Glaube

Aus Astrodienst Astrowiki
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Ein Astrologie betreibender Jesuit[1]
Je heiliger du bist, und je näher zu Gott, desto besser wird dein Rat und Urteil sein.

William Lilly[2]

Die wirkliche Astrologie ist eine ganz intuitive Wissenschaft und erfordert von dem, der sie ausüben will, die Entwicklung höherer übersinnlicher Erkenntniskräfte (Rudolf Steiner)[3]

Da es bei der Astrologie oft um persönliche Erfahrungen geht, kann die Frage nach dem Glauben nicht ausgeklammert werden. Bisweilen wird die Astrologie ja in die Nähe der Religion gerückt; gerade Astrologiegegner nennen sie gerne eine Ersatz- oder Pseudoreligion.

Richard Vetter sieht Glauben als integralen Bestandteil des astrologischen "Paradigmas": "Das astrologische Modell fügt sich nahtlos ein in den Glauben an etwas Höheres, den Glauben an ein jenseitiges, die Dinge und Abläufe lenkendes Wesen oder Sein. In der Beschäftigung mit astrologischen Phänomenen drängt sich der Glaube an "höhere Zusammenhänge" geradezu auf - denn wer oder was könnte die frappierende, einen immer wieder sprachlos machende Ordnung am Himmel und auf Erden sonst gestiftet haben? Das umfassende, in seinen komplexen Verflechtungen nicht kalkulierbare, wunderbare Zusammenspiel von Personen, Ereignissen und Schicksal kann eigentlich nur von einer uns unbegreiflichen Stelle koordiniert sein."[4]

Jesus als Quintessenz ("Fünftes") inmitten der ElementeK[5]

Richtungen der Astrologie

Viele Vertreter der Psychologischen Astrologie wenden sich jedoch, wie die naturwissenschaftliche Astrologie[6], entschieden gegen Unterstellungen, Astrologie und Glauben hätten etwas gemeinsam. Mit ihrer Auffassung, wonach Astrologie ein Weg sei, sich selbst besser kennen zu lernen, distanzieren sie sich von Glaubensfragen im religiösen Sinn. Ähnlich wie in der Psychologie spiele es bei der Deutung des Horoskops aus ihrer Sicht keine Rolle, welche religiöse oder spirituelle Überzeugung ein Mensch habe, solange er sich grundsätzlich auf eine Selbsterfahrung einlasse.

Die Esoterische Astrologie kommt hingegen um Glaubensfragen im religiösen Sinne nicht herum. Das lateinische Wort religio bedeutet ja "Rückbindung", "Verbindung mit dem Ursprung". Und die Esoterik erhebt eben den Anspruch, solche uralten Fragen zu beantworten: Woher kommt der Mensch? Wohin geht er? Was ist der Sinn des Lebens? Damit tritt sie in eine gewisse Konkurrenz zu religiösen Lehren. Die Entscheidung, ob die Astrologie solch einem Anspruch gerecht werden kann, ist letztlich wiederum eine Glaubensfrage des einzelnen.

Gott als Herr über Himmel und Hölle[7]

Geschichte

Astrologie war bei allen Kulturen des Altertums innigst mit den Glaubensvorstellungen verflochten; insbesondere auch bei den für die Astrologie maßgeblichen Kulturen Mesopotamiens und Ägyptens. Religionen, die den gestirnten Himmel als von Leben erfüllt und das menschliche Schicksal beeinflussend oder lenkend sahen, nennt man Astralreligionen. Man nahm damals an, dass die Götter höchstselbst - oder ihre Engel - auf den Sternen, Planeten bzw. in den "himmlischen Sphären" wohnten. Dass auch die christliche Kirche bzw. Religion und der Sternenglaube bis in die beginnende Neuzeit hinein keine grundsätzlich unversöhnliche Gegnerschaft bilden mussten, zeigt Abbildung links.

