Direktion

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Astrogeographie Anno 1697

Definition

Direktion (lateinisch dirigere: "leiten","führen", directio = Ausrichtung) ist ein Zentralbegriff für alle Prognosesysteme der Astrologie. Darunter werden diverse Prognosemethoden verstanden, bei denen Horoskopfaktoren bewegt und in einer Form der zeitlichen Extrapolation auf bestimmte Zeiträume nach definierten Direktionsschlüsseln (Formeln) projiziert werden. Aus den in die Zukunft projizierten Direktionsstellen bzw. den sich bildenden Aspekten werden Ereigniszeiten oder Möglichkeiten abgeleitet. Die eintreffenden Ereignisse, Entwicklungen und Geschehnisse müssen der Analogiekette der dirigierten Faktoren entsprechen. Zu signifikanten Ereignissen kommt es, wenn sich nach den diversen Direktionsmethoden Aspekte von zwei oder mehr Horoskopfaktoren gebildet haben und in einen genauen Orbis eingetreten sind. Man spricht dann auch von Auslösungen.

Arten von Direktion

Es können verschiedene Arten der Direktion unterschieden werden, die sich historisch parallel entwickelten und auf gleichartigen Erkenntnissen bzw. Prämissen beruhen. Die Grundlage ist immer, dass sich Aspekte eines "kleinen Zeitraums" auf einen exakt definierbaren anderen "größeren Zeitraum" auswirken, z.B. nach den Formeln:

Die einzige Ausnahme sind die Transite, welche immer zum Zeitpunkt ihres Entstehens wirken.

Primärdirektion

Die Primärdirektion, welche auf der Eigenbewegung der Erde beruht, gehört zu den ältesten Direktionsmethoden. Im geozentrischen Weltbild wurde jedoch der tägliche Umschwung des gesamten Himmelsgewölbes und seiner Faktoren (Sterne, Planeten, Aszendent, Medium coeli etc.) in seinen trigonometrischen Zeitverhältnissen bezogen auf eine im Zentrum der Welt feststehende Erde. Diese erste Direktion bildet die Zeitverhältnisse während nur einer Erddrehung (an einem einzigen Tag und Nacht) nach einem bestimmten Zeitpunkt (z.B. einer Geburt) ab. Die Primärdirektionen gehören zu den ursprünglichsten Direktionsverfahren der Gelehrten Astrologie, wurden schon von Ptolemäus beschrieben und bilden tatsächliche astronomische Proportionen ab. Zu den dabei gültigen Aspekten gehörten auch die Mundanaspekte.
Schlüssel: 1 Grad Rektaszension des Medium coeli entspricht einem Lebensjahr; mit anderen Worten: etwa je 4 Zeitminuten nach der Geburt entsprechen einem Lebensjahr.
Erich Carl Kühr entwickelte ein ergänzendes Primärdirektionales System, bei dem Primärdirektionen tageweise zur Auslösung kommen, das er "Tagesdirektion" nannte.

Sekundärdirektion

Die Sekundärdirektionen, die auch Sekundärprogression oder nur als Progression bezeichnet werden, beruhen ebenso auf tatsächlich ablaufende astronomische Verhältnissen, jedoch wird hier jeder einzelne und folgende Tag nach einem Ereignis (einer Geburt) als 1 Jahr (Lebensjahr) genommen. Die Berechnungsweise entspricht dem Prinzip der Tageshoroskope.

Primär- und Sekundärdirektions-Verfahren wurden und werden noch heute gleichwertig und miteinander angewandt, obwohl einige Autoren sie einander konkurrierend gegenüber stellen, wie etwa der kritische Astrologe Walter Lang (Schüler von Kühr).[1]
Es war Placidus de Titis, der als erster die Direktionsbewegungen in primäre und sekundäre begrifflich unterschied, was bei Nachfolgegenerationen zu Begriffsverwirrungen führte. Die Unterscheidung bezieht sich nicht auf eine erstrangige oder zweitrangige Bedeutung derselben, sondern mit "primär" ist nur die erste Bewegung der Erde um die eigene Achse und mit der zweiten ("sekundären") die Bewegung der Himmelskörper fortschreitend, Tag für Tag, gemeint (heliozentrisch: die Bewegung der Erde mit allen anderen Planeten um die Sonne. Davor wurden alle Formen der Direktion einheitlich als "Direktion" bezeichnet.

