Sternzeit

Aus Astrodienst Astrowiki
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Der Sternenhimmel als große Uhrscheibe[1]

Astronomie

Die sogenannte Sternzeitdifferenz ergibt sich aus dem Unterschied zwischen Sonnentag (= 24 Stunden) und Sterntag. Letzterer beschreibt die Zeit, die der Fixsternhimmel aus geozentrischer Sicht für eine komplette Umrundung benötigt, nämlich etwas weniger als 24 Stunden: genau 23 Stunden 56 Minuten und 4,1 Sekunden. Zu der Abweichung von knapp 4 Minuten zum Sonnentag bzw. bürgerlichen Tag kommt es deshalb, weil der Sterntag nicht nur die Umdrehung der Erde um sich selbst beschreibt, sondern noch die Strecke mit berücksichtigt, um die sich die Sonne dabei auf ihrem scheinbaren Weg weiter bewegt hat.[2]

Die Sternzeit muss bei einer Horoskopberechnung verwendet werden. In den Ephemeriden findet sich dieser Wert für jeden Tag unter S.T. (sidereal time). Darüber hinaus ist noch eine Sternzeitkorrektur vorzunehmen.

Die Sternzeit läuft jeden Tag um fast vier Minuten weiter, also um etwa zehn Sekunden pro Stunde. Der tägliche Sternzeitfortschritt beträgt exakt 3 Minuten und 56,555 Sekunden, was in Rektaszension einem Bogenmaß von 0°59´08,33 entspricht (d.h. etwas weniger als ein Bogengrad). Das bedeutet, dass von einem Tag auf den nächsten ein Stern[3] knapp vier Minuten früher den Meridian passiert bzw. kulminiert als am vorherigen Tag.

Astrologie

Die Deutungsformel der Primärdirektion lautet grundsätzlich 1 Tag = 1 Jahr. Um genauer zu sein, errechnen sich die verschiedenen Direktionsschlüssel in AR oder RA aus dem täglichen Sternzeit-Fortschritt.

Für Ptolemäus war 1 Tag im Sinne der Astrologie noch ein Sterntag (23 Stunden 56 Minuten 4,091 Sekunden) und kein bürgerlicher oder Sonnentag (24 Stunden). Daher rechnete er mit 1° Sternzeitfortschritt in RA. In der Praxis der Primärdirektion reichte sein Maß s = 1° vollkommen aus, zumal in der Antike einerseits mit größeren Orben für Auslösungen gerechnet wurde, und andererseits durch die damalige Ungenauigkeit der Ephemeriden eine exakte Zukunftsberechnung der Planetenbewegungen eh nicht möglich war.
Valentin Naibod präzisierte den Ptolemäus-Schlüssel von 1° auf 0°59´08,33. Die Deutungs-Formel des Naibodschlüssels (heute als Sonnenbogen-Schlüssel bekannt) lautet ebenfalls 1 Tag = 1 Jahr.[4]

Geburtssternzeit

Die Geburtssternzeit ist die Sternzeit zum Zeitpunkt einer Geburt am Geburtsort. Sie definiert den Geburtsmeridian und wird zur Berechnung des MC, des Aszendenten und der Häuser benötigt. Wenn man Horoskope ohne Computer von Hand und mit Tabellen erstellt, berechnet man zunächst die Geburtszeit in GMT (bzw. heute in UT); dann schlägt man in einer Ephemeride die Sternzeit des Tages für Greenwich nach und interpoliert diese für den gewünschten Zeitpunkt. Danach addiert man die Geburtszeit in GMT zur geographischen Länge des Geburtsortes. Der resultierende Wert, die Geburtssternzeit, wird dann verwendet, um in einer Häusertabelle die Achsen und Häuser nachzuschlagen. Heute überlässt man diese Arbeit für gewöhnlich dem Computer.

Die Geburtssternzeit wird in Stunden angegeben. Multipliziert man sie mit 15, so erhält man die Rektaszension des MC (RAMC oder ARMC). Auch dieser Wert ist in den Häusertabellen aufgelistet.

Siehe auch

Weblinks

Quellen und Anmerkungen

  1. Die sich an einem Sterntag (auf der Nordhalbkugel) dem Uhrzeigersinn entgegen einmal um sich selbst dreht
  2. Geozentrisch gesehen
  3. Oder der Frühlingspunkt; es könnte ein beliebiger Grad der Ekliptik sein
  4. In der Renaissance wurden noch andere Maßeinheiten mit verschiedenen Begründungen für die Primärdirektionen entwickelt, die auf unterschiedlichen Antworten für die Frage beruhen, wie ein irdischer Tag wirklichkeitsnah und genau zu definieren sei