Sekundärprogression

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Bei der Sekundärprogression werden die Planeten gemäß ihrem individuellen Fortschreiten nach der Geburt dirigiert.

Synonym: Sekundärdirektion

Der Begriff "Sekundärprogression" findet sich in der englischen Fachliteratur häufiger als in der deutschsprachigen. Die ursprüngliche Bezeichnung ist "Sekundärdirektion" und wurde von Placidus de Titis geprägt. Er unterschied damit diese Direktionstechnik von der Primärdirektion. Heute wird vielfach nur der Begriff Progression dafür verwendet. Sie ist eine Prognose-, bzw. Direktionsmethode, bei der jeweils ein Tag nach der Geburt einem Lebensjahr gleichgesetzt wird. Die Planetenstellungen 24 Stunden nach der Geburt spiegeln das Leben zum Zeitpunkt des ersten Geburtstags wider, diejenigen von 48 Stunden später den Zeitpunkt des zweiten Geburtstags, usw. Das um einen, zwei Tage, usw. vorgerückte Horoskop nennt man das (sekundär) progressive Horoskop. Die Sekundärprogression ist eine sehr gebräuchliche Prognosemethode. Sie ist gemeint, wenn von "Progression" die Rede ist.

Die zugehörige Analogieregel lautet also: ein Tag (Planetenfortschritt) = ein Jahr.

Im Unterschied zu den beiden Arten der Tertiärprogression, bei denen von der Bewegung des Mondes ausgegangen wird, geht es bei der Sekundärprogression um die Bewegung der Sonne: Ein Tag (= eine Drehung der Erde um sich selbst) entspricht dabei einem Jahr (einem scheinbaren Lauf der Sonne durch den Tierkreis). Die Sekundärprogression deckt wesentlich größere Zeiträume ab als die Tertiärprogressionen und ist somit oft Anzeiger größerer innerer Entwicklungen.

Geschichte

Erstmalig wurden die Sekundärprogressionen in der Renaissance (14. bis 17. Jahrhundert) in der gelehrten Astrologie Europas von Johannes Kepler eingeführt, der sie jedoch noch nicht als "Sekundärprogression" oder "Sekundärdirektion" bezeichnete. Diese Benennung erfolgte erst durch Placidus de Titis. Wegen der neuen Begriffsbestimmung, die Placidus eingeführt hatte, wird fälschlicherweise in vielen Lehrbüchern noch heute er als Urheber der Sekundärdirektion geführt. Kepler selbst ist jedoch ebenfalls nicht der "Erfinder" der Methode, sondern übernahm diese Art der Direktion von arabischen Astrologiegelehrten, und baute sie in sein neues gemischtes Direktionsverfahren ein, woraus sich die sogenannten "Progressionshoroskope" entwickelten. Die Hauptachsen wurden von ihm nach primärdirektionalen Zeitschritten dirigiert, während die Planeten nach ihrem tatsächlichen täglichen Fortschritt direkt dirigiert wurden. Die Sekundärprogressionen waren unter den Gelehrten vor Placidus und Kepler nur als die Arabischen Direktionen bekannt.[1]

Deutung

Bei der Sekundärprogression arbeitet man im Wesentlichen nur mit den persönlichen Planeten - Sonne, Mond, Merkur, Venus und Mars, weil sich die anderen Planeten in den fraglichen Zeiträumen - es handelt sich ja um einzelne Tage - so langsam bewegen, dass es in der Regel zu keinen nennenswerten Änderungen bzw. Auslösungen kommt.

Bei der Deutung schenkt man vor allem folgenden Faktoren Aufmerksamkeit:

  • Wenn ein progressiver Planet einen Aspekt zu einem Planeten oder zu einer Achse des Radixhoroskops bildet, so bedeutet dies eine Aktivierung und einen Austausch der damit verbundenen Kräfte. In erster Linie geht es jedoch um den Radixplaneten bzw. die Radixachse, der oder die durch diesen Aspekt angesprochen wird.
  • Insbesondere die progressiven Hauptachsen, also die Horizontachse und die Vertikalachse sind von Bedeutung. Die Achsen der Zwischenhäuser gelten demhingegen als kaum auslösend.
  • Zu einem gegenseitigen Austausch zweier Kräfte kommt es, wenn zwei progressive Planeten zueinander einen Aspekt bilden.
  • Die progressiven Stellungen von Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto werden nur dann ausnahmsweise in die Deutung einbezogen, wenn ein Aspekt, den sie zu einem anderen Planeten im Radixhoroskop bilden, in der Sekundärprogression exakt, also minutengenau wird (Bogenminute).
  • Wenn ein progressiver Planet das (Radix-)Haus oder das Tierkreiszeichen wechselt, beginnt ein neuer Lebensabschnitt.
  • Das Radixhaus, in dem sich der progressive Mond befindet, wird aktiviert.
  • Wenn ein progressiver Planet die Laufrichtung wechselt, also rückläufig oder direktläufig wird, zeigt dies eine Wende hinsichtlich der damit verbundenen Energie an.