Symbolische Direktion

Neben diesen von altersher aus astronomischen Verhältnissen abgeleiteten Primär- und Sekundärdirektionen wurden von einer mystischen Tradition die sog. Symbolischen Direktionsarten entwickelt und angewandt.
Historisch sind grundsätzlich zwei Entwicklungslinien in der Geschichte der Astrologie unterscheidbar, die sich parallel in den zwei bis drei vorchristlichen Jahrhunderten etablierten. Knappich: "Durch viele Jahrhunderte tobte der Kampf zwischen einer enthüllenden, rationalistischen Astrologie, in der die Sterngötter zu physischen Prinzipien und Urkräfte wurden, die alles Irdische beeinflussen, und einer verhüllenden, von Priestern zu Machtzwecken oft geheimgehaltenen esoterisch-magischen Astrologie."[2]

Die Symbolischen Direktionsmethoden beruhen zwar auch auf den astronomischen Vorbildern der Tages-, Monats- und Jahresbewegungen einzelner Himmelsfaktoren; doch werden dabei nach einem ausgesuchten Vorbild und dem daraus abgeleiteten Direktionsschlüssel alle Horoskopfaktoren nach gleichen Messverhältnissen dirigiert.
Diese Formen der Direktion haben sich vermutlich aus den vereinfachten Profektionsystemen der Antike entwickelt. In der Regel werden alle Horoskopfaktoren auf der Ekliptik nach einem bestimmten Schlüssel in gleicher Weise verschoben, sei es nach dem Sonnenbogen, nach dem Schlüssel "1 Ekliptikgrad pro Lebensjahr", dreißig Ekliptikgrade pro Lebensjahr oder nach anderen Ideen und Schlüsseln. Der Phantasie, Intuition oder Vision sind hier keine Grenzen gesetzt, und so erfreuten sich besonders im 17. Jahrhundert in Frankreich diese Methoden äußerster Beliebtheit.[3] und gelangten von dort aus nach England, während die Gelehrte italienische Schule (Guido Bonatus, Placidus u.a.) die symbolischen Direktionsverfahren strikt ablehnte. Der Kapuzinermönch Francois Yves (1593-1687) ersann in seiner Schrift "Astrologiae nova Methodus" ein neues Direktionssystem, die "direktion sexagenaire", die aber, so schreibt W. Knappich:"... nichts anderes als ein Abklatsch der bereits von Nechepso-Petosiris und Paulus Alexandrinus gelehrten Profektionssysteme war."[4] Charles Carter definierte die symbolischen Direktionen folgendermaßen: "Die symbolischen Progressionssysteme sind Systeme, in denen die Direktionsfaktoren nach Zeiteinheiten vorwärtsbewegt werden, die nicht auf ihrer wirklichen oder scheinbaren Bewegung beruhen."[5]

Arten

  • Sonnenbogendirektion Schlüssel: alle Horoskopfaktoren werden pro Jahr um die Entfernung nach vorne geschoben, um die die Sonne sich täglich weiter bewegt
  • Mondbogendirektion Berechnung: nach der Strecke der täglichen Mondbewegung werden alle Horoskopfaktoren verschoben, jeder weitere Tag nach der Geburt entspricht dabei einem Lebensjahr
  • Graddirektion Schlüssel: alle Horoskopfaktoren werden um jeweils 1 Grad pro Jahr nach vorne geschoben
  • Profektion Schlüssel: alle Horoskopfaktoren werden um jeweils dreißig Grad pro Jahr nach vorne geschoben
  • Planetenstunde
  • Multiple Direktionen nach Stephan A. Lehrieder (verschiedene Schlüssel)

Bewertung des Begriffs

Der Begriff Symbolische Direktion ist seit seiner Einführung durch Charles Carter umstritten, da nicht nur die darunter verstandenen Direktionsarten auf "Symbole" beruhen, sondern auch alle anderen Direktionsarten. Auch können die in den Primär- oder Sekundärdirektionen verwendeten Direktionsschlüssel ebenfalls als "symbolisch" verstanden werden, denn diese, auch wenn sie von tatsächlich sichtbaren Konstellationen ausgehen, stellen nur eine projizierte Konstellation zu einem bestimmten, zukünftigen Zeitpunkt dar. Sie können somit genauso als "mutmaßliche" oder "willkürliche Annahmen" angesehen werden, deren "Willkürlichkeit" im verwendeten Direktionsschlüssel liegt. Placidus hatte aus diesem Grunde viel Mühe auf die Herleitung der Formel, dass 1 Tag = 1 Lebensjahr entspreche, verwendet, und Bibeltextstellen als Legitimation herangezogen.

