Mundanaspekt

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Mundanes Quadrat zwischen Sonne und Mond.[1]

Synonym: Häuseraspekt

Unter einem Mundanaspekt - im Gegensatz zu den zodiakalen Aspekten, bei denen die Tierkreisgrade für die Aspekte abgemessen werden, versteht man die analoge und sinngemäße Winkel-, bzw. Aspektberechnung auf die Winkelbezugspunkte des Häusersystems, die auf Placidus de Titis zurückgeht.[2] Placidus berücksichtigte die ekliptikale Breite der Planeten; später wurde auch die Berechnung ohne Berücksichtigung der Breite gelehrt[3]. Die einzelnen Häuser des Häusersystems können, bei unterschiedlichen geographischen Breitengraden, verschieden groß erscheinen. Die Mundanaspekte (von einem bestimmten Ort der Erde aus) werden entsprechend den Proportionen der Häusergrößen abgeleitet. Aus mundaner Sicht und Blickwinkel steht das Medium coeli (Spitze Haus 10) ausnahmslos im Quadrat zum Aszendent und Deszendent, zur Spitze Haus 2 und 6 immer im Trigon, im Sextil zu Spitze 8 und 12. Diese auf die Häuser bezogenen Aspekte werden auch als Häuserquadrat, Häusertrigon und Häusersextil bezeichnet. Wenn zwei oder mehr Planeten bzw. Horoskopfaktoren gleichzeitig auf der Vertikal- (MC-IC-Achse) oder Horizontachse (AC-DC-Achse) liegen, nennt man diese Position auch Paranstellung. Wilhelm Knappich: Mundanaspekte sind auf den Ortshorizont, bzw. auf die Eckpunkte des Horoskops bezogene proportionale Winkelabstände der Planeten gemäß ihrer scheinbaren täglichen Bewegung rund um das Weltall (lat. mundus). Sie sind eigentlich Zeit- oder Bewegungsaspekte und werden daher mittels der Halbbögen (SA) in Zeit- oder Bogengrößen auf dem Äquator gemessen[4].

Mundanaspekt astronomisch (MC-Tagbogen)

Herleitung und Begründung

Das Medium coeli steht immer im 90° Winkel zur Horizontachse, während die Sonnenlaufbahn (Tierkreis, bzw. Ekliptik) sich, je nach Breitengrad und Tageszeit, dazu in einem schrägen Aufstiegswinkel befindet und scheinbar unterschiedlich große Häuser verursacht. Tatsächlich sind die Häuser nicht unterschiedlich, sondern in den Horoskopzeichnungen wird der Tierkreis nur gleichförmig groß dargestellt und die Häuser dort zeichnerisch angepasst. Vom Blickwinkel eines bestimmten Ortes aus ist diese eindimensionale Häuserdarstellung nicht realistisch, und entspricht nicht den wahren trigonometrischen Rotationsverhältnissen eines jeweiligen Breitengrades. Die Bewegungs- und Zeitabläufe wie die Aufstiegswinkel werden heute üblicherweise im Placidus-Häusersystem abgebildet und befinden sich im Einklang mit den Grundlagen der Primärdirektionen. Falls man ein anderes Häusersystem zur Grundlage nimmt, kann es zu Abweichungen im Orbis kommen, so dass in dem einen System ein Aspekt vorliegt, während in einem anderen Häusersystem dieser nicht mehr gegeben sein könnte.

Vereinfachte Berechnung

Otto von Bismarck mit Mundanaspekt (Quadrat) zwischen Sonne und Mars[5]

Als Beispiel möge das Horoskop Otto von Bismarcks dienen. Die Vereinfachung besteht darin, die Größe eines Hauses linear zu berechnen und die "wahren Bewegungsabläufe" eines Ekliptikortes und die Breite der Planeten nicht zu berücksichtigen. Die daraus teilweise entstehende Unschärfe (1° bis etwa 3°) ist bei einer gewissen Orbistoleranz praktisch in den meisten Fällen hinzunehmen. Darüber, ob die Breite der Planeten, wie es Placidus lehrte, berücksichtigt werden sollte, bestand unter Astrologen nie Einigkeit.