Zeiträume

Die progressive Sonne bewegt sich pro Lebensjahr einen Bogengrad nach vorne, denn sie legt pro Tag etwa einen Bogengrad zurück. Bei der Venus sind es durchschnittlich 1,5 Grad und beim Mars 0,5 Grad pro Tag und damit pro Lebensjahr. Nur Merkur bewegt sich mit durchschnittlich zwei Grad etwas schneller. Den Orbis, also den Spielraum, innerhalb dessen man bei der Sekundärprogression von einem Aspekt und damit von einer Auslösung spricht, muss man angesichts der langsamen Bewegungen bei dieser Methode relativ gering ansetzen: bei nur etwa einem halben Grad. Damit umfasst man ohnehin Zeiträume von ungefähr einem halben bis einem Jahr oder mehr. Natürlich fokussiert sich die angesprochene Thematik, wenn der Aspekt exakt wird.

Eine Ausnahme stellt der schnellste der Planeten dar, der progressive Mond: Er legt ungefähr einen Bogengrad pro Lebensmonat zurück. Daher bildet er relativ häufig Aspekte zu Radixplaneten. Er bleibt durchschnittlich zweieinhalb Jahre in einem Radixhaus und in einem Tierkreiszeichen, und aktiviert diese in dem Zeitraum. Man kann beim progressiven Mond deshalb einen Orbis von einem ganzen Grad ansetzen, womit aktuelle Zeiträume von bis zu zwei Monaten angesprochen sind.

Friedrich Feerhow fasst die Wirkung des progressiven Mondes folgendermaßen zusammen: "Sollen Planetenaspekte nun zur Wirkung kommen, so müssen sie durch einen Aspekt des progressiven Mondes oder des Neumondes ausgelöst werden. Es kann durch einen progressiven Mond-Aspekt oder einer Lunation (Neumond) ein Aspekt in seiner Auswirkung sowohl beschleunigt als verzögert werden; die Planeten warten gewissermaßen ab, bis der Mond als Linse ihre Strahlen im Brennpunkt Erde vereinigt."[2]

Aspekte

Die Art des Aspektes, den Sonne, Merkur, Venus oder Mars in der Sekundärprogression zu einem Radixplaneten bildet, darf nicht überbewertet werden. Im Vordergrund stehen die beiden beteiligten Planeten bzw. die Thematik, um die es dabei geht. Denn es kommt selten zu Hauptaspekten zwischen zwei beteiligten Faktoren: Wenn die progressive Sonne ein Quadrat zu einem Radixplaneten bildet, kommt es erst 30 Jahre später (!) zum nächsten Hauptaspekt, einem Trigon oder Sextil.

Achsen

Einen Sonderfall stellen die progressiven Achsen dar. Will man mit Auslösungen durch die progressiven Achsen arbeiten, so benötigt man eine minutengenaue Geburtszeit, andernfalls kann man sich leicht um ein komplettes Jahr bei einer Prognose vertun. Ist die exakte Geburtszeit bekannt, so gibt es verschiedene Methoden der Berechnung.

Relativ gebräuchlich - wenn auch nicht ganz korrekt, weil hier Progression mit Direktion vermengt wird - ist diejenige Methode, wonach das Medium coeli (MC) um die gleiche Strecke verschoben wird wie die sekundärprogressive Sonne, also um den so genannten Sonnenbogen. Dadurch bleibt der Abstand zwischen Sonne und MC im progressiven Horoskop gegenüber dem Radixhoroskop immer gleich.[3] Der Aszendent und die anderen Häuserspitzen werden vom MC abgeleitet.

Literatur & Anmerkungen

  • Ernst Ott: Lebensweganalyse. Chiron Verlag Tübingen 2001 ISBN 3925100555
Berechnung der Sekundärdirektionen, im Buch Progressionen genannt. Entwicklungshelfer für den menschlichen Fortschritt durch progressive Sonne, Mond, Merkur, Venus und Mars. Lebensdiagramm, ausgelöste Planeten, progressive Planeten, Rückläufigkeit, progressive Neumonde, Neumond vor der Geburt.
  1. Wilhelm Knappich: Entwicklung der Horoskoptechnik vom Altertum bis zur Gegenwart. postume Ausgabe bearbeitet und herausgegeben von Sándor Belcsák ÖAG Nr. 38-39 1978, S. 97
  2. Friedrich Feerhov: Astrologie - Grundlage der Heilkunst, 1914, S. 88
  3. Weitere Methoden siehe bei Brigitte Eichenberger: Prognose-Fibel, Wettswil 1998. S. 33f.