Eudoxos

Aus Astrodienst Astrowiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Eudoxos von Knidos[1]

Eudoxos von Knidos, geboren ca. zwischen 397 und 390 v.Chr. in Knidos, dort gestorben zwischen 345 und 338 v.Chr., war ein hellenistischer Mathematiker, Astronom, Geograph, Arzt, Philosoph und Gesetzgeber.
Seine Werke sind bis auf Fragmente verloren, seine wissenschaftlichen Leistungen daher nur aus Berichten anderer Autoren bekannt bzw. zu erschließen.
Mit seiner mathematischen Darstellung der Himmelskörperbewegungen leistete er einen maßgeblichen Beitrag zur Geometrisierung der Astronomie.

Leben

Eudoxos stammte aus kleinen Verhältnissen. Seine Heimatstadt Knidos war seit dem 5. Jahrhundert v.Chr. berühmt für ihre medizinische Schule, die mit derjenigen von Kos rivalisierte. Es heißt, er studierte Mathematik und Medizin. Im Alter von etwa 23 Jahren ging er nach Athen, dem Ruf der dort lehrenden Sokratiker folgend. Dieser sein erster Aufenthalt in Athen dauerte zwar nur zwei Monate, führte aber wohl zu einer Begegnung mit Platon. Da er arm war, soll er den täglichen Weg zu dessen Akademie (11 km) zu Fuß gegangen sein.
Um 365/ 364 reiste er in Begleitung des Arztes Chrysippos nach Ägypten. Ein Empfehlungsschreiben des Königs Agesilaos II. von Sparta ebnete ihm dort den Weg zum Pharao Nektanebos I. Der Aufenthalt dauerte sechzehn Monate, wobei sein besonderes Interesse den Kenntnissen der ägyptischen Priester in der Astronomie galt. Nach seiner Rückkehr aus Ägypten begab er sich nach Kyzikos an der Südküste des Marmarameeres, wo er Unterricht erteilte. Dann besuchte er den einflussreichen, für kulturelle Belange aufgeschlossenen persischen Satrapen Maussolos.
Später übersiedelte er mit einer beträchtlichen Anzahl von Schülern nach Athen. Dort soll er als Lehrer mit Platon rivalisiert haben. Nach dem Aufenthalt in Athen begann er wieder eine eigenständige Lehrtätigkeit, vermutlich erneut in Kyzikos. Später kehrte er nach Knidos zurück, wo er sich als Gesetzgeber betätigte; auch überregional fand er Anerkennung. Er ließ in Knidos auch ein Observatorium bauen.
Zu seinen Schülern gehörten u.a. die Mathematiker Menaichmos und Deinostratos, sowie der Astronom Polemarchos.

Diogenes Laertios erwähnt, Eudoxos habe drei Töchter und einen Sohn namens Aristagoras gehabt.

1935 wurde ein Mondkrater, 1973 ein Marskrater, und 1998 der Asteroid (11709) nach ihm benannt.

Mathematik

Eudoxos begründete die allgemeine Proportionenlehre. Dabei konnte er auf geometrischem Weg erstmals die irrationalen Zahlen einbeziehen, bzw. sie auch auf arithmetisch inkommensurable Größen anwenden. Seine Definitionen von Verhältnis (lógos) und Proportion (analogía) werden im fünften Buch von Euklids Elementen überliefert.
Er untersuchte die Volumenverhältnisse von Körpern und zeigte, dass das Volumen einer Pyramide einem Drittel des entsprechenden Prismas und dasjenige eines Kegels einem Drittel des entsprechenden Zylinders entspricht. Für seinen Beweis verwendete er ein infinitesimales Berechnungsverfahren, die sog. Exhaustionsmethode. Damit konnte er auch das Verhältnis der Kreisfläche und eines Kugelvolumens zum Radius bestimmen.
Er befasste sich außerdem mit dem in der Antike intensiv diskutierten Problem der Würfelverdoppelung („Delisches Problem“) und fand dafür eine Lösung durch den Schnitt von Kurven, welche die erforderlichen beiden mittleren Proportionalen zur Kante des gegebenen und des gesuchten Würfels ergaben.[2] Ferner erfand er eine mechanische Vorrichtung zur annähernden Konstruktion mittlerer Proportionalen.

Statt sich auf Zahlen (Berechnungen, Arithmetik) zu konzentrieren wie die Pythagoräer, nahm er die Geometrie zur Grundlage, auch für mathematische Axiome (Definitionen/ festlegende Bestimmungen) und Beweise (Folgerungen/ Schlüsse). Diese Aufspaltung des Blickwinkels (Arithmetik vs. Geometrie) sollte in der Mathematik für zweitausend Jahre bestimmend sein.

Zwei Sphären (hier Ringe) für die Bewegungen der Sonne relativ zur Erde bei Eudoxos

Astronomie

Er ging von einem geozentrischen Weltbild aus, das auf der Annahme einer unbeweglichen Erde beruht, um die sich Kugelschalen ("Sphären") drehen, die den beweglichen Himmelskörpern und den Fixsternen zugeordnet sind.

