Morgenstern

Aus Astrodienst Astrowiki
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Die Venus als Morgenstern[1]

Astronomie

Wenn der Planet Venus morgens am östlichen Himmel vor der Sonne aufgeht und sich im Tierkreis somit vor der Sonne befindet, wird er "Morgenstern" genannt.[2] Dies ist in dem 19-Monate-Zyklus der Venus etwa für sieben Monate der Fall. Wenn sie monatelang Morgenstern war, bleibt sie etwa drei Monate hinter der Sonne unsichtbar und wird dann für sechs bis sieben Monate zum Abendstern.

Auch der Planet Merkur kann theoretisch Morgenstern sein, wenn er in diesem Verhältnis zur Sonne steht; er tritt als solcher jedoch nicht so augenfällig in Erscheinung, in Mitteleuropa nur maximal zwei Wochen im Herbst.
Wenn von dem Morgenstern die Rede ist, ist deshalb normalerweise die Venus gemeint. Sie wurde in früheren Zeiten Phosphoros (griechisch) oder auch lucifer (lateinisch), "Lichtbringer" genannt.

Venus und Merkur können sich, da sie als einzige Planeten innerhalb der Erdbahn um die Sonne kreisen, aus Sicht der Erde nur maximal 47 Grad (Venus) bzw. 28 Grad (Merkur) von der Sonne entfernen (Elongation), befinden sich also, im Unterschied zu den anderen Planeten, immer in deren Nähe. Von daher erklärt sich die Aufmerksamkeit, die man früher der Frage schenkte, ob Venus, das dritthellste Gestirn nach Sonne und Mond, vor der Sonne aufging oder nach ihr unterging.

Wenn Venus und Merkur am westlichen Himmel nach der Sonne untergehen, werden sie Abendstern genannt. Bei dem Abendstern handelt es sich normalerweise jedoch wiederum um die Venus; sie wurde früher Hesperos genannt.

Sonnenaufgang bei William Blake (1820)

Deutung

Von der zeitgenössischen Astrologie wird der Umstand, ob es sich bei Venus und Merkur um einen Morgen- oder Abendstern handelt, in der Interpretation kaum noch berücksichtigt. Diese Unterscheidung ermöglicht jedoch in der Deutung feinere Nuancen. Beispielsweise kann der Zyklus von Rückläufigkeit und Rechtläufigkeit im Zusammenhang mit der Stellung als Morgenstern berücksichtigt werden:

Denn als rechtläufiger Morgenstern ist die Energie des betreffenden Planeten auf neue Handlungen ausgerichtet. Es ist dies eine Zeit des Neuanfangs, die ihren Höhepunkt während der oberen Konjunktion erreicht, während es bei der anschließenden Phase, bis zum Beginn der Rückläufigkeit, um eine Stabilisierung geht. Wenn der Planet langsamer wird und sich der stationären Phase nähert, geht es darum, zu prüfen, ob etwa tragfähig ist und bleibt, was dieser oder auch vorangegangene Zyklen gebracht haben. Während der ersten Phase der Rückläufigkeit geht es dann darum, das mit dem Planeten verbundene Thema inhaltlich zuem Abschluss zu bringen; es sind hier weniger irgendwelche äußerlich sichtbaren Handlungen gefragt. Nach der unteren Konjunktion erfolgt die Phase des geistigen, inneren Neubeginns, welcher jedoch erst wieder mit der erneuten Rechtläufigkeit in äußere Handlungen mündet.

So ist insgesamt die Energie des Morgensterns auf Beginn, Aktivität und Schwung ausgerichtet, die Energie des Abendsterns entspricht eher der Festigung, aber auch einer "Beendigung" von Dingen, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

Domizil

Bei der Deutung der Qualitäten der Morgen- und Abend-Venus sprach man in der Antike der Morgen-Venus mehr Waage-Qualitäten zu und der Abend-Venus mehr Stier-Qualitäten. Diese Zuordnung ist allerdings nicht ausdrücklich erfolgt, sondern lässt sich nur ableiten.[3] Der grundsätzlich mehr elektrisch-expressive Charakter eines Morgensterns, nach der unteren Konjunktion bis hin zur oberen Konjunktion, der als Phase des Beginns gesehen werden kann, scheint diese Sichtweise zu stützen.

Manche moderne, gerade deutschsprachige Astrologen nehmen dagegen an, dass Venus beim Aufgang als Morgenstern eher die Eigenschaften einer Stier-Venus annimmt, und dass andererseits bei ihrem Erscheinen als Abendstern die Qualitäten und Energien einer Waage-Venus dominieren. Diese Auffassung wurde insbesondere von Bernd Mertz vertreten.[4].

Weblinks

Quellen und Anmerkungen

  1. Die Venus befindet sich auf dem Foto links, unterhalb des Mondes
  2. Wenn also zum Beispiel die Sonne in der Waage steht, und die Venus in der Jungfrau
  3. Wilhelm Knappich begründet dies so: "Die im vorderen Orient am meisten verehrte Gottheit ist Ishtar (phönizisch Astarte), die auch als Tochter des Mondgottes gilt und sich in leuchtenden Vollmonden offenbart. Die Identität als Morgen- und als Abendstern wurde frühzeitig erkannt und polar gedeutet. Als morgendliche Gestalt hatte sie mehr männlichen Charakter und war als Ishtar von Akkad sogar Kriegsgöttin, in abendlicher Stellung hatte sie mehr weiblichen Charakter, als Ishtar von Uruk war sie Göttin der sinnlichen Liebe und Hierodule der Götter." (Knappich, Wilhelm: Geschichte der Astrologie. Klostermann Frankfurt 1967, S. 31
  4. In seinem Werk: Venus und Merkur - Der Morgen- und Abendstern im Horoskop. Chiron-Verlag, 1997