Signaturenlehre

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Gertrud Ring[1]:Mars-Pflanzen[2]
Der rote Sonnenhut wird dem Mars zugeordnet

Betrachtungsweise in der Heilkunde, von Aussehen und Gestalt einer Pflanze auf deren Heilwirkung bei einem ihr strukturell bzw. morphologisch "ähnlichen" Körperorgan zu schließen. So wirke etwa der fein behaarte und hohlstengelige Huflattich positiv auf die Bronchien, eine Bohne habe Heilwirkung bei Nierenleiden[3]; die Form bzw. Furchungen der Walnuss prädestiniere sie für Behandlungen des Gehirns, der gelbe Saft des Schöllkrauts wirke bei der Gelbsucht, das Lungenkraut auf die Lunge, die Herbstzeitlose – wegen der Ähnlichkeit ihrer Zwiebel mit einer gichtkranken Zehe - sei ein Mittel gegen Gicht, der Frauenmantel angezeigt bei Frauenkrankheiten, usw.

Johanniskraut

Paracelsus zum Johanniskraut: "Die Signatur des Johanniskrauts zeigt sich in der Durchlöcherung der Blätter, in der Form der Blätter und Blüten, in den Ästen und auch in den Adern der Blätter. Die Löcher in den Blättern deuten darauf hin, dass dieses Kraut für alle inneren und äußeren Öffnungen der Haut eine Hilfe ist. Was durch die Poren ausgetrieben werden soll, kann durch Johanniskraut bewirkt werden. Die Blüten faulen in der Farbe des Blutes. Das ist ein Zeichen, dass sie gut ist für Wunden und was von Wunden kommt..."[4]

Sympathien zwischen Pflanzen und Tieren nach Porta[5]
Gertrud Rings Merkur-Pflanzen

Geschichte

Die Signaturenlehre fand bereits im Altertum weite Anwendung und war im späten Mittelalter als Denkweise stark verbreitet,[6] geht aber in ihrer konkreten schriftlichen Formulierung in Europa auf Paracelsus[7], sowie den neapolitanischen Arzt und Alchemisten Giambattista della Porta (1538–1615) zurück, der in seinem Buch Phytognomonica („Physiognomik der Pflanzen“) anhand der Signaturen ein System von Zusammenhängen zwischen Pflanzen, Tieren und Gestirnen aufzeigte.

Phytognomie bei Porta

Grundannahmen

Die Signaturenlehre beruht darauf, dass sämtliche Erscheinungen und Wesen miteinander in Beziehung stehen. Sie bilden quer zu der Einteilung in Gattungen Verwandtschaftssysteme (*"analog") mit gleichartigen Eigenschaften.

Als Signaturen gelten unter anderem: Geruch, Geschmack, Farbe, Gestalt, Struktur, Beschaffenheit, Standort, Wachstumsphase und Lebensdauer. Diese Merkmale werden verschiedenen Kategorien wie Elementen oder Planeten zugeordnet. Demnach hat eine bitter schmeckende Pflanze eine Beziehung zum Element Feuer, das mit der Sonne in Verwandtschaft steht und – unter anderem – Umwandlung und Anregung von Stoffwechselprozessen bewirke.

Die Signaturenlehre ist nicht nur in Europa bekannt. In der ayurvedischen (indischen) Medizin existieren ebenfalls ausgearbeitete Systeme der Zuordnungen nach Signaturen. Auch in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) werden Geschmack, Geruch, Farbe, Tages- und Jahreszeiten, Elemente, Organe, Sinnesorgane und Körperteile unter anderem zu einem diagnostischen Konzept verbunden sowie demnach entsprechende Heilmittel ausgewählt.

Anthroposophische Medizin[8]

Rudolf Steiner meinte, eine Pflanze sei dann eine Heilpflanze, wenn sie in irgendeiner Weise eine Verzerrung, Überzeichnung oder Abnormität aufweise, wenn die normale Dreigliederung von Wurzel, Blüten/Früchte, Blätter und Spross gestört sei. Also z.B. besonders üppig ausgeprägte Wurzeln (Zaunrübe, Baldrian) oder stark hervortretende Blüten/Früchte bzw. kräftiges Blattwachstum (etwa die Brennnessel).

Deutsche Sonderbriefmarke (1996) mit Silhouette Hahnemanns und Ähnlichkeitsregel

Die zweite Steinersche Maxime lautet: Die Wurzelprozesse der Pflanzen entsprechen den Kopfprozessen des Menschen, die Blütenprozesse den Stoffwechselvorgängen und die Blattprozesse den rhythmischen Abläufen im menschlichen Körper.

