John Dee

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Porträt von John Dee (16. Jahrhundert)[1]
Ungesicherte Radix Dees

John Dee (* 13.7.1527 in London[2]; † 1608 oder 1609 in Mortlake-Surrey) war ein englischer Mathematiker, Astronom, Astrologe, Geograph, Alchemist, Magier und Mystiker.

Biographisches

Dees Familie stammte aus altem, zum Teil walisischem Adel. Schon 1545 erhielt er in Cambridge den Bachelor of Arts. 1547 reiste er in die Niederlande, um bei dem Mathematiker, Kartografen und Astronomen Gerhard Mercator zu studieren. Mit Geräten von diesem zurück in Cambridge, wurde er dort 1548 zum Master of Arts ernannt. Danach studierte er erneut auf dem Festland: unter anderem den damaligen Wissenschaftszweig der magia naturalis ("Natürliche Magie"), eine kirchlich erlaubte (d.h. nicht "dämonische") Magie. [3]

1550 hielt er (mit Anfang Zwanzig) bereits Vorlesungen über die Euklidische Geometrie an der Sorbonne (Paris), lehnte einen festen Lehrstuhl dort aber ab. Er war führender Experte in Navigation und bildete, wieder zuhause, viele derjenigen Engländer aus, die Entdeckungsreisen über den Atlantik machen sollten. Dabei legte er die theoretischen wie praktischen Grundlagen für das spätere „British Empire". 1552 traf er den italienischen Gelehrten und Astrologen Hieronymus Cardanus, der desöfteren von seinem Schutzengel sprach, auf dessen Durchreise in London, und stellte mit ihm gemeinsam naturwissenschaftliche bzw. magische Experimente und Untersuchungen an.

Zu seinen Lebzeiten besaß Dee mit rund viertausend Bänden die größte Bibliothek Englands und eine der größten von Europa, die viele Gelehrte anzog. Unter Königin Maria I. wurde er 1555 allerdings wegen "Schwarzer Magie und Zauberei" angeklagt, kam sogar kurzzeitig ins Gefängnis.
Als seine Gönnerin Elisabeth I. 1603 starb, fiel er in Ungnade und verbrachte seine letzten Lebensjahre in Armut.

Weil zwei Frauen von ihm jung (und kinderlos) starben, war Dee dreimal verheiratet. Mit seiner dritten Frau, die er erst 1578 (mit Fünfzig) als 23-Jährige heiratete, hatte er noch acht Kinder (von denen aber einige schon früh verstarben).

Rezeption in der Belletristik':
Die Figur des John Dee wurde literarisch verschiedentlich verarbeitet, u.a. von dem esoterischen Autor Gustav Meyrink in dessen Schlüsselroman "Der Engel vom westlichen Fenster".
Wizigerweise geht auch die Verwendung von "007" als Logo auf ihn zurück, da er seine Briefe an die Queen so signierte.[4]

Krönungshoroskop Elisabeths I.

Elektion des Krönungsdatums

Als nach Marias Tod Elisabeth I. den Thron bestieg, bat man ihn, den astrologisch günstigsten Tag für die Krönung zu berechnen. Er wählte den 15.1.1559, um die Mittagszeit (12h14 GMT).[5] Seine Elektion kann im nachhinein als sehr "erfolgreich" bezeichnet werden: Elisabeth regierte bis zu ihrem Tode (1603) fast 44 Jahre lang, über eine Zeitspanne, die heute als Elisabethanisches Zeitalter bekannt ist. Damals begann ein phänomenaler Aufschwung Englands, dessen Aufstieg zur See- und Weltmacht. Das Land wurde selbstbewusst und erstarkte wirtschaftlich. Die erste englische Kolonie in Amerika wurde in dieser Zeit gegründet (allerdings noch erfolglos). Auch kulturell war es eine Blütephase (Shakespeare, etc.), förderlich für Musik, Bildende Kunst und Literatur.

Dee wurde zum Hofastrologen und königlichen Berater ernannt, erhielt jedoch keine reguläre offizielle Anstellung, und unterrichtete Elisabeth I. u.a. in der Astrologie. Seinen Ruf als "Zauberer und Geisterbeschwörer" wurde er allerdings nie wieder los.

Esoterisches Wirken (Astrologie und Magie)

Dees "Hieroglyphische Monade"

Dee war ein Freund von Tycho Brahe und seit 1548 vertraut mit der Arbeit des Nikolaus Kopernikus bzw. von Georg Joachim Rheticus. Viele seiner astronomischen Kalkulationen basieren auf dem kopernikanischen Weltbild. 1557 veröffentlichte er mit John Field eine Ephemeride, die auf den Kopernikanischen Berechnungen beruhte. Auch schrieb er wie Brahe über die 1572 erschienene Nova, welche er als weiteren Beweis für die Kopernikanische Idee sah; aber er unterstützte die heliozentrische Theorie nie öffentlich.

