Tetrabiblos

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Seite aus einer mittelalterlichen Handschrift der Tetrabiblos

Das vierbändige Grundlagenwerk der Astrologie von Claudius Ptolemäus datiert aus dem zweiten Jahrhundert nach Chr. Es war als Tetrabiblos („vier Bücher“) seit dem Altertum bekannt und über lange Zeit die „Astrologenbibel“ schlechthin. Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung der spezifischen Bedeutungen und Einflüsse der Planeten und Fixsternkonstellationen auf das Menschenleben und irdische Vorgänge im allgemeinen.[1]

Die "Tetrabiblos" systematisierten weite Teile der bis dahin überlieferten hellenistischen Astrologie und versuchten sie auf astronomische Grundlagen zu stellen, wo die Astrologie sich zuvor mehr auf Hermes Trismegistos, Nechepso-Petosiris, d.h. auf mythische Überlieferungen und göttliche Offenbarung berufen hatte.

Gemeinsam mit dem Carmen Astrologicum von Dorotheos von Sidon und der Anthologiae von Vettius Valens, sowie der Astronomica von Manilius und den Matheseos libri octo von Firmicus Maternus zählen die Tetrabiblos zu den Säulen der hellenistischen wie der klassischen Astrologie. Sie sind wie die Astronomica und die Matheseos sehr gut überliefert.

I.Buch

Beginnt mit der Verteidigung der Astrologie und behandelt ihre notwendigen Grundlagen, wie z.B. die Kraft der Planeten, die Wirkung der Fixsterne allgemein in Verbindung mit den Sternbildern, die Jahreszeiten und den Tierkreis, die Aspekte, Zeichen-Herrschaften und Würden.

II.Buch

Es widmet sich ganz der Mundanastrologie, die nach Ptolemäus den Rahmen der individuellen Existenz bestimmt. Es finden sich darin u.a. ausführliche Charakter-Beschreibungen der verschiedenen Völker und entsprechende astrologische Zuordnungen. Behandelt werden die Bedeutung und Wirkung der Finsternisse für Mundanprognosen, Jahresprognosen via Jahres-Neumond, sowie die Wetter-Astrologie (Astrometeorologie).

III.Buch

Buch III und IV beziehen sich auf die Geburtsastrologie. Der dritte Band leitet mit dem damals wichtigen Thema des Empfängniszeitpunktes ein, in Relation zur Geburt, und der Technik zur genauen Bestimmung der Geburtsminute. Es folgen weitere Abschnitte z.B. über den vorgeburtlichen Neu- und Vollmond, die Eltern und die Geschwister im Geburtshoroskop, zum Glückspunkt, Kriterien und Berechnung zur Lebenslänge (Hyleg); desweiteren zu Gestalt, Anlagen und Krankheiten entsprechend dem Geburtshoroskop, sowie zu den "Anlagen der Seele".[2] Anschließend werden die allgemeinen Wirkungen der Planeten und einiger Planeten-Konstellationen im Geburtshoroskop beschrieben. Das Buch endet mit Ausführungen zu seelisch-geistigen Krankheiten, wozu auch moralische Verfehlungen gezählt werden.

4. Buch Quadripartitum, Frankfurt 1622

IV. Buch

Ptolemäus beschreibt teilweise detailiert Chancen, Schicksal und Hemmnisse durch verschiedene Planetenkonstellationen und den Glückspunkt des Geburtshoroskopes, in Bereichen wie Ehre und Ansehen, Beruf, Ehe, Kinder, Freunde und Feinde, Auslandsreisen und Todesarten. Auf den letzten Seiten bespricht er zum einen die Planetenregenten der Lebensphasen - ab Geburt regiert zunächst der Mond, ihm folgend Merkur, Venus etc. bis zur letzten Lebensphase, die Saturn untersteht - und allgemeine Regeln für die Arbeit mit Direktionen und Transiten.

Planetarische Themen der Lebensalter

Es beginnt mit dem ersten Zeitalter des Menschen und mit der ersten Sphäre von uns, das heißt dem Mond, und endet mit dem letzten der Zeitalter und der äußersten der planetarischen Sphären, die Saturn genannt wird:

Planet Zeitraum Jahre Alter Planetarisches Thema
☽ Mond erste 4 Jahre 0–3 Säuglingsalter Geschmeidigkeit, Wachstum, Wandelbarkeit, Ernährung des Körpers
☿ Merkur die nächsten 10 Jahre 4–13 Kindheit Entwicklung von Intelligenz, Artikulation, körperlicher und geistiger Geschicklichkeit
♀ Venus nächste 8 Jahre 14–21 Jugend Impuls zu Liebe und Sexualität, brennende Leidenschaft, Lust
☉ Sonne die nächsten 19 Jahre 22–40 frühe Männlichkeit Verantwortung, Ehrgeiz, Substanz, Anstand, Abwechslung vom Spielerischen
♂ Mars die nächsten 15 Jahre 41–55 spätere Männlichkeit Strenge, Arbeit, um Lebensaufgaben zu erfüllen
♃ Jupiter nächste 12 Jahre 56–67 volle Reife Erfüllung, Ruhestand, Unabhängigkeit, Würde, Überlegung, Ehre
♄ Saturn alle verbleibenden Jahre 68–Tod hohes Alter Kälte, Schwäche, Niedergang, Hindernisse, Mutlosigkeit
Ptolemäischer Kosmos mit Planetensphären

Rezeption

Die Tetrabiblos werden erstmalig von dem hellenistischen Astrologen und Philosophen Porphyrius (ca. 232-304 n.Chr.) genannt und behandelt, in seiner Einführung zu Ptolemäus' Tetrabiblos aus dem Jahre 295 n.Chr. Davor scheinen sie nur innerhalb der Nachkommenschaft des Syrus, an den sie sich im Vorwort wenden, weitergegeben worden zu sein. Das wäre eine Erklärung u.a. dafür, dass der lange ebenfalls in Alexandria lebende Zeitgenosse Vettius Valens nie von ihm sprach. Zudem war Ptolemäus kein praktizierender Astrologe im Bereich der Geburtshoroskop-Deutung,[3] da die Tetrabiblos kein einziges Horoskop-Beispiel enthalten, während Valens' Astrologie-Lehrwerk Anthologiae rund 120 datierbare Horoskop-Beispiele enthält.[4] Auch Firmicus Maternus erwähnt im 4. Jh. n.Chr. Ptolemäus nur kurz, vermutlich ohne die Tetrabiblos selbst zu kennen. Heute betrachtet die Mehrzahl der modernen Astrologen die Tetrabiblos fälschlicherweise als das wichtigste und bedeutendste Grundlagenwerk der antiken und allgemein der westlichen klassischen Astrologie.[5] Ihre breite Rezeption vollzog sich allerdings erst in den nachfolgenden Jahrhunderten, über die arabischen Astrologen, und dann vorallem im europäischen christlichen Mittelalter. Erst in den 1130er Jahren erfolgte - als Quadritpartitum - durch Plato von Tivoli die erste lateinische Übersetzung.[6] Wobei sich die Ptolemäische Kosmologie mit der Erde als Zentrum der Welt gut in die judäo-christlche Überlieferung einfügte.

Siehe auch

Griechische Tetrabiblos 1535

Weblinks

Kompletter Text in englischer Übersetzung

Literatur

  • Ptolemäus, Claudius: Tetrabiblos. Übersetzt von Max Erich Winkel. Chiron-Verlag, Mössingen 2000, ISBN 978-3-925100-17-8
  • Ptolemäus, Claudius: Tetrabiblos. Claudius Ptolemaeus astrologisches System. I.-IV. Buch.. Zusammenfassende Übersetzung Johann Wilhelm Pfaff als "Astrologisches Taschenbuch für das Jahr 1822 sowie für 1823; Palm Verlag Nürnberg. Neuer Abdruck: Hrg. von Hubert Korsch, Düsseldorf 1928; Baumgartner Verlag Warpke o.J.[8]

Quellen und Anmerkungen

  1. Lexikon der Alten Welt, Frankfurt /M. 1991, S. 2480
  2. Tetrabiblos, Chiron-Verlag, 2000, S. 197
  3. James Herschel Holden: A History of Horoskopic Astrology. From the Babylonian Period to the Modern Age. Tempe (Arizona, USA) 2006. S. 51.
  4. Stephan Heilen: 'Hadriani genitura' - die astrologischen Fragmente des Antigonos von Nikaia. Walter de Gruyter, Berlin 2015. S. 33.
  5. Holden, A History of Horoscopic Astrology, S. 45
  6. David McCann: The Life & Work of Abraham ibn Ezra (1995, Skyscript)
  7. Der deutschsprachigen Ausgabe im Chiron-Verlag, 2. Auflage 2000, nach der Übersetzung von M. Erich Winkel aus dem Jahre 1923
  8. Dieses Buch stellt keine wörtliche Übersetzung, sondern eine Zusammenfassung der einzelnen Kapitel dar. Der Autor wurde dabei fälschlich mit dem Namen Julius Wilhelm Pfaff angegeben