Placidus-Häusersystem

Die Sonne befindet sich in 10°55 Widder, während der Mars auf 1°01 Wassermann steht. Für ein genaues zodiakales Quadrat fehlen also 20°06. Untersucht man jedoch die Stellung von Mars und Sonne in den Häusern, so fällt auf, dass Mars im 6. Haus und die Sonne im 9. Haus ist. Das sechste und das neunte Haus bilden ein mundanes Quadrat. Um die genaue Häuserproportion gemäß dem linear-gleichförmigen Tierkreis mit gleichen Gradabständen pro Tierkreiszeichen zu erhalten, kann man in einem vereinfachten Rechenverfahren (Annäherungsverfahren = lineare Interpolation) 30° durch die zodiakale Größe der Häuser teilen. Da die Aufsteigung der Ekliptik nicht linear verläuft, handelt es sich nur um eine Annäherung, die aber aufgrund von astrologisch üblichen Orbistoleranzen praktisch in Kauf genommen werden kann. Die korrekte und präzise Berechnung einer jeden Planetenposition in den Häusern müsste jedoch nach dem Placidus-Berechnungsverfahren erfolgen, wie sie für alle Zwischenhäuerspitzen vorgenommen wird (siehe Placidus-Häusersystem).

Die Größe des sechsten Hauses beträgt von Spitze 6 zu Spitze 7 28°41´. Man teilt 30° durch 28°41 und erhält so den Multiplikator für die annähernd richtige Proportion. In diesem Fall beträgt dieser 1°02´45 (30° : 28°41). So erhält man die gleichförmige Proportion der Tierkreiszeichen von 30°, die im sechsten Haus nicht wie im Tierkreiszeichen 30° : 1° (Tierkreisgröße = 30°) ist, sondern 30° : 1°02´45 (Häusergröße = 28°41´). Nun nimmt man den Gradabstand des Mars (1°01 Wassermann) zu Spitze Haus 6 (20°52 Steinbock) = 10°09 und multipliziert diesen Wert mit 1°02´45, was 10°37 ergibt – d.h.: Wenn das 6. Haus ein Tierkreiszeichen von 30° wäre, so stünde der Mars auf 10°37 (gegen den Uhrzeigersinn).

Die gleiche Rechnung nimmt man für das neunte Haus und die Sonne vor: Die proportionale Position der Sonne ist 9°24. Wäre das neunte Haus ein Tierkreiszeichen von 30°, stünde die Sonne demnach in 9°24. Nun ist leicht zu erkennen, dass die Sonne mit ihrem Wert für das neunte Haus (9°24) und Mars im sechsten Haus (10°37) ein mundanes Quadrat zueinander bilden. Dessen mundaner Orbis beträgt nur 1,2°(10°37 - 9°24 = 1,2°). Man hat es also im übertragenen Sinne mit einem "scharfen" Aspekt zu tun, der für die zodiakalen Positionen unsichtbar ist.

Mit einigen Astrologieprogrammen kann man heute einen sog. Auslösungsrhythmus pro Haus einstellen, dessen Berechnung in der Regel auf diesem vereinfachten linearen Annäherungsverfahren beruht. Daneben gibt es noch Programme, welche die "wahren proportionalen nicht-linearen Positionen" der Planeten in den Häusern nach Placidus berechnen können.[6] Praktisch fallen die Abweichungen zwar nicht ins Gewicht, können jedoch bei sehr großen Häusern (60°) zu Abweichungen von 1-3° führen. Stellt man den Auslösungsrhythmus auf 30 Tage, auf Monate oder Jahre pro Haus ein, so erhält man die proportionalen Abstände der Planeten in den Häusern, so dass man den jeweiligen Orbis wie im üblichen Tierkreis nur abzulesen braucht.

