Guido Bonatus

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Guido Bonatus[1]
Rekonstruktion der Nativität Bonattis

Über das Geburtsjahr des italienischen Mathematikers, Astronomen und Astrologen Guido Bonatti alias Bonatus[2] liegen nur Spekulationen vor, die von 1210[3] bis 1230 reichen. Als Geburtsort gilt Cascia bei Florenz[4][5]

Martin Pegius bildet in seinem Geburtsstundenbuch von 1570 ein Horoskop ab, das rekonstruiert allerdings ein sehr viel späteres Geburtsdatum ergibt, nämlich den 27.12.1267 jul. (= 6.1.1268 greg.), um 7:45 Uhr LMT.[6]

Leben

1233 soll Bonatti einen Gelehrtenwettstreit in Bologna gegen den Mönch Giovanni Schio von Vicenza gewonnen haben, welcher für eine nicht-wissenschaftliche, d.h. nur übernatürliche Verursachung der Astrologie plädiert hatte.
Anscheinend war Bonatti in seinen mittleren Lebensjahren als Professor an der Universität von Bologna tätig[7], möglicherweise lehrte er dort Astronomie/ Astrologie. Später zog er sich nach Forli zurück, wo er sowohl als praktizierender Astrologe wie auch als Berater z.B. des Grafen von Montefeltro erfolgreich tätig war: Papst Martin IV. hatte - als Anführer des vatikanischen bzw. römischen Kirchenstaates - gegen den Grafen ein riesiges Heer gesandt. Gestiefelt und gespornt pflegte das Heer des Grafen neben den Pferden zu warten, bis Bonatus vom Turm mit einer Glocke das Zeichen zum Aufbruch gab. Er hatte Zeitwahl (Elektion) betrieben, gab das Signal zum astrologisch günstigsten Termin. Der Graf verlor tatsächlich nie eine Schlacht. In den Annalen der italienischen Stadt Forli ist das Geschehen beschrieben, wie Montefeltro 1282 die Stadt verteidigte.

Nach einem unbestätigten Bericht wurde Bonatti auf einer Rückreise von Paris ermordet und ausgeraubt. Zum Zeitpunkt seines Todes war er wahrscheinlich schon über Achtzig.

Bonattis Radix nach Pegius

Astrologie

Bonatti war Europas berühmtester Astrologe des 13. Jahrhunderts.
In Forli schrieb er sein bekanntestes, einfluss- wie umfangreichstes Werk. Es trug in seiner ersten Auflage den Titel Guido bonatus de forlivio: Decem continens tractatus astronomie; es wurde später auch als Liber astronomicus bekannt.

C. Kiesewetter berichtet [8], dass der auf Sizilien residierende Stauferkaiser Friedrich II. ihn als noch nicht Zwanzigjährigen zu seinem Hofastrologen ernannte (neben bzw. nach Michael Scotus). Astrologisch tätig war Bonatus fortan immer auf Seiten der Ghibellinen (Anhänger des Kaisers oder Römischen Reichs), welche im mittelalterlichen Italien die Guelfen bekriegten, die Partei des Papstes bzw. des Kirchenstaates.[9]

Bonatti ist historisch vermutlich der erste Astrologe, der mit Halbsummen arbeitete. Er war auch Experte für Talismanologie (siehe Magische Astrologie)[10], eine Tätigkeit, die in der Arabischen Astrologie ab dem Zehnten Jahrhundert verbreitet war.

Eine große und anhaltende Wirkung, bis hin zu William Lilly im 17. Jahrhundert, erzielte er durch seinen Liber astronomicus, genannt auch Liber introductorius ad iudicia stellarum (englisch A book of Astrology sowie book of Astronomy). Das Werk enthält zehn getrennte Abhandlungen zu verschiedenen Gebieten der Astrologie; entsprechend umfangreich war es.[11] Besonders die Schriften daraus zur Stundenastrologie und den Elektionen galten mindestens bis ins 17. Jahrhundert hinein als die Standardwerke zu diesen Bereichen.

Die zehn Abhandlungen des Liber astronomicus enthalten:[12]

Z.B. Saturn-Jupiter oder Saturn-Mars im Krebs als Indikatoren von Geschichtszyklen
  • 5. Die 146 Betrachtungen
Aphorismen zur Stundenastrologie

Die einzelnen Schriften wurden auch separat herausgegeben, vor allem Die 146 Betrachtungen, unter anderem 1676 von William Lilly in England unter dem Titel Anima Astrologiae:, or, a Guide for Astrologers. Lillys Ausgabe wiederum wurde ab dem späten 19. Jahrhundert oft nachgedruckt.
Bonatus bezog seine Kenntnisse von den Arabern, Claudius Ptolemäus und von dem (mythischen) Hermes Trismegistos, wie auch aus sonstigen klassischen Quellen, die er - wie Lilly - einer kritischen, auswählenden Würdigung unterzog, entlang seiner eigenen Erfahrung.[14]

Bonatus und Christentum

Rückwärts blickende Seher bei Dante[15]

Bonatti hielt es u.a. für selbstverständlich, dass für ein Gebäude die Grundsteinlegung nach dem astrologisch günstigsten Termin erfolgen müsse, empfahl geistlichen und weltlichen Würdenträgern dazu das Studium der Astrologie.

