Paracelsus

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Die Basilica Chymica des Paracelsisten Croll (1609)[1]
Paracelsus[2]
Radix des Hohenheimers

Biografisches

Theophrastus Bombastus von Hohenheim (geboren vermutlich 10.11.1493, um 10.40 Uhr bei Einsiedeln, Kanton Schwyz[3], gestorben am 24.9.1541 in Salzburg), so der eigentliche Name des Paracelsus, war bereits zu Lebzeiten eine Legende voller Widersprüche. Nicht einmal sein Geburtsdatum ist gesichert. Als Arzt, Heiler, Naturforscher, Philosoph, Alchemist und Astrologe war er ebenso bewundert wie gefürchtet oder gar verhasst, darin dem legendären Faust nicht unähnlich. Letzteres vor allem bei seinen Kollegen an den Universitäten. Der "Lutherus medicorum" ('Luther der Ärzte') lehrte eine naturgemäße Lebensweise sowie die Einheit von Körper, Seele und Geist, trank jedoch und vernachlässigte seinen eigenen Körper auf erschreckende Art.

Man musste schon arg krank sein, um seine Anwesenheit zu schätzen. Denn er lebte „wie ein Schwein“, wie später der Leibarzt Friedrich des Großen über ihn schrieb. Ungepflegt, rüpelhaft wie ein Bulldozer und fast immer betrunken provozierte der nur 1,50 Meter große, von vielen als hässlich empfundene Mann alleine durch sein Auftreten. Kranke aber begrüßten sein Erscheinen; denn er galt als Wunderheiler seiner Zeit.[4]

Von seinem Vater, einem schwäbischstämmigen Arzt, war er früh mit der ärztlichen Kunst vertraut gemacht worden. Paracelsus misstraute jedoch allem Wissen, das er sich nicht selbst angeeignet hatte. So zog er zehn Jahre in Europa umher - keiner kennt genau die Stationen. Nachgewiesen sind dabei Aufenthalte bei bekannten Alchemisten wie Sigmund Füger von Schwaz und beim Abt Johannes Trithemius (Bruno von Spanheim, Lehrer Agrippas). 1510 erlangte er in Wien den Grad eines Bakkalaureus der Medizin. Vermutlich gab es auch einen kurzzeitigen Aufenthalt in Ferrara zur Erlangung der Doktorwürde (wahrscheinlich im Jahr 1516). Unterlagen darüber wurden nicht gefunden, doch bezeichnete er sich später (und wurde von einem ehemaligen Kommilitonen so genannt) als Doktor beider Arzneien (Leib- und Wundarznei), also der Inneren Medizin und Chirurgie, was nur an wenigen italienischen Universitäten erfolgen konnte.

Als ihm der Rat von Basel 1527 eine Stelle als Stadtarzt anbot, blieb er dort nur ein Jahr, angefeindet u.a. deswegen, weil er seine medizinischen Vorlesungen in Deutsch statt auf Latein hielt. Um zu zeigen, wie sehr er gegen die rein theoretische Mediziner-Ausbildung der damaligen Zeit eingestellt war, verbrannte er öffentlich die Bücher Galens und Avicennas. Vor einem diesbezüglich drohenden aussichtslosen Gerichtsverfahren floh er im Februar 1528 in das Elsass. In diese Zeit fiel die ab 1529 belegte Namensänderung zu Paracelsus – vermutlich eine latinisierte Form von „Hohenheim“[5], mit griechisch para „bei, an, von“ und lateinisch celsus „hochragend, hoch, erhaben“, nach anderer Lesart „über den antiken Celsus hinausgehend“.

Immer wieder begab er sich zu militärischen Schlachten, da er bei den Verwundeten die Anatomie des menschlichen Körpers gut studieren konnte. In Salzburg fand er schließlich so etwas wie eine Heimat.

