Schatten

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Der Schatten zwischen Ich und Unbewussten
Dr. Jekyll und Mr. Hyde als literarische Veranschaulichung des Schattenthemas[1]

Der Begriff Schatten ist zentral in der Analytischen oder Komplexen Psychologie Carl Gustav Jungs, der die moderne bzw. Psychologische Astrologie mit prägte. Man versteht darunter die verdrängten, ob positiven oder negativen, insbesondere die nicht bewussten Persönlichkeitsanteile.

Der Schatten bei C.G. Jung

Ziel einer Schatten-Behandlung ist, den zunächst unbewussten Schatten bewusst zu machen, um ihn zu integrieren und so zu einer vollständigeren bzw. bewussteren Persönlichkeit zu werden.

Ich möchte lieber ganz sein als gut (C.G. Jung)
Der Schatten ist alles das, was du auch bist, aber auf keinen Fall sein willst (C.G. Jung)
Zwei "Schatten" als Teilnehmer in einem nett-harmlosen Rendevouz

Manifestation

Schattenthemen treten in Erscheinung als:

  • Verdrängte problematische Persönlichkeitsanteile und Kindheitserfahrungen
  • Projektion nichtbewusster persönlicher Eigenheiten und Eigenschaften auf andere
  • Träume, die verschlüsselt nichtbewusste Persönlichkeitsteile abbilden
  • Figuren aus Literatur, Sagen und Mythen, wie auch der Geschichte.
    Veranschaulichungen sind hier Mephistopheles als Gegenspieler/ die dunkle Seite von Goethes Faust, Dr. Jekyll und Mr. Hyde, die feindlichen Brüder Kain und Abel, Siegfried und Hagen, der Kampf der Mächte des Lichts gegen die der Finsternis.

Verdrängt und abgewehrt werden können auch Talente und Begabungen (d.h. Positives), die mangels Mut, Selbstvertrauen oder aufgrund der aktuellen Lebensumstände, wegen Rollen- und gesellschaftlicher Konventionen nicht gezeigt werden.[2]

Umgang mit Schattenanteilen

Trotzdem Schattenthemen unterbewusst sind, sind sie mit dem bewussten Ich aufs Engste verbunden. Es kann sich dabei um etwas handeln, was von der Gesellschaft abgelehnt wird, aber auch um etwas, was dem persönlichen Wertesystem nicht entspricht. Weil der Schatten als nicht zur eigenen Persona gehörig empfunden wird bzw. dieser sogar diametral entgegensteht, wird er gerne auf andere projiziert. Das bedeutet, dass man die bei sich selbst abgelehnten Eigenschaften nur bei anderen deutlich wahrnimmt. Dass es sich um Schattenanteile handelt, erkennt man oft an der Heftigkeit der Reaktion: So kann die glühende Verehrung für einen anderen Menschen darauf hinweisen, dass die eigene Großartigkeit nicht gesehen wird. Das Gleiche gilt für das andere Extrem, beispielsweise den ständigen Ärger mit dem Nachbarn: Man will dann dabei einfach nicht wahrhaben, dass man selbst dieselben Eigenschaften aufweist wie der böse/blöde andere.

Schattenanteile sind somit vernachlässigte und dadurch oft verkümmerte Persönlichkeitsanteile. Ihnen wurde nie die Möglichkeit gegeben, sich zu entwickeln.

Im Unterschied zu Anima und Animus sind Schattenfiguren bzw. Personen, auf die man seine dunklen Anteile projiziert, immer vom selben Geschlecht wie man selbst.

Schattenthemen sind schwer zu handhaben und können einem Menschen große Probleme bereiten, solange sie kein bisschen bewusst sind. Zugleich bergen sie jedoch ein großes Potential in sich, wenn man die damit verbundenen Schwierigkeiten als Aufgaben versteht. Sie zu bewältigen kann enorme Energien freisetzen; oft enthält der Schatten sogar erstaunlich gesunde Instinkte und kreative Impulse - zu deren Aktivierung man allerdings das Selbsturteil überwinden und ein Stück beiseite stellen muss. Verlangt werden Mut bzw. Ehrlichkeit zur Realitätswahrnehmung und Selbst-Konfrontation, auch das Ungeliebte/ Unerwünschte, "Hässliche" in sich anzuerkennen und anzunehmen, sich damit zu versöhnen/ dazu zu stehen (jeder ist schließlich sich selbst der ärgste Feind, mit sich selbst am unduldsamsten). Selbst die schwierigste Konstellation birgt in sich die Chance zum Wachstum. Je umfangreicher die Herausforderung, desto größer sind die darin enthaltenen Möglichkeiten.

Das Monstrum bei Girolamo Olgiati[3]

Astrologie und Geburtshoroskop

Das Thema Schatten und seine Manifestationen wurde - vereinfacht - vielfach in die Horoskop-Deutung vor allem der Psychologischen Astrologie aufgenommen. Manifestationen des Schattens sind daher geläufige und hilfreiche Schlagwörter in der modernen Individualastrologie, und damit in der Beratung von Klienten.

Das Geburtshoroskop ist ein hervorragendes Instrument, um die möglichen Schattenanteile eines Menschen anzusprechen und ihm Wege aufzuzeigen, diese anzunehmen, zu integrieren, zu entwickeln und somit zu einer ganzen Persönlichkeit zu werden. Ziel ist nicht etwa, diese Seiten "abzuschaffen", sondern vielmehr ihr positives Potenzial zu erkennen und zu nutzen.