C.Aq. Libra erläutert, dass die zodiakalen und mundanen Aspekte durchaus gegensätzlich sein können: So kann zugleich zwischen zwei Planeten ein günstiger mundaner und ein ungünstiger zodiakaler Aspekt bestehen oder umgekehrt, und in diesem Fall nehmen wir an, dass sie einander aufheben.[3]

Andere Häusersysteme

Wenn man die gleiche Rechnung im Koch-Häusersystem vornimmt, ergibt sich in dem hier vorgstellten Beispiel zwischen Mars und Sonne bereits ein Orbis von 5,6° für das Mundanquadrat; im Porphyrius-Häusersystem beträgt der Orbis allerdings schon 11,9°, so dass kein Mundanquadrat zwischen Mars und Sonne vorläge. An dem Brechnungsbeispiel ist somit auch erkennbar, dass die Beurteilung, ob ein Mundaspekt vorliegt oder nicht, abhängig vom verwendeten Häusersystem ist.

Mundane Parallele

Bismarck mit mundaner Parallele von Jupiter und Uranus; proportionaler Orbis 2,3°

Zwischen der mundanen Parallele, die ebenalls auf Placidus zurückgeht, und der Deklinationsparallele besteht nur Namensähnlichkeit, da die Ableitung eine Gleichartigkeit aufweist. Während bei der Deklinationsparallele der Himmelsäquator als Ebene oder Achse der rechnerische Bezugspunkt ist, liegt der Bezugspunkt bei der mundanen Parallele bei der Meridian- oder Horizontachse. Gleichsam wie der Himmelsäquator eine teilende Ebene zwischen Nord- und Südhalbkugel darstellt, stellt die Horizontachse (Aszendent zu Deszendent) eine Teilungsebene von Tag und Nacht, und die Meridianachse (Medium coeli - Imum coeli) eine weitere Teilungsebene zwischen Ost- und Westhälfte des Horoskops dar. Daher die Begriffsähnlichkeit "Parallele", womit ausgedrückt wird, dass ein Parallelaspekt sich durch jeweils gleiche (parallele) Abstände zu den Bezugsebenen definiert. Die mundane Parallele wird also nicht mit den Deklinationen berechnet, sondern darunter versteht man den proportional-gleichen Abstand innerhalb eines bestimmten Häusersystems von zwei Horoskopfaktoren (meist Planeten) zu den Hauptachsen.

Die mundanen Parallelen verhalten sich also häuserproportional zur Aszendenten- und Meridian-, bzw. Medium coeli-Ebene wie Antiszien sich zodiakal zur 0° Widder/ Waage oder 0° Krebs/ Steinbock-Achse verhalten und könnten auch dem Prinzip gemäß "Häuserantiszien" oder "Häuserspiegelpunkte" genannt werden. Andererseits entsprechen sie auch dem Prinzip der Äquidistanz, jedoch nicht wie diese auf der Ekiptik gemessen, sondern in den Proportionen, bzw. Halbbögen des Häuersystems nach Placidus.

Ein mundanes Parallel ist gegeben, wenn sich zwei Planeten in entsprechend gleichen Entfernungen vom Meridian befinden. Venus 26.5 Widder, in einer Entfernung von 1° der Spitze des elften Hauses, würde sich in mundaner Parallele zu einem Planeten befinden, der sich etwas weniger als 1° von der Spitze des neunten Hauses entfernt befände.[3]

Ein Mundan-Parallel-Aspekt oder eine Raptparallele findet statt, wenn z.B. die Sonne Spitze zehntes Haus und der Mond Spitze viertes Haus steht, aber auch, wenn die Distanzen beider Planeten vom Zenit und Nadir die gleichen sind: so ist Sonne und Mond in Raptparallel, wenn die Sonne an der Spitze des zweiten Hauses, und der Mond an der Spitze des sechsten Hauses steht - denn beide Sterne sind jeweils zwei Häuser vom vierten Haus entfernt.[7]

