Richard James Morrison

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Richard James Morrison: Zadkiel I

Der Seemann, Astrologe und Astronom Richard James Morrison, bekannt unter dem Pseudonym Zadkiel, wurde am 15.6.1795 um 9:45 Uhr LMT[1] in Winchmore Hill bei Enfield[2] geboren.[3]
Er starb am frühen Morgen des 8.2.1874 in Kingston upon Thames. [4]. Manche nennen ihn den berühmtesten Astrologen des 19. Jahrhunderts.

Biographie

Morrisons Geburtshoroskop

Bereits im Alter von elf Jahren verpflichtete er sich bei der Navy, wurde 1815 zum Leutnant befördert und schied 1817 aus, als die Napoleonischen Kriege beendet waren. Ende der 1820er Jahre ist sein Dienst bei der Küstenwache überliefert, er erhielt eine Tapferkeitsmedaille für die Rettung Schiffbrüchiger.[5] In späteren Schriften wird er meist mit dem Titel "Commander" zitiert. Es wird berichtet, dass Morrison mit Bedacht in den englischen Ritteradel einheiratete.[6]

Ab Mitte der 1820er Jahre begann er sich für die Astrologie zu interessieren, inspiriert durch Robert Cross Smith (Raphael I) Schrift The Prophetic Messenger. Bald darauf begann er selbst Almanache zu veröffentlichen, ab 1830 erschien sein Herald of Astrology, 1836 umbenannt in Zadkiel's Almanach. Er schrieb nun unter dem vollen Pseudonym Zadkiel Tao-Sze. Der Almanach erreichte oft jährliche Auflagen von 100.000 bis 200.000 Exemplaren und war damit überaus beliebt. Morrison war sehr bestrebt, seine Identität als Zadkiel geheim zu halten, da Astrologie als Wahrsagerei verboten war[7], und er in den wissenschaftlich-meteorologischen Kreisen, wo er verkehrte, sein Ansehen wahren wollte. Erst anlässlich eines Gerichsverfahrens 1861 wurde seine Identität als Zadkiel offenbar, was ihn als seriösen Wissenschaftler diskreditierte, obwohl er den Prozess gewann (s. u.).[8]

Neben der Astrologie beschäftigte er sich mit weiteren okkulten Themen, wie Kopfformkunde (Phrenologie), Spiritismus und Wahrsagen.[5] Er soll dazu sogar eine Bergkristallkugel besessen haben.[9] Er war leitendes Mitglied der okkulten Orphic Brotherhood[10] (oder auch Orphic Circle), von der angenommen wird, dass sie die Nachfolgevereinigung des Mercurii ist, einem astrologischen, magisch aufgeschlossenen Zirkel, den Morrison zusammen mit Robert Cross Smith (Raphael I) bis zu dessen Tod 1832 leitete.[11] Mitglieder des Orphic Circle waren unter anderem die Spiritistin und Theosophin Emma Hardinge Britten[12], der Schriftsteller Lord Edward Bulwer-Lytton[13], sowie der Historiker und Wahrsager Philip, 5. Earl von Stanhope.[14] Diese Gesellschaft war, nach Aussage Brittens, stark darauf bedacht geheim zu bleiben und so ihre Mitglieder zu schützen.[11]

Horoskopzeichnung für Zadkiel 1856[15]

Astrologie

Zadkiel ist, neben seinem Almanach, auch Verfasser von Ephemeriden und einigen einflussreichen Astrologiebüchern. Seine Hauptwerke sind "The Grammar of Astrology" sowie das "Hand-Book of Astrology". Bekannt ist auch seine Bearbeitung von William Lillys "An Introduction to Astrology". Neben Robert Cross Smith und William Joseph Simmonite ist Morrison der dritte bedeutende englischsprachige Astrologe in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Gerade durch seine Almanache trug er sehr zur Wiederbelebung der Astrologie bei.