Allgemein war er der Meinung, dass nur der Sternkundige nicht an Gottes Güte zweifle, da er das Unglück in der Welt als von den Aspekten hervorgerufen erkenne. Das Wort Christi »Sind nicht des Tages zwölf Stunden«[16] deutete er so, dass Jesus hier gemeint habe, die rechte Stunde sei astrologisch zu bestimmen.
Ebenso behauptete er, das Wunder der göttlichen Liebe des - zu Bonattis Zeit noch lebenden sowie heiliggesprochenen - Franz von Assisi durch einen hierfür günstigen Planetenstand deuten zu können.

Wegen dieser und ähnlicher Sätze versetzte der Dichter Dante ihn in das Inferno (= den achten Kreis) der Hölle. Dort erhält er im Bild seinen Kopf verkehrt herum aufgesetzt, mit dem Gesicht nach hinten, rückwärts gewandt: so werde er nie wieder in die Zukunft blicken können...

Werke

  • Tractatus de nativitatibus
  • Tractatus de Judiciis astrorum (auch: Liber introductorium ad iudicia stellarum), Venedig 1491 und (in deutscher Sprache) Augsburg 1530, 1536 bzw. Basel 1536

Sein Hauptwerk wurde unter verschiedenen Titeln gedruckt:

  • Liber Astronomicus, Decem contiens tractatus astronomiae. Suppl.: Jacobus Canter. Ed.: Johannes Angeli (Druckvermerk Augsburg: Erhard Ratdolt, 26.3.1491)
  • Foroliviensis Mathematici De Astronomia Tractatvs X, Basel 1550 Bibliothek Emden: Digitalisat
Gravur Bonattis aus dem 18. Jahrhundert[17]

Englisch

  • Anima Astrologiae:, or, a Guide for Astrologers. Being the 146 Considerations of the Famous Astrologer Guido Bonatus. Diverse Ausgaben. Hrg. William Lilly, Übers. Henry Coley. Zuerst London 1676. Astrologer's Guide (pdf-Datei zum Download)
Mehrere moderne Ausgaben erhältlich, z.B. von Kessinger Publishing, LLC 2005 ISBN 978-1425326524
  • Book of Astronomy, 2 Bände. Übertragung und Neuherausgabe des Liber astronomicus, übersetzt von Benjamin Dykes, ISBN 978-1934586006 partial translation of liber astronomicus (Dykes, 2000; PDF)
  • Bonatti on Basic Astrology, treatises 1, 2 & 3 - Guido Bonatus, translated by Benjamin Dykes, Cazimi Press
  • Bonatti on Mundane Astrology, treatises 4, 8.1 & 10 - Dykes, Cazimi
  • Bonatti's 146 Considerations, treatise 5 - Dykes, Cazimi
  • Bonatti on Horary, treatise 6 - Dykes, Cazimi
  • Bonatti on Elections, treatise 7 - Dykes, Cazimi
  • Bonatti on Lots, treatise 8.2 - Dykes, Cazimi
Zollers Bonatti von 2000

Weblinks

Literatur

  • Annegret Becker-Baumann: Die Sterne zwingen nicht - Astrologie im späten Mittelalter, Meridian 4/ 2017
  • Annett Klingner: Heimliche Regenten. Astrologen als Drahtzieher der Macht 240 Seiten, Heyne 2012 ISBN-10: 3899105567, ISBN-13: 978-3899105568
  • Andreas Fuchs: Tag des Zorns (Vatikan-Thriller), Kindle Ausgabe 373 Seiten, Edel Elements 2014 ISBN-10: 3957511615, ISBN-13: 978-3957511614

Übersetzungen von Robert Zoller

  • Liber Astronomiae Part I. 1994
  • Liber Astronomiae Part II. 1994
  • On War.
  • On Arabic Parts. (2000)
  • Bonatti/ Hieronymus Cardanus: Astrologer's Guide, 146 Considerations.

Quellen und Anmerkungen

  1. Darstellung aus dem 15. Jahrhundert
  2. Nicht zu verwechseln mit Antonio Francesco de Bonatti aus dem 17. Jahrhundert
  3. Italienische Wikipedia
  4. Daten von Guido Bonatus in einer Auktionsbeschreibung
  5. Andere Angabe: 1223-1297, siehe CURA-Liste
  6. Das Horoskop von Pegius ist abgebildet in: Astrologischer Auskunftsbogen Nr. 47, August 1957. Baumgartner-Verlag, Warpke-Billerbeck
  7. James Herschel Holden: A History of Horoskopic Astrology. American Federation of Astrologers, Tempe (USA) 2006, S. 137
  8. 1895/ 1977
  9. Der englische Astrologe Lilly sympathisierte Jahrhunderte später vergleichbar mit den Republikanern bzw. mit den Monarchiegegnern, siehe Lilly, William: Christliche Astrologie, Band 3. Chiron Verlag, Tübingen 2008, S. 470, Anmerkung 215 (von Reinhardt Stiehle)
  10. Astrologiekronos: Biographie über Bonatus (Holger Roehlig)
  11. In der Neuübersetzung und -herausgabe von 2007 erschien es komprimiert in zwei Bänden
  12. Holden, S. 138
  13. Konjunktionen galten in der Klassischen Astrologie eigentlich nicht als Aspekt
  14. Lilly, Anmerkung 215 (Stiehle)
  15. In dem Werk „Die göttliche Komödie“ verewigte der Dichter Dante Alighieri (1265 – 1321) Bonatti und Scotus, indem er sie im achten Kreis der Hölle leiden lässt mit rückwärts verdrehten Köpfen, damit sie nie wieder in die Zukunft blicken können. La Divina Commedia, Inferno, canto 20,118
  16. Joh. 11,9
  17. Künstler der Gravur anonym