Wilhelm Knappich schreibt[2]: "Nun gibt es, rein physisch betrachtet, nur eine einzige wahre und wirkliche Bewegung der Sterne am Himmel, d.i. der motus primus oder motus raptus, jene erste und ungeheuer rasche Bewegung des Primum Mobile von Ost gen West, der auch alle Sterne gleichmäßig vom Aufgang zum Untergang, also zu den fixen Teilen des Universums, folgen, da die Erde selbst sich nicht bewegt". Der Motus raptus ist somit die scheinbare Drehung des gesamten Tierkreises in 24 Stunden einmal um sich selbst - Ursache hierfür ist die Drehung der Erde um ihre eigene Achse. Zu unterscheiden hiervon ist die tatsächliche Eigenbewegung der Himmelskörper.

Rapt-Parallele

Die Rapt-Parallele leitet sich von der Mundan-Parallele ab. Während eine Mundan-Parallele gebildet wird, wenn sich ein in der Direktion vorgeschobender Himmelsfaktor oder Planet (Promissor) in einem gleichen Abstand zur Meridian- oder Horizontalachse mit dem (Signifikator) befindet, so spricht man von einer Rapt-Parallele, wenn beide Promissoren gleiche, bzw. parallele Abstände zur Meridian- oder Horizontalebene (Signifikatoren) haben. Die MC - IC oder Asz. - Desz.-Achse steht folglich in der Halbdistanz der dirigierten Faktoren.

Friedrich Schwickert: "Die Rapt-Parallelen denkt man sich daraus entstanden, dass zwei Planeten durch ihre scheinbare Bewegung am Himmel (den die Alten das "primum mobile" nannten) so lange weiterschreiten oder gemäß der lateinischen Wortwurzel "raptus": weitergetragen werden, bis der Halbierungspunkt ihres in RA gemessenen Abstands voneinander an den Meridian oder den Horizont gelangt."[8]

Häuseraspekte, bezogen auf die Hausspitzen[9]

Mundane Direktionen

Rüdiger Plantiko: "Ein Mundanaspekt zwischen zwei Himmelspunkten entsteht, wenn die Differenz ihrer mundanen Positionen eine Aspektzahl ist. So steht z.B. immer der Aszendent im mundanen Quadrat zum MC, Spitze IX im Trigon zum ASC etc. Eine mundane Direktion wird fällig, wenn ein Horoskopfaktor einen mundanen Aspekt zu einem radikalen Horoskopfaktor erreicht. Die Berechnung der mundanen Direktionen ist die gleiche wie für die zodiakalen: Man verwendet nur statt der mundanen Position des Signifikators diejenige seines mundanen Aspektpunkts." [10]

Quellen und Anmerkungen

  1. Regulär betrachtet (von den ekliptikalen Tierkreispositionen her), hätten wir es hier mit einem Trigon zu tun
  2. 2,0 2,1 Wilhelm Knappich: Placido de Titi's Leben und Lehre. Zenit 1935, Heft 7-11
  3. 3,0 3,1 3,2 C.Aq. Libra: Astrologie - ihre Technik und Ethik, Amersfoort (Holland)1922, S. 95
  4. Wilhelm Knappich: Der Mensch im Horoskop. Verlag Moritz Stadler, Villach, 1951, S.75
  5. Orbis 1,2°, Placidus-Häuser
  6. Astrolab, siehe Astrologieprogramm, hat die "wahre proportionale Berechnungsformel" nach Placidus integriert
  7. Astrologische Rundschau", 12. Jhg., August/ September 1922, Heft 11/ 12, Seite 190
  8. Friedrich Schwickert (Sindbad), Adolf Weiss: Die Astrologischen Direktionen, II. Teil, Die Primärdirektionen. Barth-Verlag, Wien, München, Leipzig, 1927
  9. Für den 29.10.2008, 18:48, Zürich
  10. Rüdiger Plantiko: Primärdirektionen - Eine Darstellung ihrer Technik. Chiron Verlag, Mössingen 2001, S. 25-26