Rudolf Steiner: "In Bau und Körperfunktion erscheint der Mensch wie eine umgekehrte Pflanze"[9]

So gesehen ist der Mensch eine umgekehrte - quasi auf dem Kopf stehende - Pflanze:

  • Dem Kopf des Menschen – als Sitz des Nerven-Sinne-Systems entspricht die Wurzel – unten
  • Blüten und fruchtbetonte Pflanzenteile, bei der Pflanze im allgemeinen oben sitzend, wirken vorwiegend auf Magen-Darm-Eingeweide, Stoffwechsel und Leber-Galle, sowie auf die Drüsen (Stoffwechsel-Gliedmaßen-System)
  • Blattbetonte Pflanzen sind in erster Linie für die Bereiche Blut-Blutkreislauf-Herz, Niere-Blase, Atmung-Lunge-Bronchien und Haut zuständig, also in der Mitte (Rhythmisches System)[10]

Für die Heilwirkung kommt der jeweils wachstumsmäßig besonders begünstigte Pflanzenteil in Frage. Ist es die Wurzel, so verwendet man deren Auszüge für Beschwerden im Kopf. Also Baldrianwurzel als Beruhigungsmittel. Ist es der Blütenstand, wie z.B. Hirtentäschel, Fenchel, Anis, so ist der Anwendungsbereich der Unterleib. Sind es die Blätter oder der Sproß, so deutet dies auf die adäquate Verwendung im Mittelbreich – also Blut, Blutkreislauf, Herz, Lunge.

Die Schmarotzerpflanze Mistel

Zur Therapie von bösartigen Wucherungen (Krebs) wurde die - ungewöhnliche, anscheinend gegen die Schwerkraft wachsende - Mistel erstmalig um 1920 von Steiner und Dr. Ita Wegman eingeführt.

Die Signaturenlehre war auch ein Vorläufer der Homöopathie, deren wichtigstes Heilprinzip lautet: "Similia Similibus curentur" (Gleiches - oder Ähnliches - wird geheilt durch Gleiches/Ähnliches ).

Herbaria (Kräuterbücher) des Albertus Magnus
Paracelsus[11]
Gertrud Rings Uranus

Siehe auch

Gertrud Rings Neptun-Pflanzen[12]

Weblinks

Die Signaturenlehre ist die Lehre von den Zeichen in der Natur, die als äußere Merkmale auf Ähnlichkeiten, Verwandtschaften und innere Zusammenhänge hinweisen.

ipps/die-signaturen-der-leberheilpflanzen-von-margret-madejsky/ Die Signaturen der Leberheilpflanzen] (Margret Madejsky 2020, natura-naturans)

Die Mistel zeigt in ihrer erdfernen Lebensform keine Beziehung zur Senkrechten und zur Erdenschwere, wie sie sonst für Pflanzen üblich ist. Sie wächst bevorzugt auf Störzonen, ist dem Wasser und Luftelement unterstellt, entzieht sich also dem Wirkungsbereich der Erde. Bei den Kelten hatten nur die Druiden das Recht, die zauberkräftige Mistel zu schneiden.
Die spezifischen Signaturen der Mistel als Heilmittel bei Krebs lassen sich an folgenden Merkmalen erkennen: Ihr Wachstum als Halbschmarotzer; Ihr Wachstumsverhalten von der normalen Pflanzengestalt in die anormale kugelige Gestalt. Die metastasenähnliche Erscheinungsform, wenn mehrere Mistelkugeln auf einem Wirtsbaum ihre Dominanz präsentieren, vor allem gut sichtbar im Winter, wenn die Bäume ohne Laub sind; Die antirhythmische Fruchtbildung im Winter und das bevorzugte Wachstum über Störzonen, Das egozentrische Wachstumsverhalten entgegen den Biorhythmen der Jahreszeiten und der Schwerkraft; Die Tendenz, den Wirtsbäumen ihre Lebensgrundlage zu entziehen bis zu deren Tod. Alle diese Eigenschaften weisen auf eigensinnige und zerstörerische Impulse gegenüber dem Wirtsorganismus hin, wie wir sie ja auch bei Krebswucherungen kennen.
Paracelsus bezeichnete die Mistel als Krankheit des Baumes. Efeubewachsene Bäume und solche mit Misteln sind Signaturen für Störzonen. Längerer Aufenthalt in solchen Zonen raubt Lebenswärme und Vitalkraft. Pflanzen, die sich in solchen Zonen wohlfühlen, wirken daher anregend auf Lebensprozesse. Paracelsus verwendete speziell die Eichenmistel und gab sie außer bei Anfallsleiden auch nach Schlaganfällen.
Die Alraune (Mandragora)[13]
Buch von Madejsky-Rippe