Er wollte die im Rahmen seines geozentrischen Weltbildes unregelmäßig erscheinenden Bewegungen der Planeten - mit Stillständen und Rückläufen- mathematisch bzw. ideal darstellen. Angeblich hatte Platon die Forschungsaufgabe gestellt, die Planetenumläufe auf regelmäßige Kreisbewegungen zurückzuführen.[3] Für jeden Planeten sowie für Sonne und Mond nahm Eudoxos dazu ein eigenes System konzentrischer Kugelschalen (Sphären) an, die mit verschiedenen Geschwindigkeiten und in verschiedenen Richtungen gleichförmig um gegeneinander geneigte Achsen rotieren. Wegen des gemeinsamen Zentrums – der Erde – spricht man hier deshalb von der Theorie der homozentrischen Sphären. Jeder Himmelskörper ist am Äquator der innersten ihm zugeordneten Schale fixiert. Die zu einem Himmelskörper gehörenden Schalen sind an ihren Polen aneinander befestigt. Dadurch übertragen sich ihre Bewegungen auf die innerste Schale und damit auf den Planeten. Den fünf ihm bekannten Planeten wies Eudoxos je vier Sphären zu, der Sonne und dem Mond je drei. Die jeweils erste (äußerste) Planetensphäre bewirkt den Tagesumlauf des Planeten von Ost nach West, die zweite seine Jahresbahn im Tierkreis von West nach Ost, die dritte und die vierte erzeugen zusammen die (scheinbare) achtförmige Schleifenbewegung, welche Eudoxos „Hippopede“ (Pferdefessel) nannte.[4] Für die Fixsterne genügte eine einzige Sphäre. Damit kam Eudoxos auf insgesamt 27 Sphären. Die Frage nach einem Zusammenhang der einzelnen Sphärensysteme untereinander stellte sich für ihn nicht, denn seine Konzeption war eine rein mathematische, nicht physikalisch fundierte Hypothese, die komplexe Verhältnisse in einfache Elemente (regelmäßige Kreisbewegungen) auflöste.

Bewertung

Das System des Eudoxos ermöglichte nur Näherungslösungen und berücksichtigte nicht alle damals bekannten Anomalien der Himmelskörperbewegungen. Daher wurde es später von Kallippos von Kyzikos erweitert, der weitere Sphären hinzufügte.
Eine wichtige Schwäche des Systems bestand darin, dass es die Helligkeitsschwankungen der Planeten nicht erklären konnte, die eigentlich auf eine Änderung ihrer Entfernung von der Erde schließen lassen.
Das Modell wurde später verdrängt durch die Epizykel-Theorie (siehe Ptolemäus).
Cicero berichtet, Eudoxos habe als erster die Sternbilder auf einem Himmelsglobus eingetragen, nachdem schon Thales eine solche Kugel angefertigt hatte.[5] Demnach war Eudoxos nicht der Erfinder des Himmelsglobus, wohl aber der erste, der die Sterne darauf kartographisch auftrug.

Werke (Auswahl)

Eudoxos verfasste mehrere astronomische Schriften:

  • „Phänomene“ (Phainómena), sein erstes astronomisches Werk. Eine überarbeitete Fassung davon nannte er „Spiegel“ (Énoptron; gemeint: Spiegel der Weltordnung). Die Schrift bestand aus drei Büchern. Das erste enthielt eine Beschreibung der relativen Positionen der Sterne, das zweite behandelte sie bezogen auf die Himmelskugel und deren Einteilungen, im dritten befand sich ein Katalog von ihnen mit Angaben über den jeweiligen Auf- und Untergang
  • „Über Geschwindigkeiten“ (Peri tachōn), seine astronomische Hauptschrift, in der er die Bewegungen der Planeten erklärte
  • „Über das durch die Sonne bewirkte Erlöschen“ (Peri aphanismōn hēliakōn). Hier legte er seine Methode dar, mit welcher der Zeitpunkt des Auf- und Untergangs eines Sterns bestimmt wird, wenn das Sonnenlicht eine genaue Beobachtung verunmöglicht
  • „Der achtjährige Zyklus“ (Oktaetērís), worin er einen astronomischen Kalender erläuterte, der auf einem achtjährigen Zyklus basiert. Es scheint sich um das älteste so betitelte Werk über dieses später oft erörterte Thema zu handeln
  • Astronomía, ein astronomischer Kalender in Versen, der von den Gestirnen handelnde Sagen enthielt (Spätwerk)
Animation der Rückläufigkeit im Modell des Eudoxos[6]

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Friedrich Heglmeier: Die homozentrischen Sphären des Eudoxos und des Kallippos und der Irrtum des Aristoteles, Erlangen 1988, S. 8–15

Quellen und Anmerkungen

  1. Künstler Andreas Strick
  2. François Lasserre (Hrg.): Die Fragmente des Eudoxos von Knidos, Berlin 1966, S. 20–22, 163–166
  3. Hermann Schmitz: Die Ideenlehre des Aristoteles, Bd. 2: Platon und Aristoteles, Bonn 1985, S. 166. Zu den Vertretern der gegenteiligen Auffassung zählt Jürgen Mittelstraß: Die Rettung der Phänomene, Berlin 1962, S. 1–4, 150–155
  4. Zum Sphärenmodell siehe Friedrich Heglmeier: Die griechische Astronomie zur Zeit des Aristoteles. Ein neuer Ansatz zu den Sphärenmodellen des Eudoxos und des Kallippos. In: Antike Naturwissenschaft und ihre Rezeption, Bd. 6, 1996, S. 51–71, hier: 53–61
  5. Cicero, De re publica 1,14,22
  6. Die zwei innersten homozentrichen Sphäre sind hier als Ringe dargestellt, die sich entgegengesetzt drehen. Der Planet bewegt sich auf einer liegenden Acht („Hippopede“)

Dieser Text verwendet Absätze, Sätze oder Formulierungen aus dem Wikipedia-Artikel Eudoxos_von_Knidos. Der Text steht unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.