Georg Tannstetter

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Georg Tannstetter, ca. 1515[1]

Georg Tannstetter, genannt „Collimitius
geboren Mitte April 1482 in Rain am Lech
† 26.3. bzw. 27.3.1535 in Innsbruck[2]
war ein deutscher Humanist, Astronom, Astrologe und Mediziner.

Biographie

Tannstetters Beruhigung vor ainem kunfftigen Synfluß[3]

Er wurde im Vorgängerbau des heute sogenannten „Altherr-Hauses“ (seit 1975 Teil des Rathauses) in Rain am Lech geboren. Sein Vater Gabriel war von 1480 bis 1500 als Pfleger des Klosters Niederschönenfeld tätig. Der Sohn Georg nannte sich, weil „Rain“ auch „Grenzpfad“ bedeutet, latinisiert „Collimitius“ (= am Limes). In seinen Werken finden sich Referenzen an seine Geburtsstadt, so im Verfassernamen Georgen Tannstetter von Rain am Lech in der Schrift zur Astronomie von 1524, und als Georgio Tanstetter Collimitio auf der von ihm erstellten Karte Ungarns.

Er wurde nach einem Studium der Mathematik und Astronomie in Ingolstadt Magister. Später kam er an die Hochschule Wiens, wo er Vorträge über Mathematik, Astronomie, Astrologie und Arzneikunde hielt, sowie die gelehrte Gesellschaft Collimitiana stiftete. Dort promovierte er auch als Mediziner. Ab 1510 war er Leibarzt Kaiser Maximilians I. und anderer bedeutender Adeliger. Als Kartograph erstellte er zusammen mit dem Ungarn Rosetus Lazarus, seinem Schüler, die 1528 erschienene erste gedruckte Landkarte Ungarns.[4] Am 21.11.1531 wurde er als Tannsteter von Thanau in den Adelsstand erhoben.

In Innsbruck wurde er nach seinem Tod auf dem Friedhof neben der Spitalkirche begraben.

In Rain erinnert an ihn die Georg-Tannstätter-Straße, sowie ein Brustporträtrelief an seinem Geburtshaus.

Astrologie

Tannstetter verfasste astrologische Jahrbücher, auch eine Schrift zur damals gefürchteten Großen Konjunktion von 1524. Hier griff er insbesondere Johannes Stöffler wegen dessen Sintflut-Prophezeihung an, womit dieser die Bevölkerung unnötig geängstigt habe.[5]

Die "Allgemeine deutsche Biographie" sagt über ihn: "Seine astrologischen Prophezeiungen genossen einen großen Ruf. So soll er z.B. den Tod des Kaisers Maximilian I. auf den richtigen Tag vorhergesagt haben. Als im Jahr 1523 die Wiener glaubten, Collimitius habe für das nächste Jahr den Untergang ihrer Stadt prophezeit, musste er die erregte Bevölkerung durch eine besondere Schrift beruhigen."[6]

Desweiteren war er Gutachter bei der Kalenderreform, berief sich dabei insbesondere auf die Berechnungen des Regiomontanus; und er forderte eine Verbesserung der Berechnung des wahren Mondlaufs.[5]

Medizin

Im Rahmen von Tannstetters Publikationstätigkeit war die Medizin bloß ein Nebenfach.[7] 1521 gab er ein kleines Büchlein mit medizinischen Ratschlägen im Hinblick auf die aktuelle Pestepidemie heraus: Regiment für den lauff der Pestilentz. Darin beachtet er auch psychische Faktoren: Die Widerstandskraft gegen Ansteckung werde gefördert durch Freude und beeinträchtigt durch Traurigkeit oder Zorn. Außerdem sind einige handschriftliche pharmazeutische Rezepte Tannstetters erhalten.[8]

Eine größere Nachwirkung hatte seine um 1526 gehaltene Vorlesung über die Anwendung der Astrologie auf die Medizin. Eine Vorlesungsmitschrift wurde von Otto Brunfels 1531 herausgegeben (Artificium …).[9] Es handelte sich um das erste in Deutschland erschienene umfangreichere Buch, das sich ganz speziell mit der Iatromathematik beschäftigte.

Werke (Auswahl)

Exlibris[10] Tannstetters[11]
Tannstetters Artificium

Literatur

  • Franz Graf-Stuhlhofer: Humanismus zwischen Hof und Universität. Georg Tannstetter (Collimitius) und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des frühen 16. Jahrhunderts 192 Seiten. (Schriftenreihe des Universitätsarchivs Wien, Nr. 8). Wien 1996 ISBN 385114256X ISBN 978-3851142563[12]

Quellen und Anmerkungen

  1. Gemälde von Bernhard Strigel. Ob das Portrait Tannstetter wirklich darstellt, ist anscheinend nicht ganz sicher
  2. Wikipedia: das latinisierte Wort "Collimitius" steht für Rain oder Grenzpfad. "Die Akten der Medizinischen Fakultät in Wien enthalten auch die Todesstunde: demnach starb er kurz vor der neunten Nachtstunde (paululum ante nonam nocte), also kurz vor 3 Uhr früh. Das führt dann nach heutiger Tagzählung zum 27.3. als Todestag"
  3. Bei den barbusigen Frauen handelt es sich um die Planetengottheiten Venus und Mond
  4. Siehe Homepage der Stadt Rain, mit einer ausführlichen Würdigung Tannstetters, insbesondere seiner Ungarn-Karte
  5. 5,0 5,1 Neue deutsche Biographie
  6. wikisource.de/ADB:Collimitius, Georgius
  7. Graf-Stuhlhofer: Humanismus, 1996, S. 145–150
  8. Stuhlhofer: Georg Tannstetter (Collimitius), 1981, S. 25
  9. Zu ihrer Neu-Ausgabe dieses Artificiums publizierte Rosemarie Eichinger einen kurzen Beitrag: Georg Tannstetters „Artificium de applicatione Astrologiae ad Medicinam“. Eine iatromathematische Vorlesung und wissenschaftsgeschichtliche Rarität. In: Mitteilungen der Österreichischen Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte]] 22, 2002, S. 3–19
  10. Bucheignerzeichen, Bücherzeichen, Buchmarke, Besitzvermerk (Buch)
  11. Von Hans Brosamer 1532 angefertigt: Links oben der Sternenhimmel, unten sein Wappen mit sechsstrahligem Stern
  12. Gestützt auf Karl Sudhoff: Iatromathematiker vornehmlich im 15. und 16. Jahrhundert Breslau 1902, S. 45–47

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