Er war ein Anhänger der Hermetischen Philosophie und des Neuplatonismus der Renaissance (Hauptvertreter Marsilio Ficino). In seinem 1564 veröffentlichen Buch Monas Hieroglyphica führte er mithilfe der Mathematik, Kabbalah und Alchemie die Schöpfung auf eine Einheit aus Punkt, Linie und Kreis zurück. Die zugehörige Glyphe von ihm tauchte fünfzig Jahre später in einer Schrift der mysteriösen, wissenschafts- und religionsreformerischen Bewegung der Rosenkreuzer auf. Der Okkultist Robert Fludd erklärte damit die Bedeutung der astrologischen Symbole.

Edward Kelley

Engelkonferenzen

Am 25.5.1581 nahm Dee mithilfe seiner Kristallkugel das erste Mal mit Geistern Kontakt auf.[6] Im November 1582, während eines inständigen Gebets, erschien ihm der Erzengel Uriel am westlichen Fenster seines Laboratoriums. Da er nicht gleichzeitig "Botschaften" aus jenseitigen Welten empfangen und diese notieren konnte, außerdem sich als "Kanal" nicht sonderlich geeignet fühlte, nahm er schließlich gegen Bezahlung das Medium Edward Kelley in Anspruch, mit dessen Hilfe Dee glaubte, seinen okkulten Wissensdurst befriedigen zu können. Bei Kelley handelte es sich jedoch um eine zwielichtige Figur, im Grunde um einen Scharlatan und Schwindler, dem man wegen eines Münzbetruges bereits die Ohren abgeschnitten hatte.
In der Folge (in den Jahren 1582–1587) wurden von den beiden täglich intensive Sitzungen bzw. regelrechte "Konferenzen mit Engeln" abgehalten. Aus dieser Zusammenarbeit ging - gechannelt - unter anderem die sog. Henochische Sprache[7] hervor.[8] Nach einigen Jahren reisten Dee und Kelley auf den Kontinent, weilten - mit wechselndem Erfolg - auch mehrmals bei dem - allem Mystischen gegenüber aufgeschlossenen, aber poltisch schwachen - Kaiser Rudolf II. in Prag.[9] Als Kelley 1587 die "Weisung" der Engel äußerte, dass die beiden Männer ihre Frauen tauschen sollten (Kelley war so alt wie Dees Frau (32), Dee dagegen schon fast Sechzig), gab Dee dem Ansinnen zwar widerstrebend statt, beendete die problematische Beziehung zu dem Medium aber bald danach, und kehrte mit seiner Frau nach England zurück.

Dees henochisches Sigillum Dei Æmeth[10]

Siehe auch

Weblinks

Rekonstruktion des "Magischen Tisches" von Dee und Kelley mit der Kristallkugel
Dees "Kampf mit Kelly"[11]
Eschners Buch

Literatur

  • John Heilbron: John Dee on Astronomy: Propaedeumata aphoristica University of California Press 1978, (Herausgeber und Übersetzer Wayne Shumaker)
  • Frances A. Yates: The Rosicrucian Enlightenment London, Routledge & Kegan Paul, 1972
  • Frances Yates: The Occult Philosophy in the Elizabethan Age Routledge, London 2001, ISBN 0-415-25409-4
  • Annett Klingner: Heimliche Regenten. Astrologen als Drahtzieher der Macht 239 Seiten. Heyne, 2012 ISBN 9783899105568
  • Michael D. Eschner: Die Henochische Magie des Dr. John Dee: Band 1 - Das ursprüngliche System, Herausgeber‎ Kersken-Canbaz, S; Überarb. Edition 2006, 190 Seiten, ISBN-10 ‏ 3894231300, ISBN-13 978-3894231309

Quellen und Anmerkungen

  1. Künstler unbekannt. Angeblich zeigt es Dee im Alter von 67 Jahren
  2. Rodden vergibt ein "DD", d.h. zumindest die Geburtszeit ist fraglich, siehe Astrodatabank/Dee, John
  3. Unter Magia naturalis verstand man nach seinem Vorbild Agrippa von Nettesheim eine Art Universalwissenschaft, die u.a. Physik und Astrologie umfasste
  4. Ob er in Polen oder Portugal tatsächlich als Spion bzw. Doppelagent tätig war, ist aber mehr als zweifelhaft
  5. Siehe Electional Astrology (2001): John Frawleys Überlegungen bzgl. Dees Gründen zur Wahl ausgerechnet dieses Termins, und Sue Toohey: Elizabeth I, The Virgin Queen (2004)
  6. Laut Notiz seines Tagebuchs
  7. Nach Aussage von Sprachwissenschaftlern ist die Syntax des medial übermittelten "Henochischen" erstaunlich komplex und differenziert
  8. Durch den "magischen Orden" des Golden Dawn Ende des Neunzehnten Jahrhunderts fand das "Henochische System" und Vokabular Einzug in den Fundus abendländischer Magiezeremonien und -rituale. Damit war auch Aleister Crowley ein Nachfahre (Epigone) Dees
  9. Dort wirkten anderthalb Jahrzehnte später auch Tycho Brahe und Johannes Kepler
  10. Großes „Siegel Gottes“ (Sigillum Dei)
  11. Alchemistische Abbildung