Paracelsus[6]
Porträt des Paracelsus von Hirschvogel, 1538

Lehren

Er war Wegbereiter der Mikrochemie, der Antisepsis/ Wundbehandlung und der Klassifikation von Krankheitstypen, d.h. als genauer Beobachter, Analytiker und Empirist Pionier der heutigen Schulmedizin. Zugleich war er aber auch ein gottgläubiger Mystiker und Traditionalist, dadurch ein Pionier der heutigen Naturheilkunde und Homöopathie. Er befand sich historisch vor der Weggabelung von Geistes- und Naturwissenschaften. Astrologie spielte für ihn eine Schlüsselrolle, galt ihm als Königin der Wissenschaften überhaupt: das "Licht der Natur" entstamme ursprünglich dem Gestirn; und "ohne die astronomia mag kein kunst wol volendet werden." Das Wesen einer Arznei sah er im Siderischen (d.h. in den Sternenkräften) begründet. Grundsätzlich erkranke der Mensch am Gestirn und werde ebenso geheilt durch das Gestirn.

Mehrere Passagen seiner Texte widmeten sich der Konstruktion von Talismanen zu Heilzwecken. Er erfand auch ein sogenanntes, anscheinend hebräisch inspiriertes Alphabet der Magi, um auf Talismanen Engelsnamen einzugravieren.

Der Tod alchemistisch gesehen[7]

Krankheit verstand er grundsätzlich als eine körperlich gewordene "böse Idee". Diese somatisiere sich über die Seele (der Mittlerin zwischen Körper und Geist), über deren Sündigwerden bzw. via negativer imaginatio (Vorstellung) und Suggestion (Einbildungskraft). Umgekehrt ließ sich durch die Seelenkräfte von Imagination und Phantasie "psychosomatisch" auch Heilung erreichen. Der entscheidende Zweck einer Krankheit sei die Selbsterkenntnis. Immer wieder sprach er von einem (feinstofflichen) "siderischen" Leib des Menschen. Dieser sei der Träger der tierischen Leidenschaften und morphologisch um unser eigentliches Wesen - die göttliche Seele - herum gewebt, bilde eine Art Seelenhülle. Dieser Astralleib benötige keinen Schlaf und sei fühlbar u.a. im Traum; er sei instinkt- und triebhaft, gebildet aus dem Stoff der Emotionen und entspreche als inneres Firmament dem äußeren Himmel. So würden die Planeten und ihre Kräfte als psychische Organe auch im Individuum wirken: "Im Menschen nämlich sind Sonne und Mond und alle Planeten..."

Die traditionelle Viersäftelehre (Humoralpathologie) kritisierte er heftig, beschrieb stattdessen Charakter und Dynamik der vier Elementarwesen: Salamander (dem Feuer entsprechend), die Gnome (Erde), Undinen (Wasser) und Sylphen (Luft).

Ganz fortschrittlicher und moderner Humanist, verlieh er der menschlichen Individualität und Freiheit klare Priorität: "Eher artet Mars dem Menschen, als der Mensch Mars nach. Denn der Mensch ist mehr als Mars und andere Planeten." Und er wagte sogar den Satz: "Die Gestirne im Menschen regieren die Gestirne am Himmel..." Zur Frage der Verursachung äußerte er dezidiert: "Der äußere Himmel ist ein Uhrzeiger des inneren" - was schon sehr nach der Synchronizitätstheorie C.G. Jungs klingt. "Die (physischen) Astra ... sind bloß Zeitsignale oder das Vorbild ... des inneren Firmaments. Sie gewaltigen gar nichts in uns, sie eynbilden nichts; sie sind frey für sich selbst und wir frey für uns." Damit erteilte er der verbreiteten Schicksalsgläubigkeit (dem Determinismus) eine klare Absage - und bereitete der heutigen Psychologischen Astrologie den Weg.

Grundsätzlich vertrat er die Ansicht, dass eine Heilung ohne astrologische Kenntnisse nicht möglich sei. Berühmt ist seine Aussage: "Der äußere Himmel dient als Wegweiser des inneren Himmels. Mensch und Himmel gehören zusammen als ein Ding. Wer will denn ein Arzt sein, der den äußeren Himmel nicht kennt? Aus dem äußeren Himmel muss der Arzt den inneren einsehen, um daraus für den Kranken zu bilden das innere Firmament (= die richtige Arznei)".[8]

Schon der Cusaner (Nicolaus Kues) hatte das Verhältnis zwischen Makrokosmos und Mikrokosmos als Paralellität betrachtet - d.h. nicht mehr wie früher als bloße (mechanistische) Abhängigkeit zwischen dem "Oben" und dem "Unten". Paracelsus formulierte den Zusammenhang nun dynamisch und ganzheitlich: "Es gibt nichts im Himmel noch auf Erden, was nicht auch im Menschen sei", unterschied einen äußeren vom inneren Himmel, erweiterte damit die vertikale Mikro-Makrokosmoslehre um eine horizontale Dimension: "Alles was außen ist, ist auch innen".