Der Einwand "nur vorgestellter Konstellationen" kann sogar gegen die als "real" angenommenen astronomischen" Transite vorgebracht werden, die im Moment ihres tatsächlich astronomischen Daseins auf Horoskope wirken. Die Radixpositionen sind schließlich zum Zeitpunkt eines Transits nicht mehr "tatsächlich" astronomisch existent; sie gehören bereits Jahre bis Jahrzehnte der Vergangenheit an. Somit gilt auch für Transite die Kritik nicht vorhandener astronomischer Konstellation. Der einzige Unterschied zu den sogenannten Symbolischen Direktionsarten liegt demnach nur darin, dass bei den einen ein messbarer eigengesetzlich-astronomischer Bewegungsablauf einzelner Faktoren für die gedachte Zukunftsprojektion vorliegt, während bei den Symbolischen Direktionen dieser Bewegungsablauf nicht direkt am Himmel nachweisbar ist.

In der modernen Forschung der Chronobiologie konnten zahlreiche endogene Rhythmen in biologischen Organismen nachgewiesen werden, vom Einzeller bis zu komplexen Vielzellern. In gleicher Weise wäre es denkbar, dass lebende Entitäten sich astronomische Muster einprägen und astrologische Strukturen eines Horoskopes als Leitschiene für zelluläre Entwicklungsstrukturen dienen, nach denen bestimmte Perioden und Rhythmen ablaufen. Insofern weder für die auf astronomischen Werten basierenden Direktionszeitschlüssel noch für die auf vorgestellten Zeitstrukturen fußenden Symbolischen Direktionsarten real-messbare Muster nachgewiesen werden können, kann diese Unterscheidung nur als "vorläufig" sinnvoll gesehen werden. In jedem Fall kann man die eine Direktionsart deshalb nicht weniger "wirksam" als eine andere einstufen. Hier kann bisher allein die individuelle "Erfahrung" eines Astrologen entscheiden.

Revolutionsdirektionen

Direktionen, welche auf Grundlage der Rückkehr von Sonne, Mond, Planeten oder anderen Himmelsfaktoren auf ihre genaue ekliptikale Ausgangsposition (Radixhoroskop) abgeleitet werden, bezeichnet man auch als Rückkehrhoroskop oder Wiederkehrhoroskop. Sie gehören zu den älteren Direktionsarten in der Geschichte der Astrologie, deren Vorläufer bis in die Spätantike reichen, allerdings wahrscheinlich nur mit Planetenposition des Wiederkehrzeitpunktes, auf das Geburtshoroskop bezogen, und ohne eine eigentliche Horoskopgrafik[6].

Am bekanntesten ist das Wiederkehr-Horoskop der Sonne, das sog. Solarhoroskop. Dies ist die Horoskop-Grafik, welche auf den Wiederkehr-Zeitpunkt der Sonne auf ihre ekliptikale Position des Radixhoroskops erstellt wird. Die Aspekte und die sich daraus entwickelten Direktionsstellen gelten für ein Jahr (bis zum nächsten Solar). Dieses wird auch mit Symbolischen Direktionen (siehe Profektion) durchlaufen, so dass man diese Direktionsmethode als Mischform zwischen Transit und "Symbolischer Direktion" auffassen kann, denn die Sonne zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr zu ihrem ursprünglichen "Geburtsort" und den dabei entstehenden Aspekten der anderen Planeten zu allen Radixpositionen sind nichts anderes als Transite, deren Wirkungszeitraum auf ein ganzes Jahr projiziert wird - nach dem Schlüssel 1 Tag (genauer Zeitpunkt des Solarhoroskop) gleich 1 Lebensjahr.

Der römische Kaiser Hadrian (76-138 n.Chr.) z.B. war mit dem antiken Vorläufer des Solarhoroskopes wohl vertraut und stellte sich alljährlich seine "Antigenisis"[7]; dabei wurde sehr wahrscheinlich jedoch noch kein eigentliches Wiederkehrhoroskop erstellt. Nach den heutigen Erkenntnissen wurde das Solarhoroskop in der jetzigen Form und Deutung, Horoskopgrafik mit Positionen der Horoskopelemente in den Häusern, erstmals in der Arabischen Astrologie, z.B. bei Albumasar[8], angewandt und erstellt, zu Deutung und Prognose.

