Bonin als "Welthoroskop" genommen, und auch rekursiv (rückwärts, in die Vergangenheit gerichtet) verwendet. Claude Weiss nennt sie Menschheitshoroskop.
Uranus-Neptun
Der ganze Zyklus kann noch in Uranus-Neptun-Konjunktionen (zu denen es etwa alle 172 Jahre kommt) unterteilt werden, die eine weitere Differenzierung der Geschichtsbetrachtung ermöglichen.
Große Konjunktionen
Die klassische Methode. Bei ihr ergeben sich - überschaubare - Perioden von zwanzig, zweihundert oder maximal achthundert Jahren.
Weitere Methoden
Auch der Eintritt der Langsamläufer Uranus, Neptun und Pluto in ein neues Zeichen (Ingress) sowie das plötzliche Auftauchen von Kometen, Finsternisse und der Saroszyklus werden zur Erklärung weltgeschichtlicher Phänomene herangezogen.
Die Münchner Rhythmenlehre von Wolfgang Döbereiner betrachtet oft Septare.
Siehe auch
Literatur
- Claude Weiss: Das Menschheitshoroskop und die grossen Zyklen: Ein Schlüssel zum Verständnis unserer heutigen Zeit. 176 Seiten, Astrodata 2022. ISBN-10: 3906881121, ISBN-13: 978-3906881126 Inhaltsverzeichnis (PDF)
Weiss beschreibt , wie die großen Zyklen der geistigen Planeten Uranus, Neptun und Pluto unsere Geschichte prägen. Dabei zeigt er, dass die Arbeit mit dem sogenannten ‹Menschheitshoroskop› besonders prägnante Aussagen zu unserer Epoche ermöglicht
- Richard Tarnas: Cosmos and Psyche. Intimations of a New World View. Viking, 2006 ISBN 0670032921
- Beschäftigt sich mit den Aspekten der Langsamläufer und deren Parallelen in der menschlichen Geschichte. (englisch)
- Richard Vetter: Uranus/Neptun und das Selbst, Astrologie Heute, 34 und 35, 1991/92
- Ders., Saturn - Pluto: "wenn es hart auf hart kommt ..." Meridian 1/ 1994, S. 10-18
Quellen und Anmerkungen
- ↑ Durch Kai Lietz, 1989. Saturn, Uranus und Neptun befanden sich bei Schabowskis historischer Pressemitteilung am Deszendenten, Jupiter gegenüber am Aszendenten. Siehe auch Öffnung und Fall der Mauer (berlin.de)
- ↑ Allerdings überwiegend auf der Grundlage biblischer Prophezeiungen; unter Mitarbeit von Philipp Melanchthon
- ↑ Saturn (mit seinen Insignien Hinkebein und Sense) schwenkt hier eine rote Fahne, Bild der 1524 beginnenden Bauernkriege. Siehe Bauernkrieg 1524-1526 (Planet Wissen, 2020).
- ↑ Flugblatt koloriert von Adam McLean. Siehe Adam McLean's Galleries of coloured images, dort Illustration AST 63
- ↑ Der Philosoph Karl Jaspers prägte dafür den Begriff der "Achsenzeit". Siehe Wikipedia: Achsenzeit
- ↑ Illustration von Astrid Fallon (bearbeitet)