Elektion

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Niederaltaicher Turmhoroskop[1]

Als Elektion bezeichnet man die Wahl des richtigen Zeitpunkts nach astrologischen Gesichtspunkten. Dabei werden die günstigsten Konstellationen errechnet, um ein bestimmtes Projekt in Angriff zu nehmen.

Geschichte

In früheren Zeiten spielten Elektionen eine wichtigere Rolle als heute, in der überwiegend Psychologischen Astrologie. Erste Ansätze zur Bestimmung günstiger Tage (Tagwählerei, Hemerologie) gab es bereits im Mesopotamien des dritten vorchristlichen Jahrtausends.[2] In der Spätantike war die Elektions-Astrologie schon weit verbreitet. So werden bei Dorotheos von Sidon[3] oder Vettius Valens[4] Elektionshoroskope explizit behandelt; damals unter dem Begriff katarchai.[5][6]

Legendär ist die Stadtgründung Bagdads 762: angeführt von Nawbakht dem Perser (ca.679-777), dem Hofastrologen des Kalifen al-Mansûr, waren in einer Gruppe von Astrologen auch Theophil von Edessa und Messahallah beteiligt.[7]

Grundsteinlegung Petersdom[8]

Im christlichen Kulturraum bekannt ist die - von Astrologen unter Papst Julius II. sorgfältig ausgewählte - Grundsteinlegung des Petersdoms in Rom am 18.4. (jul.) 1506, um 10 Uhr morgens. Und die von Philipp Melanchthon protegierte Neugründung (nach einer Pest) der Wittenberger Universität Leukorea am 5.5.1536.[9] Nicht zuletzt die Elektion des Krönungsdatums der englischen Königin Elisabeth I. 1559 durch John Dee.

Vorgehensweise

Da es praktisch nie die perfekte Horoskopkonfiguration gibt, lautet der wichtigste Grundsatz, unpassende Konstellationen möglichst zu vermeiden. Die Elektionsastrologie arbeitet wie die Stundenastrologie, als deren Teilgebiet sie auch angesehen wird, mit den alten Herrschern, also mit Mars als Herrscher von Skorpion, Saturn von Wassermann und Jupiter von Fische. Auch die übrigen Deutungsprinzipien entstammen der Klassischen Astrologie. Es geht um sehr konkrete Aussagen, und ebenso eindeutig sind die Regeln der Interpretation. Allerdings zieht man auch das Radixhoroskop desjenigen heran, für den ein Termin gesucht wird, und überprüft es auf seine aktuellen Auslösungen und Transite.

Für die Festlegung des bestmöglichen Termins muss auch der jeweils gültige Zeitpunkt bestimmt werden. Dies ist etwa bei einer Heirat der Moment, in dem die beiden Eheleute auf dem Standesamt die Urkunden unterschreiben oder sich das Ja-Wort geben. Nicht immer lassen sich jedoch Termine im vorhinein exakt festlegen, man denke etwa an Operationen. Dann heißt es, nach Möglichkeit unpassende oder gar ungünstige Konstellationen zu umgehen. Hannelore Goos:
(Grundsätzlich gilt:) Soll etwas entfernt oder repariert werden, so ist ein Zeitpunkt mit abnehmendem Mond zu wählen. Für einen Neuaufbau z.B. eines Gelenks wäre ein Zeitraum mit zunehmendem Mond vorzusehen. Zum Zeitpunkt der Operation sollte der Mond keinesfalls in dem Zeichen stehen, das dem operierten Körperteil zugeordnet ist, auch nicht im Quadrat (über-übernächsten Zeichen) oder in der Opposition (im gegenüberliegenden Zeichen) dazu. Als ungeeignet, weil Blutungen fördernd, gilt der Vollmond. Eine Operation könnte sich als völlig nutzlos erweisen, wenn der Mond sich im Leerlauf befindet (void of course), d.h., bis zum Eintritt in das nächste Zeichen keinen Aspekt mehr bildet. Nach einer neueren Auffassung sollte eine Operation auch nicht in den letzten drei Tagen vor Neumond stattfinden, da zu diesem Zeitpunkt verstärkt mit Komplikationen gerechnet werden muss.[10]

Die Elektionsastrologie nimmt für sich in Anspruch, dass Unternehmungen, die zu einem nach ihren Regeln bestimmten Termin begonnen wurden, zu besseren Ergebnissen führen.

Andy Warhols "magische" Zwillinge

Magische Elektion

Die Magische Astrologie stellt auf der Grundlage von Elektionen Talismane und Amulette her. Diese Gegenstände gelten als energetisch aufgeladen mit der jeweiligen "Qualität" des Momentes ihrer Fertigung. In der mittelalterlichen Literatur gab es dazu zahlreiche Anleitungen; z.B. in der Picatrix.

