Planetenbild

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Symmetrieachse der Halbsumme von Mars und Venus[1]

Die spezielle Deutungsmethode des Planetenbildes[2] ist die wichtigste Grundlage der Hamburger Schule.

Definition

Es wird wie eine algebraische Formel geschrieben, a + b = c + d und kann entsprechend umgestellt werden. Dadurch entstehen Summen, Differenzen und Halbsummen. a, b, c und d sind Platzhalter für die 22 Faktoren von MC bis Poseidon. Eine Halbsumme entsteht, wenn eine Summe (a + b) mit 2 dividiert wird.

Die 22 Faktoren bilden mit sich selbst und mit jedem anderen Faktor in 'schrumpfender' Summandenzahl eine Halbsumme. Daraus werden 253 Halbsummen. Jede der 253 Halbsummen formt mit sich und mit jeder anderen Halbsumme in 'schrumpfender' Summandenzahl ein Planetenbild. Daraus werden 32.131 mögliche Planetenbilder. Etwa 25 % davon liegen als Textbausteine vor.[3]

Ausgangspunkte für ein Planetenbild sind zwei Halbsummen je zweier Horoskopfaktoren. Diese können folgendermassen miteinander in Beziehung stehen [4]:

Grafische Darstellung Beschreibung Halbsummen
(Planetenbild)
Deutung[4]
Planetenbild Hexadecil.gif
Horoskopfaktoren stehen im Winkelabstand eines Semihalbquadrats (1/16 des Tierkreises = 22°30') oder einem Vielfachen davon A|A = B|B
Planetenbild Dreieck.gif
Halbsummenpunkte bilden einen Aspekt, z.B. ein Quadrat MC|Jup.gif=Mar.gif|Urg.gif Ich fühle mich glücklich bei technischer Arbeit, die meine Spontanität anspricht. Meine Kreativität in der Arbeit stimmt mich froh und optimistisch
Planetenbild Trapez.gif
Jeweils zwei Faktoren spiegeln über eine gemeinsame Symmetrieachse und bilden je eine Halbsumme. Deren Positionen liegen aufeinander. Vier Faktoren mit einer Linie verbunden ergeben ein Trapez[5] AC|Sat.gif= Rah.gif|Plu.gif Andere bremsen, verzögern die Entwicklung einer Verbindung. Umgekehrt formuliert: Die Entwicklung einer Verbindung oder Beziehung wird durch andere erschwert. Andere hemmen, bremsen, verzögern, belasten, haben Bedenken, distanzieren sich, gehen auf Abstand. Andere brauchen viel Zeit, um sich auf die Veränderung einer Verbindung einzulassen
Planetenbild Rechteck.gif
Vier Faktoren in den Ecken eines Rechtecks. Sie gruppieren sich um zwei Symmetrieachsen. Die vier Faktoren bilden vier Halbsummen Vier Halbsummen formen fünf Planetenbilder

Sun.gif|Lun.gif = Zeus|Kronos

Sun.gif|Lun.gif = Sun.gif|Zeus

Sun.gif|Lun.gif = Lun.gif|Kronos

Sun.gif|Zeus = Zeus|Kronos

Sun.gif|Zeus = Lun.gif|Kronos

In der Freundschaft, Partnerschaft und Ehe insbesondere geht es um Richtung, Ziele und Niveau. Der Mann will nach vorn, verfolgt Ziele, leitet an, nennt die Richtung. Die Frau bestimmt das Niveau, hat die Kompetenz, ist die Herrin im Haus

Historische Aspekte

Der Ursprung bzw. der erste gedankliche Ansatz für Planetenbilder ist unklar. Bekannt wurde in der Astrologie um 150 v.Chr. (?) die Formel

a + b - c = x

Der Platzhalter „x" wurde in der hermetischen Lehre „Los", auch „planetarisches Los", „hermetisches Los", „Kleroi, Kleros" (griechisch), „locus", „pars" (lateinisch) genannt. Die Lose sollen von Critodemus (Kritodemos), Praxidikos, und Nechepso-Petosiris (vielleicht nur Namensgeber?), um 150 v.Chr.[6] erstmals entwickelt worden sein. Auf sie nehmen spätere Autoren Bezug:
Vettius Valens, um 120 bis 185 n.Chr.: „Von den Längen des Horoscopos[7]: Sonne, Mond und Planeten werden als Punkte auf der Ekliptik berechnet, die für den Geborenen ohne Frage wichtig sind. Die Position des Daimon (Glückslos) wird aufgrund der Positionen des Aszendenten, der Sonne und des Mondes wie folgt gefunden:"

x = Aszendent + Mond - Sonne (Tag)
x = Aszendent - Mond + Sonne (Nacht)[8][9]