Er beschäftigte sich unter anderem mit dem Problem der Art des stellaren Einflusses. Während er Ereignishoroskope und Geburtshoroskope als wirkende Ursache im Sinne der Kausalität sah, betrachtete er die Sterne bei Fragehoroskopen, denen kein gleichzeitiges Ereignis zugrunde lag, als symbolisch.[16]

Kampf für die Anerkennung der Astrologie

Von Beginn an war Zadkiel von der Wissenschaftlichkeit der Astrologie überzeugt. Eine erste seiner Initiativen, der Astrologie auch in naturwissenschaftlichen Kreisen Gehör zu verschaffen, war die Gründung der British Association for the Advancement of Astral Science and Protection of Astrologers 1844. Angeblich soll die Gesellschaft bereits ein Jahr später 107 Mitglieder gehabt haben, doch hörte man später nichts mehr über sie.[17] Seriöse Astrologen werden in den Statuten der Gesellschaft als "Gelehrte mit mathematischen Kenntnissen der Trigonometrie, Astronomie usw." beschrieben. 1852 versuchte Morrison, diejenige Astrologie, die mit wissenschaftlichem Anspruch und von Ehrenleuten betrieben wurde (die sogenannte "bürgerliche Astrologie"), aus dem Wahrsage-Verbot des Landstreicher-Gesetzes herauszulösen, und verfasste hierfür eine Petition an das britische Parlament, mit Unterstützung des angesehenen Lord Grosvenor. Anscheinend jedoch wurde es "vergessen", diese Petition auf die Tagesordnung zu setzen, so dass die Initiative im Sande verlief.[17]

In seiner Schrift The new principia, or, True system of astronomy: in which the earth is proved to be stationary centre of the solar system... schoss er mit seiner Ambition, ein astrologisch fundiertes Weltmodell in der Astronomie anerkannt zu bekommen, über das Ziel hinaus. Er versuchte, das Newtonsche Weltbild, das auf dem heliozentrischen des Kopernikus fußte, wieder durch ein geozentrisches zu ersetzen.[6]

Astrometeorologie

Da Morrison auch Wetterastrologie betrieb, wurde er Mitglied der 1823 gegründeten Londoner Meteorological Society. Zusammen mit anderen Mitgliedern wurde am 2.6.1848 eine gleichnamige Meteorological Society of London beschlossen, zu derem Ersten Vorsitzenden er am 10.8. des Jahres gewählt wurde. Diese Gesellschaft hatte sich unter anderem auf die Fahnen geschrieben, auch die Ursachen der Wetteränderungen zu ergründen; der Schriftführer William H. White erwog ausdrücklich auch astrologische Ursachen. Nur kurzlebig, wurde diese Gesellschaft jedoch bereits 1850 wieder aufgelöst.[18] 1860 gründete Morrison zusammen mit White die Astrometeorological Society, zu deren Mitgliedern auch Alfred John Pearce gehörte, später als Zadkiel II bekannt.[16]. In der Vereinigung waren zu Beginn sowohl Meteorologen, Astronomen und Astrologen vereint.

Zadkiels Hand-Book of Astrology Vol. II[19]
Zadkiel-Almanach von 1852

Prognosen

Bekannt ist heute noch Zadkiels Prognose von 1861, als er Queen Victoria ein schlechtes Jahr und ihrem Prinzgemahl Albert Krankheit vorhersagte, und dieser prompt kurz darauf starb. Morrison wurde vom Redakteur des London Daily Telegraph, Edward Belcher, deswegen der Hochstapelei angeklagt; ihm wurde unterstellt, seine Vorhersage nicht durch die Astrologie, sondern mithilfe einer Kristallkugel gewonnen zu haben[6], dies hätte Wahrsagerei im verbotenen Sinne bedeutet. Er wurde jedoch freigesprochen und erhielt eine Entschädigung von zwanzig Shilling.[20]

