Thema mundi

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Das Welthoroskop bei Firmicus Maternus

Die Thema Mundi (Welt-Horoskop, weiblich) war ein mythisch-symbolisches Horoskop in der Klassischen Astrologie samt den Positionen der sieben sichtbaren Planeten (einschließlich Sonne und Mond), welches die Grundlage des Menschheits- oder Weltschicksals sein sollte.[1]

Thema mundi in der Geschichte

Es wird bei Firmicus Maternus in der Matheseos libri octo[2] vorgestellt, der es von den legendären Nechepso-Petosiris (pseudonyme Autoren des drittes/ zweites Jahrhundert v.Chr.) übernommen haben will; letztlich wird das Thema Mundi von Maternus auf den ebenso mythischen Hermes Trismegistos zurück geführt. Bereits Thrasyllos (gestorben 36 n.Chr.) erwähnt es in seinem verloren gegangenen Werk Pinax.[3], mit identischen Planeten-Positionen und gleicher Aszendenten-Position[4], so dass man von einem in der Spätantike tradierten bekannten Horoskop ausgehen kann.

Firmicus Maternus weiter: Man sagt, dieses alles (die Aspektverhältnisse, siehe folgende Abschnitte) müsse auch bei den Genituren der Menschen berücksichtigt werden, da man den Sinn des Schicksals der Menschen nicht ergründen könne, wenn man diese Aspektverhältnisse nicht scharf durchdacht hat. Weiterhin notiert er zum Thema Mundi, dass es kein Geburtsbild der Welt abbilde, und die Erde etwa alle dreihunderttausend Jahre eine Wiedergeburt durch Feuer- oder Wasserkräfte erfahre.[5] Und er betont, dass das Thema Mundi nach kluger Überlegung göttlicher Männer als Horoskop des Weltalls für die Erstellung der Geburtshoroskope der Menschen als Vorlage diene.[6]

Es gibt noch weitere spätantike Überlieferungen: Zum einen aus der Ära des Sasaniden- bzw. Perser-Reiches (drittes bis siebtes Jahrhundert n.Chr.), zum anderen aus dem Indien des dritten Jahrhunderts n.Chr., der Grundlage für das spätere persische "Welthoroskop".[7] Beide Traditionen zeigen die Planeten auf unterschiedlichen Erhöhungs-Graden der Tierkreiszeichen - einmal der indischen, einmal der Hellenistischen spätantiken Astrologie - und formulieren ein Horoskop für den "Großen Menschen" (indisch) bzw. den ersten Menschen "Gayomart"[8] (persisch), im Unterschied zum Thema Mundi, dem Horoskop für die Welt.

Arabische Astrologie: Albumasar (siehe dort) stellt ein alternatives Thema mundi auf, bei dem alle Planeten zu Beginn eines Weltenzyklus auf 1° Widder in Konjunktion gestanden haben sollen.

Im deutschsprachigen Raum wird gelegentlich auch die Position vertreten, es gäbe ein frühantikes Thema Mundi, und zwar aus der babylonischen Ära vor der Zeitenwende, mit den Planeten in den Erhöhungsgraden der Tierkeiszeichen der spätantiken bzw. Klassischen Astrologie. Stellvertretend sei hier Wilhelm Knappich genannt, der einflussreiche deutschsprachige Astrologie-Historiker, der diese Position in den 1930er Jahren vertrat.[9] Doch ist von den babylonischen Keilschrift-"Horoskopen" kein einziges überliefert, in dem die Erhöhungsgrade der Planeten explizit angegeben sind; noch kann die Planeten-Stellung in den sogenannten "Geheimen Häusern" (von denen in den Keilschriften eh nur am Rande die Rede ist), mit der Wirkung und Position der Planeten in den Tierkreiszeichen im Sinne von klassischer "Erhöhung" gleichgesetzt werden.[10]

Aufbau des Welthoroskopes bei Firmicus Maternus

Das Welthoroskop des Maternus verdeutlicht die Systematik hinter den Zeichen in Verbindung mit den Planeten, denn jeder Planet steht in seinem Domizil, und die Bedeutung der Aspekte.