Folgende Revolutions-Direktionsmethoden werden benutzt:

Direkte und Konverse Direktion

Die sogenannte Konverse Direktion hat ihren Ursprung im System der Primärdirektion, während die Direkte Direktion sich aus der späteren Sekundärdirektion entwickelte.

Deutung

Vor allem folgende Punkte werden bei der Deutung berücksichtigt:

  • Wenn ein dirigierter (= vorgeschobener) Planet oder eine dirigierte Achse einen Aspekt zu einem Faktor des Horoskopes bildet, so gilt dies als Auslösung, das heißt, der betreffende Faktor erfährt eine Aktivierung. Der Orbis, also der Spielraum, innerhalb dessen die Auslösung wirksam ist, muss hier wesentlich kleiner angesetzt werden als üblich, da andernfalls der Zeitraum, für den eine Auslösung gültig ist, unüberschaubar groß ist und damit der Aussagewert hinfällig wird
  • Wenn ein dirigierter Planet bzw. dirigierte Achse das Tierkreiszeichen oder das (Radix-)Haus wechselt, beginnt ein neuer Abschnitt
Sindbads Direktionen 1927

Besonderheit bei Achsen

Bei der Arbeit mit dirigierten Achsen ist eine minutengenaue Geburtszeit erforderlich, weil sich sonst zu große Ungenauigkeiten in der Prognose ergeben. So kann je nach Methode eine - häufig gar nicht so unwahrscheinliche - Unstimmigkeit der Geburtszeit von vier Minuten eine Ungenauigkeit in der Prognose bis zu einem Jahr ausmachen!

Weblinks

Literatur

  • Friedrich Schwickert (Sindbad) mit Adolf Weiss: Die astrologischen Direktionen, 1. Teil: Die Sekundär-Direktionen. Bausteine Band IV. 272 Seiten. Barth-Verlag 1927
  • Friedrich Schwickert mit Adolf Weiss: Die astrologischen Direktionen, 2. Teil: Die Primär-Direktionen. Bausteine Band V. 220 Seiten. Barth-Verlag 1927
  • Margriet Dreyer: Handbuch der astrologischen Direktionen. Die innere Entwicklung im Lebenslauf. 224 Seiten, Tübingen, 2017 ISBN 978-3-937077-96-3
  • Hans Baumgartner: Direktionssysteme. Die gebräuchlichsten Methoden. Sonderdruck 7a. 124 Seiten. Warpke-Billerbeck, o.J. (enthält drei Sonderdrucke, die vor allem auch seltene Direktionsmethoden vorstellen)
Inhalt
Vereinfachte Primärdirektionen - Planetenhilfshoroskope - Sekundär-Direktionen - Direktionen mit dem Glückspunkt - Fixstern-Direktionen - Ringdrehungsdirektionen - Planetendistanzen als Direktionsschlüssel - Mundan-Direktionen - Gradzählungsdirektionen - Direktionsschlüssel

Quellen und Anmerkungen

  1. Lang, Walter, Astrologie im heutigen Weltbid, Arkana Verlag, Heidelberg, 1986, S. 228
  2. Knappich, Wilhelm, Geschichte der Astrologie, 1988, S. 10
  3. "Direktionen mit dem Sonnenbogen: Diese von französischen Autoren zuerst konvers, später von Witte (Hamburg) direkt geführten Direktionen in Länge nach dem Sonnenbogen der Sekundärdirektion, haben gleichfalls die Formel '1 Tag nach der Geburt = 1 Jahr' zur Voraussetzung" (Herbert Freiherr von Klöckler, Kursus der Astrologie, Bd. 1, 1991, S. 168)
  4. W. Knappich, Geschichte, 1988, S. 276
  5. Charles E.O. Carter, Symbolische Direktionen, Barth Verlag, 1920, S.13
  6. James Herschel Holden: A History of Horoskopic Astrology. American Federation of Astrologers, Tempe (USA) 2006, S. 98. Holden bezieht sich zwar auf das Solarhoroskop, analog wurde aber vermutlich auch für die weiteren Revolutionsdirektionen kein eigenes Horoskop erstellt
  7. W. Knappich, Geschichte, S. 94
  8. Holden, S. 120
  9. Zum Septar siehe die Münchner Rhythmenlehre