Giovanni Antonio Magini

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Giovanni Antonio Magini (1582)

Der italienische Mathematiker, Kartograph, Astronom und Astrologe Giovanni Antonio Magini (latinisiert Ioannes Antonius Maginus) wurde am 14.6.1555 (jul.) um 18:58 in Padua geboren.[1]
Er starb am 11.2.1617 in Bologna.

Biographie

Magini im Alter
Geburtshoroskop von Maginus
Von Magini selbst gegebenes Horoskop mit Mittagsständen[1]

Er war Sohn des Paduaners Pasquale Magini, und studierte in Bologna Philosophie. Im Jahr 1579 erhielt er den Doktortitel. Daraufhin widmete er sich der Astronomie. Bereits drei Jahre danach, im Jahr 1582, veröffentlichte er die Arbeit Ephemerides coelestium motuum, die ein Jahr später ins Italienische übersetzt wurde. Diese Ephemeriden waren sehr begehrt, weil sie die ersten waren, die nach dem neuen Gregorianischen Kalender erstellt wurden.[2] 1588 erhielt er die Professur für Mathematik der Universität Bologna, um die sich ebenfalls Galileo Galilei beworben hatte; es wird angenommen, dass seine besseren Beziehungen zum Fürsten hier eine Rolle spielten. Im Jahr 1592 veröffentlichte er De Planis Triangulis, wo er die Benutzung der Quadranten beschrieb. 1607 folgte die astrologische Arbeit De astrologica ratione.

Magini stellte ebenfalls Atlanten her: den Atlante geografico d'Italia, postum 1620 von seinem Sohn veröffentlicht, sowie den Weltatlas Geographiae Cl. Ptolemaei Pars Secvnda. Einige seiner Werke wurden von der römischen Inquisition konfisziert, in der damaligen Zeit nichts Ungewöhnliches.[3] Er war ebenso Anhänger der Alchemie, führte hier Experimente durch, und stand mit seinem Gönner, dem Herzog von Mantua, diesbezüglich in engem Kontakt.[4]

Im Jahre 1935 wurde der Mondkrater Maginus nach ihm benannt.

Astrologie

Maginis Radix mit ptolemäischen (= placidianischen) Häusern

Er war ab 1599 Hofastrologe des Herzogs von Mantua Vincenzo I Gonzaga[5], dem er auch seine astrologischen Werke widmete, und dessen Söhne er in Mathematik unterrichtete.

Häusersystem

Maginus entwickelte das Häusersystem, welches unter den Gelehrten der damaligen Zeit als Ptolemäische Manier bekannt wurde, und das später als Placidus-Häusersystem in die Geschichte der Astrologie eingehen sollte. Es erschien bereits 1604 in seinem Werk Tabulae primi mobilis. Johann Stadius (* ca. 1.5.1527; † 17.6.1579) errechnete dazu die Häusertafeln. Knappich: "... Stadius, der im Auftrag des Bischofs von Lüttich Ephemeriden für die Jahre 1554-1606 sowie Tafelwerke zur Horoskoptechnik verfasst hat. Darin hat er die allgemein gebräuchliche rationale Manier (Regiomontanus) abgelehnt und eine den Vorschriften des Ptolemaeus besser entsprechende Häuserkonstruktion gelehrt."[6] Die Annäherungsberechnungen für die Häuserspitzen sind nahezu mit denen der Placidus-Häusertafeln identisch. Wilhelm Knappich hierzu: "Die Resultate dieser Annäherungsrechnungen decken sich bogenminutengenau mit den Angaben einer moderneren, nach Placidus berechneten Häusertafel für 50°, und man wird nun fragen wie es kommt, dass diese von Maginus u.a. schon dargestellte Häusermethode jetzt allgemein unter dem Namen "Methode des Placidus" verbreitet ist? Hierauf ist zu sagen, dass sich Maginus nie als Urheber dieser Methode bezeichnet hat, dass er sie nur aus theoretischem Interesse und in enger Anlehnung an die rationale Manier dargestellt hat und dass er in praxi nur die rationale Manier benützt hat."[7]

Weltbild

Stirnlinien nach Magini[8]

Obwohl Magini die Schriften des Nikolaus Kopernikus kannte und er auch Teile daraus nützte, wollte er sich dem heliozentrischen Weltbild doch nicht anschließen, und versuchte, das Sphärenmodell des geozentrischen Weltbildes zu bewahren. Hier mag Sympathie für die Weltsicht des Ptolemäus eine Rolle gespielt haben. Er entwickelte ein eigenes Modell, das aus elf Sphären bestand (vergleiche Novæ cœlestium orbium theoricæ).[9] Im englischen Sprachraum gewann diese Theorie sogar einige Anhänger, weil sie von Thomas Blundeville in The Theoriques of the Seven Planets (1602) verbreitet wurde.[4] Auch die von Galilei entdeckten vier neuen Jupitermonde versuchte Magini so lange wie möglich zu ignorieren, wie aus seinem Briefwechsel mit Kepler hervorgeht; erst als deren Existenz unumstößlich bewiesen war, gab er seinen Widerstand auf.[2]