Literatur

  • Ursula Stumpf und Yvonne Koch: Pflanzenastrologie: Heilung durch Pflanzen und Planeten. 344 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Freya Verlag, 2013. ISBN-10 3990250884 ISBN-13 978-3990250884
  • Margret Madejsky und Olaf Rippe: Heilmittel der Sonne: Mythen, Pflanzenwissen, Rezepte und Anwendungen. 336 Seiten. AT Verlag; zweite Auflage 2018. ISBN-10 3038000590, ISBN-13 978-3038000594
  • Friedrich Ohly: Zur Signaturenlehre der frühen Neuzeit. Bemerkungen zur mittelalterlichen Vorgeschichte und zur Eigenart einer epochalen Denkform in Wissenschaft, Literatur und Kunst. Hirzel, Stuttgart u.a. 1999, ISBN 3-7776-0952-8
  • Wolf-Dieter Müller-Jahncke: Signaturenlehre. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1330–1332
  • Kurt Quecke: Die Signaturenlehre im Schrifttum des Paracelsus. In: Beiträge zur Geschichte der Pharmazie und ihrer Nebengebiete. Band 1, 1955, S. 41–55
  • Hans Biedermann: Medicina Magica. Metaphysische Heilmethoden in spätantiken und mittelalterlichen Handschriften. Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1972, 2. Auflage Graz 1978, ISBN 3-201-01077-4 (S. 33)
Mandragora als Mann und Frau[14]

Quellen und Anmerkungen

  1. Siehe Gertrud Ring - Leben und Werk (Annette Rainer/Astrodienst, ca. 2005)
  2. Gertrud Rings Bilderfolge Pflanzenformen und Wesenskräfte wurde ca. 1940 gemalt
  3. Im Englischen gibt es sogar die Sorte der "Kidney Beans" ("Nieren-Bohnen")
  4. Das sogenannte Rotöl, siehe Johanniskraut (Sabine Anliker, Paracelsus-Magazin.ch, 2017)
  5. Scan aus: Hans Biedermann: Medicina Magica –- Metaphysische Heilmethoden in spätantiken und mittelalterlichen Handschriften. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1972, 2. Auflage 1978, ISBN 3-201-01077-4, S. 33
  6. Wie Friedrich Ohly und Michel Foucault gezeigt haben, siehe angegebene Literatur
  7. Kurt Quecke: Die Signaturenlehre im Schrifttum des Paracelsus, in: Beiträge zur Geschichte der Pharmazie und ihrer Nebengebiete Band 1, 1955, S. 41–55 (= Pharmazie Beiheft 2, hrg. von Otto Beßler, Hans Seel und Rudolph Zaunick)
  8. Übernommen vom Apothekergarten Wiesbaden (Dr. Ernst Binde)
  9. Abbildung aus Ein integratives Konzept - Die Anthroposophische Medizin und ihr Menschenbild' (Deutsche Apotheker Zeitung, Michaela Glöckler 2015). Vergleiche auch Goethes Begriff der "Urpflanze" als Grundbauplan der Pflanzen
  10. "Leben" sei im Grunde Rhytmus, verlautbarte Steiner dazu. Siehe Leben ist Rhythmus (Conrad Lorenz, AnthroMedizin)
  11. Gravur von Paracelsus
  12. Links unten auf dem Bild der giftige/berauschende Fliegenpilz
  13. 7. (bzw. 1.) Jahrhundert, Manuskript Dioscurides De Materia Medica (Neapel, Biblioteca Nazionale, Cod. Gr. 1).
    Zur Alraune siehe auch Wikipedia: Alraune (Kulturgeschichte) und Alraune: Zauberwurzel und Narkotikum der Weisen (Margret Madejsky & Olaf Rippe, natura-naturans.de, 2021)
    Olaf Rippe: Die Wurzelbetonung, düstere Blütenfarbe und der herbe Geruch der Blätter sind Gift-Signaturen, die auf Saturn hindeuten
  14. Abbildung der Droge in Hortus sanitatis (1491)