Oktilogramm

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Acht-Teilung bei Jakob Böhme[1]

Das "Oktilogramm" (abgekürzt OG) ist eine 2011 von Klaus Wessel gefundene mundanastrologische Methode.

Theorie

Der Begriff[2] verweist auf die oktagonale Struktur, welche sich ergibt, wenn ich das kardinale Kreuz durch das der fixen Zeichen ergänze. Die Grade "15 fix" sind dabei mehr als die bloßen Halbdistanzpunkte zwischen den je ersten Graden der Kardinalzeichen. Sondern sie stellen die Kulminationspunkte (= Höhepunkte) dar im Entwicklungsgang von Widder zu Krebs, von Krebs zu Waage, von Waage zu Steinbock und von diesem zu Widder. Um im Bild der Bewegung zu bleiben: Mit dem Erreichen der 15 Grad fix geht ein Wandel im energetischen Prozess einher: je mehr sich die Bewegung dem Kulminationspunkt nähert, desto mehr wird kinetische Energie in eine potentielle oder statisch-konzentrierte umgewandelt. Im Kulminationspunkt selbst ist das Höchstmaß an potentieller Energie erreicht.

Die vier OGs im Jahreslauf

Technik

Es handelt sich dabei um ein Horoskop, das jeweils auf exakt den Sonnenstand von 15°00 der fixen Zeichen Wassermann, Stier, Löwe oder Skorpion erstellt wird. Mit den Oktilogrammen wird eine ähnliche Aussagemöglichkeit verbunden, wie sie traditionell von den Kardinalhoroskopen bekannt ist, welche man mit einem Sonnenstand auf jeweils 0° Widder (Frühlings-Äquinoktium), 0° Krebs (Sommer-Solstitium), 0° Waage (Herbst-Äquinoktium) und 0° Steinbock (Winter-Solstitium) erstellte. Das Oktilogramm gilt immer für ein ganzes Jahr und charakterisiert die Themen der jeweiligen Jahreszeitenquadranten von ihrer Mitte aus; z.B. des Frühlings - Widder, Stier, Zwillinge. Das dazugehörige Oktilogramm ist das Horoskop mit einem Sonnenstand von 15°00 Stier, wobei man den Beginn des Jahres bei 15° Wassermann ansetzt. Dem Wassermann -OG wird also eine übergeordnete Bedeutung zugemessen. Ihm kommt eine Initialfunktion zu, vergleichbar dem ersten der Kardinalzeichen, dem Widder.
Von diesen Oktilogrammen kann man Ableitungen mittels Progressionen und Direktionen machen, so wie man diese im Grundsatz auf jedes beliebige Horoskop anwenden kann. Eine besondere Rolle kommt dabei nach Stand der Dinge dem auf ein OG erstellten Lunar zu, wodurch noch weitere Differenzierungen erfolgen. Darüber hinaus empfiehlt sich die vorgeburtliche Aufstellung eines Oktilogramms, was mundan eine langfristige Typisierung der nachfolgenden Geburten oder Ereignisse ermöglicht.

Gültigkeit

Ein Oktilogramm gilt immer für eine ganze Gruppe (ein Kollektiv/ eine Kohorte von Individuen) bzw. für sämtliche Ereignisse eines Quartals oder Jahres - an einem Ort. D.h. entgegen der üblichen Maxime der Astrologie ist der Ort hier bedeutsamer als das Vorliegen einer genauen Geburts-Zeit.

Das OG charakterisiert die für einen ganzen Zeitraum (eine Epoche) jeweils typischen bzw. besonderen Eigenheiten und Merkmale.

Geschichte

Jahresfeste

Im christlichen Jahreskalender befinden sich in der Mitte der fixen Zeichen (beim Sonnenstand dort) die Feste Mariä Lichtmess (2. Februar, wenn es im Winter am kältesten ist), das "Hexenfest" Walpurgis (30. April bzw. 1. Mai), Mariä Himmelfahrt (15. August, zur Zeit der größten Sommerhitze), sowie Allerheiligen bzw. Allerseelen (Samhain-Halloween, 1. November).

Die vier Evangelisten an der Kathedrale von Chartres[3]

Fixes Kreuz

Die fixen Zeichen haben außerdem die Besonderheit, dass ihnen im Mittelalter die vier Evangelisten zugeordnet wurden (siehe Abbildung). Es gab diesbezüglich unterschiedliche Ansätze, doch durchgesetzt hat sich die Zuordnung des Hieronymus:

  • Matthäus: Wassermann A49_249.gif
  • Markus: Löwe A32_137.gif
  • Lukas: Stier A46_218.gif
  • Johannes: Adler (Skorpion) A44_205.gif

Seinen Ursprung hat dies eventuell in der babylonischen Tradition, die fixen Zeichen als Hüter der Weltecken zu sehen. In der Bibel tauchen die vier Zeichen erstmals beim alttestamentlichen Propheten Ezechiel auf. Zu finden sind die Zuordnungen in der sakralen Kunst von der Spätantike bis in die Renaissance.