Gustav-Adolf Schoener: "In der Schrift „Die Offenbarung des Johannes“ – sie befindet sich an letzter Stelle in der Bibel – finden sich die meisten astrologischen Symbole. So kommen an ganz zentralen Stellen die astrologisch wichtigen Zahlen vier, sieben und zwölf vor. Gleich im ersten Kapitel ist von sieben Sternen die Rede, die als sieben Engel dargestellt werden (Apk.1,20). Die Siebenzahl der Sterne bezog sich in der Antike auf die sieben bekannten Planeten: Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn. Im Kapitel 12 ist von einer Frau die Rede, die am Himmel erscheint, bekleidet mit der Sonne, unter ihren Füßen der Mond und auf ihrem Kopf eine Krone mit zwölf Sternen. Sie erinnert bis in die Details sehr an die mesopotamische Ischtar (Venus). Wissenschaftler sind sich heute einig, dass der Verfasser dieser Schrift die Astrologie sehr gut gekannt haben muss.[8]

Es gab Phasen in der Geschichte des Christentums (und zwar noch zu Beginn der Reformation bzw. des Protestantismus, siehe Philipp Melanchthon), in denen der Glaube an ein Horoskop und ein frommes Kirchengängertum durchaus keinen Widerspruch bedeuteten, sondern sich gegenseitig befruchten konnten. Auch Kirchenlehrer wie Albertus Magnus und Thomas von Aquin waren erklärte Astrologen, sowie Jesuiten wie Athanasius Kircher. Dieser lobte den Analogieschluss sogar als "wunderbares Kompendium, das den Philosophen wie ein Ariadnefaden leitet, ohne Gefahr, dass er sich jemals im verborgenen Dickicht der Natur verlieren könnte. Mit Hilfe der ars analogica lernt er, dass der Zusammenhang der Dinge auf der Erdkugel, im Mikrokosmos, d.h. im Menschen als einem Sohn der Welt, ferner im politischen, meteorologischen, medizinischen und ethischen Bereich [strukturell] derjenigen in allen einzelnen Planetensystemen gemäß ihren spezifischen Eigenarten und Verhältnissen entspricht..."[9]

In der Renaissance hielten sich sogar die Päpste Astrologen als ihre Berater: Bezeichnend war die - von Astrologen unter Papst Julius II. sorgfältig ausgewählte - Elektion der Grundsteinlegung des Petersdoms.[10]

Heutige Situation

Die offizielle Kirchenmeinung ist jedoch eine grundsätzlich ablehnende. So schreibt die Katholische Kirche in ihrem Katechismus zum Dritten Gebot („Du sollst neben mir keine anderen Götter haben"): Sämtliche Formen der Wahrsagerei sind zu verwerfen: Indienstnahme von Satan und Dämonen, Totenbeschwörung oder andere Handlungen, von denen man zu Unrecht annimmt, sie könnten die Zukunft ‚entschleiern‘. Hinter Horoskopen, Astrologie, Handlesen, Deuten von Vorzeichen und Orakeln, Hellseherei und dem Befragen eines Mediums verbirgt sich der Wille zur Macht über die Zeit, die Geschichte und letztlich über die Menschen, sowie der Wunsch, sich die geheimen Mächte geneigt zu machen. Dies widerspricht der mit liebender Ehrfurcht erfüllten Hochachtung, die wir allein Gott schulden.[11]

Dies war auch der Grund, warum die Kirche im Mittelalter (Scholastik) lange Zeit lediglich die sogenannte "natürliche", nicht aber die judizielle Astrologie, d.h. u.a. keine Vorhersagen, keinerlei "magischen" Manipulationen akzeptierte. Im asiatischen Raum, in der indischen, chinesischen und in der tibetischen Astrologie ist man diesbezüglich jedoch viel unbefangener. Dort ist das Einholen von astrologischem Rat, etwa bei Eheschließungen, immer noch ein offizieller Teil des Glaubens, der religiösen Kulte und Zeremonien.

Gott und Mensch bei Hildegard von Bingen

Siehe auch

Gott als Herr über Tierkreiszeichen, Häuser, Planeten[12]

Weblinks

Der evangelische Theologe Felix M. Straubinger und Pater Gerhard Voss geben einen historischen Überblick über das Verhältnis von Astrologie und Christentum: über die erlaubte und verbotene Astrologie im Mittelalter, Thomas von Aquin, die Blütezeit der Astrologie unter den Päpsten sowie deren Niedergang
Bereits am Anfang des Christentums stand die Astrologie. Genau genommen ist das Christentum sogar aus der Astrologie hervorgegangen...