Nachfolgend werden Horoskopfaktoren aufgeführt, die auf Schattenanteile hinweisen können. Man kann daraus jedoch nicht zwangsläufig schließen, dass es sich um Schattenanteile handelt. Jeder Horoskopfaktor enthält ein breites Spektrum an Möglichkeiten, die vom negativen bis zum positiven Extrem reichen. Der Mensch ist frei in der Wahl des Entwicklungsniveaus eines Horoskopelements. Bei den genannten Faktoren ist jedoch die Wahrscheinlichkeit groß, dass man sie zumindest zeitweise als schattenhaft erlebt:

  • Planeten, die sich in Opposition zueinander befinden. Häufig identifiziert man sich mit nur einer der beiden Seiten bzw. Planeten-Qualitäten; die andere scheint vor allem von außen an einen heranzutreten - und oft erst mal nur zu "stören", hinderlich im Wege zu stehen (man wird aber gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen).
  • Rückläufige persönliche Planeten, also Merkur, Venus und Mars.
  • Planeten am absteigenden Mondknoten sowie Haus und Zeichen des absteigenden Mondknotens
  • Häuser- und Zeichenstellung von Mars:
    Die Aggression ist in der modernen westlichen Kultur oft ein wunder Punkt und wird gerne verdrängt. Hinweise auf Schattenhaftes sind Zornausbrüche wider Willen, sich aufzuregen/ zu ereifern über die "bösen" anderen, Kopfschütteln darüber, was jene sich erlauben, etc., und ganz allgemein Affekte, unerklärliche und plötzlich aus einem herausbrechende Emotionen.
  • Häuser- und Zeichenstellung von Saturn:
    Gerade was man abwehrt und ausschließt, als nicht zu einem gehörig definiert, hat oft besonders viel mit einem selbst zu tun.
  • Häuser- und Zeichenstellung von Pluto, d.h. Machtthemen und Komplexe
  • Unaspektierte Planeten

Im weiteren Sinne können auch folgende Faktoren zu den Schattenthemen gezählt werden:

Siehe auch

Weblinks

Altägyptischer Gott Apophis[4]
Dahlkes Schatten-Buch

Literatur

Empfehlung der Astrologin und Psychotherapeutin Greene für den Umgang mit Lastern und Schwächen/ Süchten ("Sünden"): Mit seinem Schatten (= seinen dunklen, unterdrückten, verdrängten oder projizierten Persänlichkeitsanteilen) arbeiten, d.h. sich damit auseinanderzusetzen, ihrer bewusst zu werden, das bringt persönliche Ganzheit/Integration
Seit Bestehen der Menschheit haben psychische Störungen Religion und Medizin herausgefordert und trotz aller moderner Wissenschaft sind wir heute oft nicht viel weiter gekommen, um diese Leiden zu verstehen. Die Astrologie bietet zwar keine Lösung, sie vermittelt aber Einblicke, warum manche Menschen auf Konflikte mit innerem Rückzug und warum andere wiederum mit Aggressionen gegen Mitmenschen reagieren. Greene untersucht hier die verschiedenen seelischen Extremzustände aus astrologischer Sicht. Psychopathologie, Wahnsinn oder das kollektive Ausgrenzen von Sündenböcken sind unbequeme Themen, die in unserer Gesellschaft gerne vermieden werden. Wenn wir uns mit den Ursprüngen des so genannten Wahnsinns befassen, können wir einen positiven Zugang und eine Antwort finden auf die Frage, warum manche Menschen nicht mit den Herausforderungen des Lebens fertig werden.
  • Rüdiger Dahlke: Das Schattenprinzip. Goldmann-Arkana, München 2010, ISBN 978-3-442-33881-8
  • Rüdiger Dahlke: Aggression als Chance. Be-Deutung und Aufgabe von Krankheitsbildern wie Infektion, Allergie, Rheuma, Schmerzen und Hyperaktivität. Bertelsmann, München 2003; Goldmann, München 2006 ISBN 3-442-15416-2
Mars – das archteypisch männliche Aggressionsprinzip; Pluto – das archetypisch weibliche Aggressionsprinzip; Aggression und Projektion; Krankheitsbilder

Quellen und Anmerkungen

  1. Mr. Hyde ist der Furcht einflößende Freund von Dr. Jekyll. Er ist sehr aufbrausend und ungezügelt. Nach einem Mord verschwindet er plötzlich. Als er aufgespürt wird, begeht er Selbstmord. Es stellt sich heraus, dass Hyde der isolierte böse Teil von Jekylls Persönlichkeit war. Offenbar litt Jekyll an einer Persönlichkeitsstörung, da Hyde in seinem Frust, ein Gefangener zu sein, ihm manche Streiche spielte: Er kritzelte in dessen Handschrift Gotteslästerungen, verbrannte wertvolle Briefe und vernichtete das Porträt seines Vaters
  2. Ludwig J. Pongratz: Hauptströmungen der Tiefenpsychologie. Stuttgart 1983, S. 350ff.
  3. Gravur von Girolamo Olgiati, 1569
  4. Verkörperung von Auflösung, Finsternis und Chaos (Isfet) und zugleich der große Widersacher von Maat, der Tochter des Sonnengottes Re. Er wird als riesige Schlange oder Schildkröte dargestellt. Grab von Pharaoh Ramses I. Theben-West, um 1307v.Chr.