Überliefert sind u.a. von Claudius Ptolemäus (um 100-175 n. Chr.) Formulierungen wie „.. Befindet sich nun also eines der Lichter in einem Eckhause und nahe bei ihm ein Uebeltäter, oder dieser befindet sich genau in der gleichen Entfernung von beiden Lichtern, so dass er mit den Lichtern zusammen ein Dreieck mit zwei exakt gleichen Seiten bildet, und es kommt kein Aspekt eines Wohltäters hinzu, während der Herr der Lichter im Hause der Übeltäter sich befindet, so schlägt die Ernährung nicht an und das Kind stirbt bald." und an anderer Stelle „... Um soviel Grade Sonne und Mond voneinander entfernt sind, so groß ist der Zwischenraum zwischen dem Aszendenten und dem Glücksrad."[10] Ähnlich lautende Beschreibungen der Gleichungen, die sich auf dieselben ägyptisch-griechischen Autoren beziehen, finden sich in verschiedenen Werken.[11][12][13][14]

Arabische Punkte

Eine Weiterentwicklung erfolgte durch die Arabische Astrologie. In Bagdad (Madi-nat as-Sala-m, „Stadt des Friedens"), gegründet im Jahre 762 vom abbasidischen Kalifen Al-Mansur als neue Hauptstadt des islamischen Reichs, konstituierte man ein Gelehrtenhaus (bayt al-Hikma, „Haus der Weisheit"). Dort übersetzte z.B. Theophil von Edessa, viele der vorhandenen wissenschaftlichen Bücher ins Arabische, darunter auch die ptolemäischen und aristotelischen Fundamente aus Griechenland, und baute sie aus.[15][16]

Die meisten Werke, etwa die von Abu 'Ali al-Khayyat/ Albohali (um 770-840), wurden Jahrhunderte später ins Lateinische übertragen, z.B. um 1136 von Plato von Tivoli, um 1153 von Johannes Hispalensis, um 1260 von Guido Bonatus), und noch später ins Englische (um 1675 von William Lilly).

Weiterentwicklung Zwanzigstes Jahrhundert

  • „Bedeutsame Punkte" nennt Karl Brandler-Pracht die „Arabischen Punkte", die er 1905 erstmals im deutschsprachigen Raum in seinem Buch vorstellt und deren Berechnung erklärt[17]
  • Sensitiver Punkt" nennt Brandler-Pracht sie in seinem Artikel „Die sensitiven Punkte der Ekliptik"[18]
  • Albert Kniepf griff das Thema aus der englischen Literatur für den deutschsprachigen Raum auf und formulierte: "... eine Verletzung der Sonne durch Mars, der Aszendent kommt nämlich in die Mitte zwischen beiden!"[19]
  • „Planetenbild"
    Alfred Witte (1878-1941) erkennt in den Formulierungen (a - b + c = x und a + b - c = x und a+b = c+c) eine algebraische Gleichung, die er Planetenbild[2] ,und deren Glieder er „Halbsumme" nennt.[20]
Für Witte ist der „x"-Punkt ein sensitiver Punkt, ein Platzhalter für einen Faktor in der Radix, Progression, sonnenbogendirigiert und/oder transitär. Er muss in einem Winkel von 0°, 22°30' oder einem Vielfachen besetzt sein, um das Planetenbild zu schließen.

Rechenbeispiel

Beispielhoroskop: Hermann Hesse

Übungshoroskop Hermann Hesse (*2.7.1877, 17:54 WZ/UTC, Calw, D):

- Sonne 10°52' Krebs (= 100°52')
- Mond 28°11' Fische (= 358°11')
- Aszendent 19°57' Schütze (= 259°57')

Nach Ptolemäus: Wir berechnen die Abstände (Differenzen) zwischen „Mond-Sonne" und „Sonne-Mond":

Mond 358°11' - Sonne 100°52' = 257°19'
Sonne 100°52' (+ 360°00') - Mond 358°11' = 102°41'

Wir addieren die Abstände zum Aszendenten:

Aszendent 259°57' + 102°41 = 362°38' = 2°38' Widder (2°38') („Glücksrad")
Aszendent 259°57' + 257°19' = 517°16' - 360° = 157°16' = 7°16' Jungfrau (22°16') („Glücksrad")

Nach Witte: Daraus ergeben sich folgende Gleichungen (Planetenbilder), wir rechnen im 30°-Modus:

AS + Mond = Sonne + 7°16 Jungfrau („Glücksrad", „arabischer", „sensitiver" Punkt)
18°08' .......... 18°08' (Summe)
09°04' .......... 09°04' (Halbsumme)

AS+MO-SO, Übersetzung (Vorschlag im „Regelwerk für Planetenbilder", S. 166): „Persönliche Bekanntschaft mit Frauen. Leicht Bekanntschaften schliessen. Viel Wechsel in den Bekanntschaften. Weibliche Verwandte des Geborenen."

und

Sonne + AS = Mond + 2°38' Widder („Glücksrad", „arabischer", „sensitiver" Punkt)
00°49' ............ 00°49' (Summe)
00°24,5' ......... 00°24,5' (Halbsumme)

SO+AS-MO, Übersetzung (Vorschlag im „Regelwerk für Planetenbilder", S. 146): „Körperliche Beziehung zu Frauen oder Umgang mit ihnen."

Beispiele für „sensitive Punkte", wenn sie von einem Faktor t besetzt werden.

17.10.1895: Hesse beginnt eine Lehre in der Buchhandlung und dem Antiquariat Heckenhauer in Tübingen.

Besetzt werden die Punkte (in Klammern Werte im 22°30'-Modus)
Sonne t 1°45' Waage (1°45'): Sonne r + ASr = Mond r + Sonne t, mein Tagesablauf heute
Knoten t 10°30' Fische (3°00'): Sonne r + ASr = Mond r + Knoten t, meine Kontakte heute
Mars t 22°13' Waage (22°13'): AS r + Mond r = Sonne r + Mars t, betrifft meine Tätigkeit

3.11.1914: Hesse veröffentlicht in der „Neuen Zürcher Zeitung" den Aufsatz „O Freunde, nicht diese Töne", die deutsche Presse attackiert ihn, Hassbriefe gehen bei ihm ein und alte Freunde sagen sich von ihm los.

Besetzt werden die Punkte (in Klammern Werte im 22°30'-Modus)
Saturn 01°59' Krebs (01°59'): Sonne r + ASr = Mond r + Saturn t, betrifft Trennung
Pluto 02°02' Krebs (02°02'): Sonne r + ASr = Mond r + Pluto t, Meinungsumschwung
Admetos 29°28' Fische (21°58'): AS r + Mond r = Sonne r + Admetos t, Stillstand

8.03.1916: Tod seines Vaters

Besetzt werden die Punkte (in Klammern Werte im 22°30'-Modus)
Uranus 17°28' Wass. (02°28'): Sonne r + ASr = Mond r + Uranus t, betrifft Aufregung
Pluto 01°14' Krebs (01°14'): Sonne r + ASr = Mond r + Pluto t, Meinungsumschwung

25.4.1919, Umzug nach Sorengo oberhalb des Muzzaner Sees

Besetzt werden die Punkte (in Klammern Werte im 22°30'-Modus)
Venus 09°46' Zwill. (02°16'): Sonne r + ASr = Mond r + Venus t, Harmoniestunde heute
Admetos 03°00' Widder (03°00')Sonne r + ASr = Mond r + Admetos t, Ruhestunde

11.5.1919 Umzug nach Montagnola

Besetzt werden die Punkte (in Klammern Werte im 22°30'-Modus)
Merkur 23°59' Widder (01°29'): Sonne r + ASr = Mond r + Merkur t, Fahrzeug heute
Admetos 03°11' Widder (03°11'): Sonne r + ASr = Mond r + Admetos t, Ruhestunde
Arbeitsmittel bzw. Drehscheiben der Hamburger Schule

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Alfred Witte und Hermann Lefeldt et al.: "Regelwerk für Planetenbilder." 5. Auflage, 375 Seiten, Ludwig Rudolph (Witte Verlag) Hamburg, 1959
  • Ilse Schnitzler; Hermann Lefeldt: "Lexikon für Planetenbilder." Ludwig Rudolph (Witte Verlag) Hamburg, 1957
  • Hermann Lefeldt: "Methodik der astrologischen Häuser und Planetenbilder." Band 1: Häuser. Ludwig Rudolph (Witte Verlag) Hamburg, 1962
  • Ruth Brummund und Udo Rudolph: Handbuch zur Astrologie Hamburger Schule. 1. Auflage, Hamburg, Ludwig Rudolph (Witte-Verlag), 1985.