Literatur

  • Annegret Becker-Baumann: Cusanus – Philosoph, Kirchenfürst und ein Freund der Astrologie. Meridian (Zeitschrift) 5/ 2001, sowie in den Apokryphen der Astrologie[13], S. 148-151
  • Bernd A. Mertz: Die Lichter des Himmels geben Zeichen - Astrologie und Christentum. Fischer 1990 ISBN 288289001X
  • Felix Straubinger: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Die heutige Astrologie nimmt Stellung. Ein Beitrag zum Dialog zwischen Astrologie und christlicher Kirche. 200 S. Basel, 1994
  • Gerhard Voss: Astrologie christlich. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1996 (4. Auflage 2003), 166 Seiten
  • Christoph Schubert-Weller: Spricht Gott durch die Sterne? Astrologie, Gesellschaft und christlicher Glaube. 191 Seiten. Claudius Verlag 1996 ISBN 978-3532640029
Dialog zwischen (christlichem) Glauben und Astrologie
Buch von Ribeiro
  • Christoph Schubert-Weller: Gott und die Sterne - zum Verhältnis von Astrologie und Christentum im Wandel der Geschichte, in: Jürgen Hoppmann (Hrg.), "Melanchthons Astrologie". Der Weg der Sternenwissenschaft zur Zeit von Humanismus und Reformation (Ausstellungskatalog), Wittenberg 1997 ISBN 3-9804492-8-9
  • Claudia Brosseder: Im Bann der Sterne: Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen. Akademie Verlag, 2004 ISBN 978-3050038537
  • Gustav-Adolf Schoener: Astrologie in der Europäischen Religionsgeschichte. 257 Seiten. Frankfurt, 2016. ISBN-10 3631674910 ISBN-13 978-3631674918 Englisch: Astrology in European Religious History: Its Philosophical Foundations through the Ages (Peter Lang, Internationaler Verlag der Wissenschaften 2023)
  • Kocku von Stuckrad: Das Ringen um die Astrologie. Jüdische und christliche Beiträge zum antiken Zeitverständnis. De Gruyter, Berlin 2000
  • Luis Campos Ribeiro: Jesuit Astrology. Prognostication and Science in Early Modern Culture, 704 Seiten, Brill-Verlag 2023, ISBN 004548955, 9789004548954
Connections between the Society of Jesus and astrology used to appear as unexpected at best. Astrology was never viewed favourably by the Church, especially in early modern times, and since Jesuits were strong defenders of Catholic orthodoxy, most historians assumed that their religious fervour would be matched by an equally strong rejection of astrology. This groundbreaking and compelling study brings to light new Jesuit scientific texts revealing a much more positive, practical, and nuanced attitude. What emerges forcefully is a totally new perspective into early modern Jesuit culture, science, and education, highlighting the element that has been long overlooked: astrology.

Quellen und Anmerkungen

  1. Abbildung bei Luís Ribeiro
  2. "The more holy thou art, and more neer to God, the purer judgement thou shalt give", siehe Interview von Garry Phillipson mit Benjamin Dykes
  3. Zeitschrift Luzifer-Gnosis, 1905, GA 34, S. 396
  4. Richard Vetter: Das astrologische Paradigma, Eine Skizze der Grundannahmen und Implikationen, 1999
  5. Bild aus dem Paracelsus Medizin, April 2017, Olaf Rippe: Die antike Vier Elementen–Lehre und ihre Bedeutung in der Kräuterheilkunde
  6. Vertreter einer naturwissenschaftlichen Astrologie ist beispielsweise Peter Niehenke
  7. Alchemistische Darstellung
  8. Gustav-Adolf Schoener: Astrologie als Religion und „Erfahrungswissenschaft“, in Volker Schendel (Hrg.): Apokryphen der Astrologie, S. 157-198
  9. Aus Kirchers Werk Iter Extaticum Coeleste, Herbipoli 1660; siehe auch Wikipedia zu Kircher
  10. Rom, 18.4. (jul.) 1506, um 10 Uhr morgens
  11. Ausgabe des Katholischen Katechismus (1997)
  12. Alchemistische Abbildung
  13. Herausgeber der Apokryphen ist Volker Schendel