Medizinische Astrologie

Trotzdem er eigentlich Astronom war, trat er doch auch für die Anwendung der Astrologie im medizinischen Bereich ein; hierüber schrieb er in De astrologica ratione (1607). Außerdem war er ein Kenner der Metoposkopie.[9] In "Della metoposcopia" gab er an, aus den Stirnlinien sogar sexuelle Veranlagungen wie Sodomie oder "widernatürliche Laster" erkennen zu können.[3] Das Werk selbst ist, wegen der Inquisition, als Ganzes nicht mehr erhalten, überlebte aber in diversen Handschriften, die zum Teil durch Ciro Spontoni veröffentlicht wurden.

Publikationen

Titelseite "De astrologica ratione"
  • Ephemerides coelestium motuum, ad annos XL ab anno Domini 1581 usque ad annum 1620 secundum Copernici hypotheses, Prutenicosque canones. Damiano Zenaro, Venedig 1582
  • Cl. Ptolemei Pelusiensis Geographicae enarrationis Libri octo. Peter Keschedt, Köln 1597 Digitalisat der BSB München
  • Geographiae Cl. Ptolemaei Pars Secvnda. Köln 1597 Digitalisat der BSB München
  • De astrologica ratione ac usu dierum criticorum seu decretoriorum. Damiano Zenaro Nachf., Venedig 1607
  • Tabulae primi mobilis, quas directionum vulgo dicunt, quibus non solum directiones, tam secundum viam rationalem, quam iuxta Ptolemaei formam ... Damiano Zenari 1603
  • Tavole del primo mobile, overo delle direttioni. Venedig 1606
  • Novae Coelestium Orbium Theoricae Congruentes Cum Observationibus N. Copernici. 1608. 356 Seiten. Nachdruck Kessinger Publishing 2009 ISBN 978-1120087713
  • Continuatio ephemeridum coelestium motuum ... ab anno Domini 1610 usque ad annum 1630 iuxta Copernici observationes accuratissime supputatarum. Venedig 1607
  • Primum mobile duodecim libris contentum : in quibus habentur trigonometria sphaericorum et astronomica ...
  • Supplementum Ephemeridum ac tabularum secundorum mobilium. Venedig 1614
  • Confutatio diatribae Ios. Scaligeri De aequinoctiorum praecessione in qua nova quaedam dogmata Scaligeri de stella polari & mutatione aequinoctiorum & stellarum fixarum immobilitate : ac variis aliis rebus astronomicis impugnantur. Giulielmo Facciotto, Rom 1617
  • Tabulae novae iuxta Tychonis rationes elaboratae quibus directionum conficiendar, brevior ac facilior quam unquam antchac a nemine ars traditur. Sebastian Bonhomme, Bologna 1619
  • Della Metoposcopia, overo Arte del predire gl'eventi futuri dell'humana vita... MS 423 der Bibliothèque du château de Chantilly
  • De metoposcopia libri tres & de neis tractatus qui quidem omnes olim manuscriptum circumferebantur, primus nunc, secundus metoposcopiae sub nominae Ciro Spontoni editi sunt.
    • Ciro Spontoni: La Metoposcopia - overo commensuratione delle linee della fronte. 176 Seiten. Evangelista Deuchino, Venedig, 1626; 1637; Reprint Tesauro 2003 ISBN 978-8820735210

Quellen und Anmerkungen

  1. 1,0 1,1 Datenquelle: eigene Horoskopzeichnung von Maginus in „Tabulae primi mobilis, Fol. 22v et al.; anonym
  2. 2,0 2,1 Voelkel, J.R. & Gingerich, O.: Giovanni Antonio Magini's "Keplerian" tables of 1614. In: Journal for the History of Astronomy (ISSN 0021-8286), Vol. 32, Part 3, No. 108, p. 237 - 262 (2001) S. 239
  3. 3,0 3,1 Kenneth Borris: Same-sex desire in the English Renaissance: a sourcebook of texts, 1470-1650. S. 195
  4. 4,0 4,1 www-history.mcs.st-and.ac.uk
  5. galileo.rice.edu
  6. Knappich, Geschichte der Astrologie, S. 255
  7. Wilhelm Knappich: Entwicklung der Horoskoptechnik vom Altertum bis zur Gegenwart, 1978, S. 40
  8. Veröffentlicht durch Spontoni (1626)
  9. 9,0 9,1 Wikipedia.org/wiki/Giovanni Antonio Magini

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