Planetenherrschaften

Sonne und Mond, die beiden Lichter, befinden sich in ihren eigenen Zeichen. Vom Sonnenstand her ist dies die hellste und wärmste Zeit des Jahres, Krebs und Löwe.

Die anderen Planeten und Zeichen sind entlang der Achse zwischen Krebs und Löwe/ Steinbock-Wassermann fortschreitend aufgereiht, so dass die weibliche Jungfrau samt den männlichen Zwillingen, welche Merkur ebenfalls beherrscht, im gleichen Abstand von dieser gedachten Achse stehen. Dies passt dazu, dass Merkur sich nie weiter als ein Zeichen von der Sonne entfernen kann, aufgrund seiner geringen Elongation. Die Waage und der Stier setzen dies fort: die Venus entfernt sich nie weiter als zwei Zeichen von der Sonne. Mars im Skorpion herrscht zugleich über den Widder, der im selben Abstand zur angesprochenden Achse steht; was auch für die Zeichen Schütze und Fische gilt, welche Jupiter beherrscht, bis hin zum Steinbock, daneben Wassermann, die jeweils von Saturn regiert werden.

Die Planetenherrschaften über die Tierkreiszeichen sind einerseits nach ihren jahreszeitlichen Zusammenhängen aufgebaut, so dass die der Sonne zugwandten inneren Planeten zwischen Erde und Sonne auf der Seite des Frühlings und Sommers zu liegen kommen (von Stier bis Jungfrau), während die von der Erde in Richtung Saturn liegenden Herrschaften in die kalte Jahreszeit fallen, von Skorpion bis Fische. Der Widder (Mars) und die Waage (Venus) bilden eine mittlere Achse zwischen der jahreszeitlichen Verteilung.

Gleichsam definiert sich so die Reihenfolge der planetaren Herrschaft über die Tierkreiszeichen auch durch die Dauer und Ordnung der Umlaufzeiten sowie den heliozentrischen Abständen zur Sonne: Der Saturn (Steinbock und Wassermann) mit der längsten Umlaufzeit und größten Abstand zur Sonne beherrscht die kalte Jahreszeit, Mond (Krebs) und Sonne (Löwe), dem Saturnzeichen gegenüber liegend und mit den kürzesten Umlaufzeiten, stehen für die warme Jahreszeit.

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Aspektbildung der Planeten zu den Lichtern

Im Thema Mundi von Firmicus werden die Aspekte der Planeten auf die beiden Lichter, Mond und Sonne, referiert:

  • Der Mond empfängt eine Opposition vom "großen Übeltäter" Saturn (beide in weiblichen Zeichen)
  • Die Sonne erhält ein Quadrat vom "kleinen Übeltäter" Mars; während des Transites von Saturn durch den Wassermann zudem eine Opposition
  • Mars bildet das genannte Quadrat zur Sonne und ein Trigon zum Mond. Er ist daher der kleine Übeltäter in dieser mundanen Aspekt- und Planetenkonstellation (umgekehrt würde er aus dem Widder ein Quadrat zum Mond und ein Trigon zur Sonne bilden)
  • Merkur, der Vermittler, ist neutral positioniert, ohne großen Aspekt auf die Sonne, und im Sextil zum Mond, wenn er in der Jungfrau steht (aus seinem Domizil Zwillinge gäbe es ein Sextil auf die Sonne)
  • Venus bestrahlt die Sonne im Quadrat aus dem Stier, und den Mond im Quadrat aus der Waage (Sie gilt aber mit Merkur als sonnengebunden, als deren Begleiterin; tatsächlich kann sie aufgrund ihrer Elongation die Sonne nie im Quadrat aspektieren. Im Welthoroskop steht sie im Sextil zur Sonne - ein Aspekt, den man als Venus-Aspekt sah)
  • Jupiter nun aspektiert die Sonne im Trigon (das Trigon galt als Jupiteraspekt); wenn er in den Fischen steht, bildet er zudem ein Trigon auf den Mond
  • Saturn bildet nach dieser mundanen Aspektelehre nur die herausfordernden Oppositionen zu den Lichtern
Die klassischen Herrscher

In der Idealstellung der Himmelskörper des Welthorokops fehlt bezeichnenderweise die Konjunktion; sie konnte - nicht nur in diesem System - aus den Planetenstellungen bzw. aus den mundanen Zeichen-Domizilen der Planeten (und daraus resultiernden Aspektstellungen der Zeichen zueinander) nicht abgeleitet werden, wie dies bei den anderen Aspekten in Beziehung zu den Lichtern möglich war.

