Astronomica

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Parallelverbindungen nach Manilius

Die "Astronomica" ist das älteste aus der Antike fast vollständig überlieferte astrologische Werk, vermutlich aus dem ersten Jahrhundert n.Chr. Ihr Autor Manilius griff auf die gleiche, heute verloren gegangene Quelle zurück wie Firmicus Maternus in seinen Matheseos libri octo.

Das Buch wurde in den letzten Regierungsjahren des römischen Kaisers Augustus (gestorben 14 n.Chr.) begonnen und vermutlich während der Regierungszeit des Kaiser Tiberius Nero (gest. 37 n.Chr.) abgebrochen[1], denn das in Hexametern abgefasste Lehrgedicht ist vermutlich nicht vollendet. Dies lässt sich daraus schließen, dass Manilius des öfteren anklingen lässt, sich noch mit der astrologischen Bedeutung der Planeten ausführlich beschäftigen zu wollen, dies in seinen fünf Büchern jedoch nicht mehr machte. Die Gedichtform des Textes weist darauf hin, dass es dem Autor weniger um astronomische bzw. wissenschaftliche Exaktheit ging, sondern in erster Linie darum, "als Dichter von den Sternen zu singen. Deshalb dient uns die Astronomica vor allem als eine großartige Übersicht über den astrologischen Mythos und Symbolismus."[2]

Besonderheiten der Astronomica

Tierkreiszeichen

Die Beschreibung der Zeichen weicht gelegentlich von den üblichen Charakterisierungen deutlich ab, wenn auch großenteils die Zuordnung der Charaktereigenschaften gut wiederzuerkennen ist. Dem Löwen beispielsweise wird, entsprechend des namensgebenden Tieres, großer Mut, aber auch Kampfeslust und Grausamkeit zugeschrieben, als passender (ziviler) Beruf wurde von Manilius "Metzger" genannt. Krebs gilt als typisches Zeichen des Handels und der Kaufleute (was man damals wie heute eher den Zwillingen zuordnete), und die Fische werden bei weitem nicht so sanftmütig dargestellt wie heutzutage.

Parallelverbindungen

In der Astronomica wird der Beschreibung der Beziehung der Tierkreiszeichen untereinander viel Bedeutung beigemessen. Großen Raum nimmt die Darstellung der Hauptaspekte ein, auch die Peregrinität ist Manilius bereits bekannt. Doch hat er ein wesentlich differenzierteres Zeichensystem, dies begründet er so, dass sich die Beziehungen der Tierkreiszeichen untereinander nicht so stark vereinfachen lassen wie es die reine Darstellung der Hauptaspekte mit sich brächte. Die Parallelverbindungen sind ein in sich schlüssiges System, welches sich an drei verschiedenen Spiegelachsen orientiert:

  • Sehende Zeichen: Parallel zur Krebs - Steinbock - Parallelität: Betrachtende Aufmerksamkeit
  • Hörende Zeichen: Parallel zur Widder - Waage - Parallelität: Lernende Aufmerksamkeit
  • Liebende Zeichen: Parallel zur 0° Löwe - 0° Wassermann - Achse (Spiegelachse der klassischen Herrscher): Liebende und hassende/ listige Zeichen: hierbei "lieben" Feuerzeichen und Luftzeichen die Erdzeichen und Wasserzeichen, umgekehrt besteht zwischen ihn aber eine Aversion von Hass bzw. List.

Dekanate

Manilius hat eine abweichende Zuordnung der Dekanate zu den Tierkreiszeichen, und zwar, ausgehend vom ersten Dekanat des Widders, durchlaufen sie einfach die Reihenfolge der Tierkreiszeichen, und somit entspricht die Reihenfolge aller 36 Dekanate dreimal den Tierkreiszeichen hintereinander.

Dodekatemorien

Der Unterteilung eines Tierkreiszeichens in zwölf Abschnitte zu je 2,5° schreibt Manilius großes Gewicht zu.

Aszendent

Der Aszendent wird in der Astronomica an mehreren Stellen genannt und erläutert. Manilius hebt die Wichtigkeit des genau berechneten Aszendenten-Grades wiederholt hervor, erklärt andererseits aber nicht dessen Berechnung. Er verwendet dabei in dem lateinischen Text durchgängig den griechischen Begriff Horoskopus (altgriechisch "Stundenschauer") .

Die klassische englische Ausgabe

Häuser

Das System der Häuser (von Manilius Templa, loca, sedes oder partes genannt), welches das Horoskop mit zwölf Häusern, also mit dem Dodekatopos, griechisch "Zwölfort", d.h. menschliche Schicksale nicht mehr nur mit dem Zeichen verbindet, sondern auch mit bestimmten Bereichen des Tierkreises, definiert ausgehend vom Aszendenten. Das System wurde über Jahrhunderte hinweg entwickelt, erscheint jedoch erstmals in den Astronomica. Manilius verwendet Ganzzeichenhäuser, anscheinend auch nicht gezählt ausgehend vom Grad des aufsteigenden Zeichens, sondern hier wird das ganze Zeichen dem ersten Haus zugeordnet.

Planeten

Es findet noch keine Zuordnung der Planeten zu den Tierkreiszeichen statt. Vielmehr werden römische Götter als Herrscher über die Zeichen gesetzt, mit wenig Überschneidungen zu den Planeten. So ist beispielsweise Phoebus (griechisch Apollon) mit seinem Sonnenwagen Herrscher über die Zwillinge, Neptun (damals als Planet noch unbekannt) herrscht über die Fische, Vesta über den Steinbock, und Demeter (Ceres) über die Jungfrau.

Lose

Dem Glückspunkt wird große Aufmerksamkeit geschenkt. Er wird wie ein zweiter Aszendent im Horoskop behandelt, denn ausgehend von ihm werden zwölf Lose beschrieben: Das Zeichen des Glückspunktes selbst entspricht dem ersten Los, das darauffolgende dem zweiten Los.
Die Astronomica ist somit der einzige noch erhaltene Hinweis darauf, warum der Glückspunkt oftmals auch Lospunkt genannt wird. Manilius unterscheidet bei dessen Berechnung bereits eine Tag- und Nachtformel.

Literatur

  • Manilius: Astronomica - Astrologie. Lateinisch-deutsch. Übersetzt und herausgegeben von Wolfgang Fels, Reclam, Ditzingen 2008, ISBN 9783150185551

Quellen und Anmerkungen

  1. Gundel/Gundel: Astrologumena. Die astrologische Literatur in der Antike und ihre Geschichte. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1966, S. 141f
  2. Deborah Houlding: The Problems of House Division (ca. 2006)