Die „15 Grad fix“ erfuhren bei maßgeblichen Astrologen große Aufmerksamkeit, so etwa bei Dane Rudhyar oder bei Wolfgang Döbereiner, der diese Grade in die Liste seiner Gruppenschicksalspunkte aufnahm. Sogar Alfred Witte, Begründer der Hamburger Schule, hatte diese Grade wohl ins Auge gefasst und ihre Bedeutung erkannt.
Wessel: „… die alten Astrologen zogen ihre Weisheit und die Kenntnis von kommenden Völkerschicksalen [u.a.] aus den Ständen in 15° Stier, 15° Wassermann, 15° Skorpion, 15° Löwe, weil hier das Mittel aus dem Meridian und dem Horizont der Erde liegt, wenn der Nordpol als Zenit oder als Geburtspunkt der nördlichen Halbkugel betrachtet wird.

Schon in der Klassischen Astrologie verfügt die Acht-Teilung über eine gewisse Tradition - siehe den antiken Oktotopos.[4] Nicht zuletzt spielt das Halbquadrat oder Oktil eine große Rolle in der modernen Kosmobiologie, sowie in der Hamburger Schule, auch individualastrologisch.

Chinesische Epochen-Einteilung

Das chinesische Neue Jahr wird immer Ende Januar bis Mitte Februar gefeiert. Wessel geht davon aus, dass die Wassermann-Oktilogramme mit fundamentalen Rhythmen korrespondieren, so dass die tradierte chinesische Abfolge der Zeitqualität (basierend auf 60-Jahres-Intervallen) auch in der westlichen Tropischen Astrologie zu signifikanten Aussagen führen kann. Der chinesische Kalender beginnt mit dem chinesischen Neujahr des Jahres 2636 v.Chr. Die in jenem Jahr einsetzenden Sechziger-Rhythmen werden traditionsgemäß in hierarchischer Weise zu übergreifenden Zeiteinheiten zusammengefasst: drei Sechziger-Zyklen zu 180 Jahren, sechs zu 360 Jahren, und 60 mal 60 Zyklen zu dem Maximal-Zyklus von 3600 Jahren. Der zweite Maximal-Zyklus setzte demnach mit dem Wassermann-OG des Jahres 964 n.Chr. ein. 720 Jahre später, mit dem Wassermann-OG 1684, begann innerhalb dieses Maximal-Zyklusses die dritte 360er-Phase. Ihre Wirksamkeit bestimmt nach Wessel maßgeblich das mundane Geschehen bis zum Jahr 2044. Dieser Zeitraum erfährt seine Differenzierungen durch die einzelnen je sechzig Jahre umfassenden Unterzyklen. Der 1984 einsetzende Zyklus ist also die sechste und letzte Phase der 1684 begonnenen Epoche.

Die Interaktionen der über- und untergeordneten Zeitbilder bilden komplexe Beziehungsmuster aus, vergleichbar den Wechselwirkungen der Großen Konjunktionen (von Jupiter und Saturn).

Ds I Ging hat acht Trigramme

I Ging und Astrologie

Zum abendländischen Tierkreis setzt Wessel die acht Trigramme des I Ging (Buch der Wandlungen) folgendermaßen in Beziehung:

  • 15 Wassermann - 30 Fisch: Trigramm Dschen (= in den chinesischen Neun Sternen die Zahl 3)
  • 0 Widder - 15 Stier: Sun (= 4)
  • 15 Stier - 30 Zwillinge: Li (= 9)
  • 0 Krebs - 15 Löwe: Kun (= 2)
  • 15 Löwe - 30 Jungfrau: Dui (= 7)
  • 0 Waage - 15 Skorpion: Kien (= 6)
  • 15 Skorpion - 30 Schütze: Kan (= 1)
  • 0 Steinbock - 15 Wassermann: Ghen (= 8)[5]

Bewertung

Das Oktilogramm ist eine Methode, die gerade im Mundanbereich - d.h. bei übergeordneten, kollektiven Ereignissen - erstaunliche Erkenntnisse bringt. Es stellt eine Bereicherung des astrologischen Instrumentariums dar, eröffnet eine erweiterte Sicht auf den Tierkreis. Die Oktilogramme bilden anscheinend - als sogenannte Epochenhoroskope - mundane Zäsuren (Wechsel, Einschnitte) ab.

Wessels Bezugnahme auf die Chinesische und Japanische Astrologie bzw. auf die sog. "Neun Sterne" muss man nicht teilen oder nachvollziehen. Schließlich wurden diese fernasiatischen Methoden unter ganz anderen kulturellen und historischen Gegebenheiten entwickelt als die uns vertraute abendländische.

Wessels Buch

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Klaus Wessel: Das Oktilogramm. Jahresthemen und Epochenhoroskope. Astronova, 2013 ISBN 978-3-937077-61-1

Quellen und Anmerkungen

  1. Rad der Eigenheiten der sieben Planeten oder Quellgeister bei Jakob Böhme. Theosphische Werke, Amsterdam 1682
  2. Angeregt von André Helms
  3. Mittelportal der Westfassade, siehe anthrowiki.at/Kathedrale_von_Chartres
  4. Bzw. seine Paralellen zum chinesischen "Bagua"
  5. D.h. 45 Grad pro Segment;
    nach Farington Hook, Diana: I Ging für Fortgeschrittene. Strukturen, Kräfte, Kombinationen. Diederichs, 1983, 1990. 175 Seiten. ISBN 3424007439.
    Christine Keidel-Joura sieht und befolgt allerdings eine andere Reihenfolge bzw. Zuordnung des I Ging zum Tierkreis