Publikationen

  • Narrative of the loss of the Rothsay Castle steam packet: in Beaumaris Bay 36 Seiten. Simpkin & Marshall, 1831
  • The Grammar Of Astrology: Containing All Things Necessary For Calculating A Nativity 234 Seiten. 1834; Cornish, 1849; 1901; 1927; Kessinger Publishing, 2003 ISBN 978-0766158825
  • An Introduction to Astrology by William Lilly, being the whole of that Celebrated Author's Rules for the Practice of Horory Astology Sherwood, Gilbert and Piper, London 1835; H.G. Bohn, London 1852 online bei archive.org; 1887; Newcastle Publishing, Hollywood (CA) 1972
  • Tables to be used in calculating nativities, also Tables of Houses for London and Liverpool 64 Seiten. 1834; James Cornish, London 1850 Google-Digitalisat; BiblioBazaar, 2010 ISBN 978-1141616602
  • The comet: a Large Lithographic Map of the True Course of Encke's Comet, with a Letter to the Members of the Royal Astronomical Society 1837; 1860
Zadkiel-Cartoon (1863)
  • Zadkiel's legacy: containing a full and particular judgment on the great conjunction of Saturn and Jupiter on the 26th of January 1842 58 Seiten. Sherwood and Co., 1842
  • An Essay on Love and Matrimony Selbstverlag, London 1851 Google-Digitalisat; Kessinger Publishing, LLC, 2008 ISBN 978-1436771306
  • The Sun, moon, & planets, or the solar system as it is, and not as it is represented 214 Seiten. J.G. Berger 1857
  • How to fortify London and nullify Cherbourg, a letter to Mr. Roebuck, M.P. W. Freeman, London 1858 Google-Digitalisat
  • The Astronomy in a Nutshell, or: the Leading Problems of the Solar System Solved by Simple Proportion... G. Berger, London 1860
  • The Hand-book of Astrology, Vol. I G. Berger, London 1861 Digitalisat bei archive.org; Pranava Books, 2008
  • The Hand-Book of Astrology Vol. II (Nativities). G. Berger, London 1864
  • On the great first cause: His existence and attributes 48 Seiten. George Berger, 1867
  • The new principia, or, True system of astronomy: in which the earth is proved to be stationary centre of the solar system... 64 Seiten. J.G. Berger, London 1868

Periodika

  • The herald of astrology for the year ... (1830-1835)
  • The Horoscope: a Weekly of Astrology (1834-1841)
  • Zadkiel's almanac for ... (ab 1836)

Siehe auch

Quellen und Anmerkungen

  1. Angabe aus Familienbibel), zeitgenössische Korrektur auf 9:54:30 Uhr LMT
  2. Heute nördlichster Stadtteil Londons
  3. Geburtsort und -zeit ergeben sich aus nebenstehender historischer Horoskopzeichnung eines anonymen Zeitgenossen Morrisons; der Geburtsort Enfield wird auch von James R. Lewis in seinem Astrology Book (2003) gestützt
  4. AstroDatabank: Geburtsdaten von Morrison zitiert in Pearce's Testbook, p.99, er gibt als Geburtsort Liverpool an. Rodden Rating AA
  5. 5,0 5,1 James R. Lewis: The astrology book: the encyclopedia of heavenly influences. 2003 S. 468
  6. 6,0 6,1 6,2 J.E.M. Latham: Search for a new Eden: James Pierrepont Greaves... S. 177
  7. Dieses Verbot geht auf den Vagrancy Act von 1824 zurück, der eigentlich die Eindämmung der Landstreicherei zum Ziel hatte. Tätigkeiten, die zu jener Zeit typischerweise mit Landstreichern in Verbindung gebracht wurden, kamen dabei mit unter Strafe. Astrologie fiel darunter
  8. History of Modern Weather Forecasting
  9. Terry Boardman: Philip Henry, Lord Stanhope, Geheimagent und okkulter Forscher; dieser Vortrag zitiert William Gregory
  10. History of the Adepts: Sir Richard Francis Burton History of the Adepts
  11. 11,0 11,1 Marc Demarest: Hypotheses On The Orphic Circle
  12. Wikipedia: Emma Hardinge Britten
  13. Wikipedia: Edward Bulwer Lytton
  14. Wikipedia: Philip Henry Stanhope
  15. In: Astrology as it is, not as it has been represented: a compendium Anonymus 1856, S. 134 Google Books
  16. 16,0 16,1 Wilhelm Knappich: Geschichte der Astrologie. Vittorio Klostermann, 1998 ISBN 3465029844 S. 303
  17. 17,0 17,1 Owen Davis: Witchcraft, magic and culture, 1736-1951. Manchester University Press, 1999 S. 62
  18. The Meteorological Societies of London. In: Weather, Vol. 48, Nov. 1993
  19. 1864
  20. answers.com