Salz, Quecksilber und Schwefel[9]

Werke (Auswahl)

Die meisten seiner Schriften wurden erst posthum veröffentlicht. Zu seinen Lebzeiten war Paracelsus weitgehend unbekannt.

  • Practica gemacht auff Europen. Nürnberg, Friderich Peypus, 1529
  • Prognosticatio Ad Vigesimum quartum annum duratura. Augsburg, Heinrich Steyner, 1536 Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek'
  • Prognostication auf 24 jar zukünftig. Augsburg, Heinrich Steyner, 1536 ; ed. Karl Sudhoff, München, R. Oldenbourg, 1928
  • Das Buch Paragranum. Frankfurt, Christian Egenolff, 1565 Digitalisat der BSB München; ed. Karl Sudhoff, München, Barth, 1924
"Unnd so ist uns der eusser Himmel ein wegweiser des innern Himmels. Wer wil dann ein Artzt sein, der den eussern Himmel nit erkent ? Dann im selbigen Himmel sind wir, unnd er ligt uns vor den Augen, und der Himmel in uns, ligt uns nit vor den Augen, sonder hinder den Augen" (p.47v)
  • Astronomica Et Astrologica, Des Edlen, Hochgelährten, Wolerfahrenen Herren, Doctor Aureoli Theophrasti von Hohenhaim, Paracelsi genandt, &c. Opuscula aliquot, jetzt erst in Truck geben und nach der Vorred verzeichnet, Cöln, 1567 Hrsg. Balthasar Floeter Digitalisat
  • De Praesagiis, Vaticiniis & Divinationibus Astronomica item & Astrologica Fragmenta lectu jucunda & utilia. ed. Gerhard Dorn, Basel, Petrus Perna, 1569 Digitalisat der BSB München
U.a. über Divination
Practika Europen, 1529
  • Archidoxa. München, Adam Berg 1570
  • Astronomia magna, oder Die gantze Philosophia sagax der grossen und kleinen Welt Frankfurt, gedruckt von Martin Lechler für Hieronymus Feyerabend, 1571
  • Labyrinthus medicorum (Vom Irrgang der Ärzte), Insel-Buecherei Nr. 366, Insel-Verlag zu Leipzig (Hans Kayser)
Paracelsus[10]

Siehe auch

Weblinks

Paracelsus spiritualisierte den Stoff, indem er diese geistigen Kräfte zu den wahren Elementen und Prinzipien erklärte, während die Elemente im gewöhnlichen Sinn und die chemischen Substanzen lediglich die kristallisierten Niederschläge dieser Kräfte waren...

Sekundärliteratur

Quellen und Anmerkungen

  1. Siehe auch Oswald Crolls Basilica chymica
  2. Gemälde von Augustin Hirschvogel, 1538. Im Knauf seines Wanderstocks bewahrte er angeblich seine Droge (ein Opiat, Laudanum?) auf. Laudanum war ein von ihm selbst entwickeltes, bis in die Neuzeit hinein gebräuchlichhes Heilmittel zur Stimmungs-Aufhellung
  3. Die Datenquelle hat lediglich Rodden Rating XX, d.h. sie ist höchst spekulativ
  4. Aus dem Astro-Portrait von Holger Faß
  5. Hohenheim gehört heute zu Stuttgart
  6. Zeichnung von Hans Holbein dem Jüngeren, 16. Jahrhundert
  7. Darstellung der alchemistischen "Tria Principia": Sonne, Mond und Mercurius (= zwischen den Füßen des Skeletts). Siehe auch Anthrowiki: Tria Principia
  8. Teilweise übernommen von "Pioniere neuzeitlicher Astrologie", Artikel Richard Vetters (2001)
  9. Symbole der drei Prinzipien (Tria Principia) von Alchemie und Spagyrik
  10. Eines der wenigen authentischen Portraits von ihm; ca. 1540