Epizykel

Aus Astrodienst Astrowiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Epizykeln (kleine schwarze Kreise). Die rote Bahn stellt die Schleifenbahn mit rückläufiger Bewegung dar. Die Planeten bewegen sich spiralig auf der großen schwarzen Kreisbahn

Die sogenannten Epizykel waren ein wichtiger Bestandteil im Geozentrischen Weltbild der Astronomie. Die Epizykeltheorie wurde vermutlich von Apollonios von Perge gegen Ende des dritten Jahrhunderts v.Chr. aufgestellt, um die Änderungen von Geschwindigkeit und Richtung der scheinbaren Bewegungen der Planeten am Himmel zu erklären.

Das astronomische Weltbild der hellenistischen Zeit war durch die von Aristoteles erweiterte Lehre des Eudoxos bestimmt, nach der die Erde im Zentrum des Universums steht, um die herum die Planeten auf Kristallsphären befestigt sind, welche sich gleichförmig um die Erde als Mittelpunkt drehen. Alle Bewegungen außerhalb der Mondbahnsphäre galten prinzipiell als unveränderlich und vollkommen, und verliefen deshalb auf perfekten (Platonischen) Kreisbahnen.

Diese Theorie wurde rund zweitausend Jahre lang vertreten – vom dritten Jahrhundert v.Chr. bis zum 17. Jahrhundert. Das damals schon existierende heliozentrische Weltbild eines Aristarch konnte sich noch nicht durchsetzen.

Theorie

Ptolemäus versuchte, die aristotelische Lehre mit den dazu oft widersprüchlichen Beobachtungen in Einklang zu bringen und schuf deshalb ein Rechenmodell auf Basis einer Epizykeltheorie, die er im Almagest darstellte.

Demnach wanderten die Planeten entlang eines kleinen Kreises, dem Epizykel (griechisch epíkyklos, Neben- oder Aufkreis), der seinerseits entlang eines größeren Kreises, dem Deferenten (auch deferierender Kreis) um die Erde lief.[1] Der Epizykel ist also ein „Kreis auf dem Kreis“.
Die Bewegung entlang der Deferenten-Kreise erfolgte jeweils meist in östlicher Richtung, und etwa parallel zur Ebene der Sonnen- bzw. Erdumlaufbahn (Ekliptik). Die Hälfte der Zeit summierte sich zu dieser die ostwärts gerichtete Bewegung auf dem Epizykel. Die andere Zeit aber lief der Planet auf dem Epizykel entgegengesetzt zur Bewegung des Deferenten, wodurch sich seine Bewegung am Himmel erst verlangsamte, dann kurz stationär wurde, und schließlich in eine retrograde (rückläufige) überging, so dass auf diese Weise die Planetenbahn aus irdischer Sicht eine Schleife vollführte.

Dieser Rechentrick reichte nicht aus, die Planetenbewegungen vollständig zu erklären. So war es notwendig, weitere Stufen von Epizykeln hinzuzufügen (Epizykel auf Epizykeln). Die Epizykeltheorie wurde außerdem spätestens von Ptolemäus mit der Exzentertheorie des Hipparchos verbunden, d.h. die Erde wurde aus dem Zentrum des Deferenten verschoben. Ferner führte Ptolemäus den "Äquanten" ein, einen scheinbaren Mittelpunkt der gleichförmigen Kreisbewegung, der weder mit dem eigentlichen Zentrum der Kreisbahn noch mit dem Standpunkt der Erde übereinstimmte.

Ihrem Prinzip nach kann man die Epizykeltheorie als eine Approximation (Annäherungsrechnung) an die tatsächlichen Planetenbahnen durch Fourier-Reihen betrachten. Die Berechnung funktionierte im Grunde relativ gut (sie war besser bzw. genauer als die des Kopernikus, der noch keine Keplerschen Ellipsen benutzte), war jedoch ausgesprochen kompliziert.

Problematik

Mit dem Modell ließen sich zwar die Planetenbewegungen im Rahmen der damaligen Messgenauigkeit sehr zuverlässig vorausberechnen; allerdings um den Preis einiger Widersprüche zu den Grundlagen der aristotelischen Physik:

  • Die Bewegung der Planeten erfolgte nicht mehr um den Weltmittelpunkt herum (wegen der exzentrischen Lage des Deferenten)
  • Die Gleichförmigkeit der Planetenbewegungen war nur durch mathematische Tricks zu gewährleisten.

Deshalb sprach man schon sehr früh von einer erkenntnistheoretischen Rettung der Phänomene. Man verlegte sich darauf, dass die Astronomie eher als Zweig der (theoretischen) Geometrie denn als Zweig der (praktischen) Physik zu sehen war. Sie sei mehr für die mathematische Darstellung der Gestirnsbewegungen zuständig, weniger für deren physikalisch-stimmige Erklärung[2]

Ptolemäisches System: Erde im Zentrum

Überwindung

Das neue Heliozentrische Weltbild erklärt die Schleifen der Planetenbahnen durch Überlagerung mit der Erdbewegung und scheint deshalb auf Epizykel verzichten zu können. Da Kopernikus aber immer noch von kreisförmigen Umlaufbahnen für die Planeten ausging, mussten die weiter vorhandenen empirischen Unstimmigkeiten von ihm wieder durch Verwendung von Epizykeln erklärt werden. Er verwendete in seinem Weltsystem immer noch ganze 34 Epizykel, was weitgehend unbekannt ist. Die Epizykeltheorie wurde dann erst durch Keplers Theorie der ellipsenförmigen Planetenbahnen überflüssig und zum wissenschaftshistorischen Relikt.

Siehe auch

Quellen und Anmerkungen

  1. Von lateinisch deferre (wegtragen, mitnehmen)
  2. Jürgen Mittelstraß: Die Rettung der Phänomene, Berlin 1962, S. 1–4, 150–155

Dieser Text verwendet Absätze, Sätze oder Formulierungen aus dem Wikipedia-Artikel Epizykeltheorie. Der Text steht unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.