Anwendungen des Thema Mundi

Maternus leitet auch Kollektiventwicklungen und mundane Zeitherrschaften vom Welthoroskop ab. Anhand von Transiten, Auslösungen, Phasenherrschern und Direktionen wird die jeweils aktuelle Situation der Menschheit erkennbar, d.h. dass das Thema mundi die Funktion eines Mundanhoroskops übernimmt. Doch nicht nur als solches findet es seine Bestimmung: es kann ebenso für die individuellen Geburtshoroskope als idealtypischer Wegweiser oder Richtschnur dienen, als lehrreiche und informative Grundlage für das Aspektverständnis/ die richtige Aspektdeutung und die Ergründung eines Einzelschicksals.[13]

Gegenwart

Im deutschsprachigen Raum stimmmt das von Alfred Witte in der ersten Hälfe des Zwanzigsten Jahrhunderts entwickelte Erdhoroskop bei den konkreten Achsen-Positionen in den Tierkreiszeichen zwar nicht mit dem Thema Mundi überein. Es entspricht ansonsten aber, gerade mit den kardinalen Zeichen an den Achsen, der grundlegenden Qualität des historischen Thema mundi, bzw. folgt mit dem Waage-AC und dem Krebs-MC der in der spätantiken, auch klassischen Astrologie allgemein verbreiteten idealtypischen Grundkonstellation eines Horoskopes. Seine Bedeutung und Wirksamkeit, für die Menscheit und im individuellen Sinne, teilt das Erdhoroskop mit dem Thema Mundi; Witte geht mit seiner konkreten Funktion und Bedeutung in der Hamburger Schule Technik sogar über Firmicus Maternus hinaus.

Das Thema Mundi wurde außerdem von Johannes Vehlow als eines der drei Feldkreise in seine astrologischen Methodik integriert. Es bildet bei ihm den Ausgangpunkt vielfältiger methodischer Überlegungen - als ältestes Dokument, welches wir über das Horoskop besitzen (Vehlow), und nimmt eine herausragende Stellung ein.[14]

Quellen und Anmerkungen

  1. Weitgehend übernommen und übertragen von Wikipedia (englisch)
  2. Julius Firmicus Maternus: Die Acht Bücher des Wissen. Matheseos libri VIII. Chiron-Verlag, Tübingen 2008, S. 91 (Buch III, Kap. 1
  3. Gundel/ Gundel: Astrologumena. Die astrologische Literatur in der Antike und ihre Geschichte. Franz Steiner Verlag. Wiesbaden 1966, S. 149
  4. So Claudia von Schierstedt.
  5. Firmicus Maternus, S. 92
  6. Firmicus Maternus, S. 93
  7. Nicholas Campion: Das Buch der Welthoroskope. Edition Astrodata, Wettwil (CH) 1991, S. 462
  8. Siehe avesta.org (englisch); aus dem persisch-zoroastrischen Kosmogonie- und Kosmologie-Text Bundahishn
  9. Knappich, Wilhelm, Geschichte der zodiakalen Würden, in: Zenit, Jahrgang 1933, S. 241 (Heft 6/ 1933)
  10. Rochberg, Francesca: Babylonian Horoskopes. American Philosophical Society, Philadelphia 1998, S. 48-49
  11. Firmicus Maternus, S. 94
  12. Wilhelm Knappich: Geschichte der zodiakalen Würden, in: Zenit, Mai 1933, Heft 5, S. 200
  13. Firmicus Maternus, S. 92f.
  14. Johannes Vehlow: Methode Vehlow. in: Kongress Astrologischer Pioniere, Ebertin-Verlag, Erfurt 1932, S. 28