Quellen und Anmerkungen

  1. Teil eines Planetenbildes
  2. 2,0 2,1 Der Begriff "Planetenbild" wird in der Astrologie erstmals von Witte gewählt in seinem Artikel „Die Auswertung des Erd-Horoskops und die Auslösung seiner sensitiven Punkte", in „Astrologische Rundschau", Leipzig, XI. Jahrgang, August-September 1921, Heft 11/ 12, Seite 172
  3. Alfred Witte, Ludwig Rudolph, Friedrich Sieggrün, Hermann Lefeldt: Regelwerk für Planetenbilder 5. Auflage, Ludwig Rudolph (WITTE-Verlag), Hamburg 1959, S. 23ff, ISBN 392080709X
  4. 4,0 4,1 Karsten F. Kröncke: Einführung in die Planetenbilder(astrax.de)
  5. Die Huber-Schule nennt das Trapez "Wiege"
  6. Die Jahreszahl "um 150 v.Chr." könnte stimmen. Es wird angenommen, dass im ersten Jahrhundert v.Chr. der Grieche Diophantus, auch Diophant von Alexandrien genannt, die Algebra begründete. In seinem 13 Bände umfassenden Werk Arithmetica wird die algebraische Methode, also das Rechnen mit Buchstaben, zuerst verwendet.
  7. Mit „Horoscopos", Stundenanfang, ist die Position des Aszendenten gemeint.
  8. Otto Neugebauer, H. Bartlett van Hoesen: Greek Horoscopes. Philadelphia 1959, 1987, S. 8-9, 185 (Critodemus)
  9. Otto Schönberger und Eberhard Knobloch: „Blütensträusse." (Vettius Valens, Anthologiae), 378 S., Chiron Verlag, Tübingen 2005
  10. Tetrabiblos, vierbändiges Grundlagenwerk der Astrologie von Ptolemäus. Nach der von Philipp Melanchthon ins Griechische und Lateinische verfassten Ausgabe (1553) ins Deutsche übersetzt von M. Erich Winkel, Linser Verlag, Berlin 1923, Buch 3, S. 28, 33. Neuauflage: Chiron-Verlag, Mössingen 2000, 282 Seiten. S. 160, 166; ISBN-10: 3925100172, ISBN-13: 9783925100178
  11. CCAG, Catalogus Codicum Astrologorum Graecorum, Aedibus Academiae, Brüssel, Lamertin, 1898-1953, Band 7: F 30-31, Excerpta ex Nechepsone et Petosiride de Solis et Lunae defectionibus, S. 129-151. Download
  12. Ernst Riess: Nechepsonis et Petosiridis fragmenta magica, in: Philologus, supplement 6, Göttingen 1892, S. 325-394. Download
  13. Marcus Manilius, um 8 v.Chr. - 22 n.Chr., übersetzt von Wolfgang Fels: Astronomica/ Astrologie, Reclams Universal-Bibliothek 8634, 531 S., Stuttgart 1990, 2008; Ditzingen, Mai 2012, S. 211-213
  14. Dorotheos von Sidon, um 20 n.Chr. (übersetzt von Viktor Stegemann: Die Fragmente des Dorotheos von Sidon. Selbstverlag F. Bilabel, Heidelberg 1939, S. 45: „...es handelt sich um das al-Qasranizitat über das Glückslos...")
  15. „Araber", zusammengestellt von Dr. Hubert Korsch, in ZENIT, 6. Jahrgang, 1935, Seite 195.
  16. Bagdad löste ab 762 Damaskus als Hauptstadt ab, wurde politisches und intellektuelles, religiöses und kosmopolitisches Zentrum der Welt und wuchs zur damals größten Stadt heran mit über einer Million Einwohner, als Metropole eines Imperiums, das sich vom Atlantik bis nach China ausdehnte.
  17. Karl Brandler-Pracht: „Mathematisch-instruktives Lehrbuch der Astrologie." (Sterndeutung zur Geburtszeit.) 220 S., mit 3 ausklappbaren Zeichnungen im Grossformat, Verlag von Max Altmann, Leipzig, 1905, S. 13, 87-91
  18. In: „Zodiakus". Erste deutsche Zeitschrift für wissenschaftliche Astrologie. Fr. Paul Lorenz Verlag, Freiburg/ Breisgau, Heft 1, Juli 1909, S. 7
  19. Albert Kniepf: „Zur Begründung der Horoskopie." in „Zodiakus", 1. Jahrgang, 3. Heft, September 1909, S. 73, Fr. Paul Lorenz Verlag, Freiburg/Breisgau
  20. Der Begriff „Halbsumme" in der Astrologie wird erstmals von Witte gewählt in seinem Aufsatz „Der erste Transneptunplanet Cupido", in: „Astrologische Blätter", Berlin, V. Jahrgang, Monat Juli 1923, Heft 4, Seite 52