Kritische Einwände

Oft ist es äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich, für ein geplantes Vorhaben einen hundertprozentig erfolgversprechenden Termin zu finden. Oder es kommen äußere Umstände dazwischen, die den errechneten günstigen Zeitpunkt für den Start der Sache dann doch vereiteln.

Einige Astrologen lehnen eine Elektion prinzipiell ab. Ihre Begründung: das Schicksal lasse sich durch menschliche Tricks nicht so einfach überlisten. Nach ihrer Meinung "sucht" sich ein richtiger, stimmiger Inhalt schon von selbst den zu ihm passenden Zeitpunkt bzw. ein günstiges Horoskop.

In der Tat kann es als fragwürdig gesehen werden, über eine Auswahl der Zeichen-Konstellation deren wunschgemäße Be-Deutung zu erzwingen, statt als Astrologe oder Zeichenleser die Himmelssprache lediglich zu deuten. Auch besteht die Gefahr, "das Pferd von hinten aufzuzäumen", d.h. falsch herum zu denken, Ursache und Wirkung zu vertauschen. Man kümmert sich dann nicht um die Sache (Geschäftsgründung, Heirat etc.) um die es eigentlich geht, sondern um deren gespiegeltes Abbild, nämlich ihr Horoskop. So ließe sich beiispielsweise die Frage stellen, ob eine Ehe von an sich nicht gut zueinander passenden Menschen dadurch glücklich(er) wird, wenn sie zu einem astrologisch günstigen, glückverheißenden Termin stattfindet.

Siehe auch

Arabische Astrologen bei einer Stadtgründung[11]

Weblinks

Schierstedts Buch

Literatur

  • William Lilly: Christliche Astrologie. Band 1 + 2. Chiron-Verlag, Tübingen 2007
Umfassendstes europäisches Werk zur Stunden- und Elektionsastrologie des im 17. Jahrhundert bekanntesten englischen Astrologen.
Anhand vieler Horoskope werden die zahlreichen Regeln und Deutungsfaktoren plastisch erklärt
  • Claudia von Schierstedt: Astrologische Terminwahl: Durch Elektionen im Einklang mit der Zeitqualität. 130 Seiten. Chiron Verlag, 2. Auflage 1997 ISBN 392510030X ISBN 978-3925100307
Behandelt werden Heiratstermine, Bewerbungstermine, Operationstermine, Reisetermine, Haus- oder Wohnungssuche und Geschäftseröffnungen. Schierstedts Bibliographie zu Elektionen
  • Vivian Robson: Electional Astrology. J.P. Lippincott, Philadelphia, 1937. Aktuelle Ausgabe: Astrology Classics 2005 ISBN 1933303069 ISBN 978-1933303062
  • Joann Hampar: Electional astrology - the art of timing. Llewellyn 2005 ISBN 0-7387-0701-5 Review online (Deborah Houlding, 2005)

Quellen und Anmerkungen

  1. Mauerplatte für die Grundsteinlegung der Klosterkirche am 24.7.1514
  2. Kocku von Stuckrad: Geschichte der Astrologie. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 2003, S. 47ff.
  3. Dorotheos von Sidon: Carmen Astrologicum. Astology Classics, Abingdon (USA) 2005, S. 262ff. Das Fünfte Buch gilt als älteste Abhandlung dazu
  4. Vettius Valens: Blütensträusse. Scripta Mercaturae Verlag, St. Katharinen 2004, S. 332f. (9. Buch, Abschnitt 6)
  5. Griechisch für "Anfänge"
  6. Wolfgang Hübner: Raum, Zeit und soziales Rollenspiel der vier Kardinalpunkte in der antiken Katarchenhoroskopie. München 2003, S. 11
  7. Gelegt wurde der Termin auf den 31.7.762, auf ungefähr 14 Uhr (Aszendent Schütze, siehe James Herschel Holden, A History of Horoscopic Astrology. Tempe (USA) 1996, 2006 Abschnitt "Arabian Astrology" online)
  8. Ohne Trans-Saturnier
  9. Wolf-Dieter Müller-Jahncke: Philipp Melanchthon und die Astrologie, Theoretisches und Mantisches., in: Melanchton-Schriften der Stadt Bretten 4, Sigmaringen 1998 (Hrg. Günther Frank & Stefan Rhein), Seite 10
  10. Aus: Hannelore Goos, Lexikon der astrologischen Zuordnungen, Band 4, 260 Seiten, Books on Demand 2002, ISBN-13: 978-3-7494-3100-7
  11. Holzschnitt aus dem 15. Jahrhundert