Thrasyllos

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Büste von Kaiser Tiberius[1]

Tiberius Claudius Thrasyllos (auch: Thrasyllus Mendesius) war ein ägyptisch-griechischer Astrologe, gestorben 36 n.Chr.
Er stammte vielleicht aus Mendes, Ägypten[2] und wirkte lange in Alexandria.[3]

Biografisches

Er heiratete 2 v.Chr. die Prinzessin Aka und war Vater des römischen Astrologen Balbillus, des späteren Hofastrologen von Kaiser Nero.[4]

Bekannt wurde er sowohl als Astrologe des Kaisers Tiberius, als auch durch sein schriftstellerisches Werk:

"Man hat sich unter ihm durchaus nicht etwa einen Abenteurer oder Charlatan vorzustellen, sondern einen ernsten Forscher und Gelehrten, der, von der platonischen Philosophie ausgehend, zur Astrologie gelangt war, wie wir ähnliches ja auch bei Männern wie Poseidonios und Kepler finden. Die Titel der mannigfachen Schriften des Thrasyllos aus den verschiedensten Gebieten, auch über Mathematik und Musik, sind am bequemsten bei Müller F.H.G. III 501 f. zusammengestellt. Wir besitzen noch heute von ihm einen astrologischen Pinax, der einem Hierokles gewidmet ist."[5] Thrasyllos machte sich auch um die Ordnung und Einordnung der Schriften Platos verdient.[6]

Auf Thrasyllos berufen sich sowohl Dorotheos von Sidon, als auch Firmicus Maternus, und nicht zuletzt Claudius Ptolemäus.

Er stellte die These auf, dass der Exodus Israels aus Ägypten im Jahr 1690 v.Chr. erfolgte.[7]

Wie Tiberius seinen Astrologen wählte[8]

Bevor er Kaiser wurde, pflegte Tiberius sich zum Nachdenken auf sein Hausdach zu begeben. Dabei begleitete ihn nur ein freigelassener Sklave. Dieser war ungebildet, aber enorm stark. Wenn Tiberius einen Astrologen testen wollte, so führte der Freigelassene den Astrologen einen steilen Pfad zum Haus herauf. Bei der Rückkehr musste er den Astrologen kopfüber in das Meer stürzen, falls Tiberius bei der Konsultation der Verdacht beschlichen hatte, es mit einem Janeff (= Schwindler, Hohlkopf, Hochstapler) zu tun zu haben. So konnte der eliminierte Astrologe nichts verraten. Auch Thrasyllus wurde diesem Test unterworfen, und genau befragt. Seine Antworten überraschten Tiberius, da ihm die künftige Kaiserwürde genannt wurde. Er fragte Thrasyllus daraufhin, ob er denn auch sein eigenes Horoskop errechnet habe und sagen könne, was ihm dieses Jahr, besser: an diesem Tage widerfahren werde?

Thrasyllus vermaß die Gestirnsstände, berechnete ihre Aspekte, begann zunächst zu zittern, dann zu beben und je mehr er überlegte, hingerissen vor Verwunderung und Schrecken, schrie er endlich auf: es hinge über ihm die Prophezeiung der Gefahr, ja geradezu der Lebensgefahr.

Darauf umarmte Tiberius ihn, beglückwünschte ihn zu seiner Voraussicht und seiner Sicherheit angesichts der Gefahr. Er schätzte fortan des Astrologen Vorhersagen als Orakel und hielt ihn im Kreise seiner engsten Freunde.

Weblinks

Werk

Pinax:[9] "Der Pinax des Thrasyllos ist der früheste uns bekannte Text, der in aller Ausführlichkeit die Hauptelemente der astrologischen Theorie darstellt: die Klassifizierungen der Tierkreiszeichen und der Planeten mit ihren jeweiligen Einflusssphären, die Herrschaften der Planeten über ihre Häuser und über die verschiedenen Unterteilungen der Tierkreiszeichen; die Wirkungen, die die wechselnden Bewegungen der Planeten sowie ihre gegenseitigen Aspekte und Konjunktionen auf sie selbst ausüben; die Trigone; die Eckhäuser (Kentra); die fallenden (Apoklimata) und nachfolgenden Häuser (Epanaphorai); den Oktotopos, der auf den Einflussbereichen der ersten acht astrologischen Orte im Dodekatopos fußt; die Perioden und Unterperioden im Leben des Horoskpeigners; den Dodekatopos und schließlich das Thema mundi. (...) In vielerlei Hinsicht muss des Thrasyllos Werk ein Musterbeispiel für seine Nachfolger gewesen sein, besonders für jene, die, wie Ptolemaios, eine didaktische Absicht hatten".[10]

Leider blieb es uns nicht erhalten. Wir kennen seinen Inhalt nur aus Zitaten und Fragmenten. Der Pinax wurde von Vettius Valens, Porphyrios und anderen namhaften Astrologen als ein Vermittler der Lehren der mythischen Nechepso-Petosiris angesehen.[11]

Umstritten in der Zuordnung zu Thrasyllos sind die Numeri Thrasylli, ein vermutlich vulgärastrologisches Werk: "Unter Thrasyllos’ Namen ist eine Abhandlung mit dem Titel Numeri Thrasylli überliefert, die Entscheidungen über mögliche Diebstähle, Verluste, Eheschließungen, Reisen u.a. bietet. Bei Iuvenalis (geb. 67 n.Chr.) wird dieser Text als astromantische Orientierungshilfe für die römischen Damen beschrieben."[12]

Quellen und Anmerkungen

  1. Tiberius Iulius war Kaiser von 42 v.Chr. – 37 n.Chr.; Büste in der Eremitage Sankt Petersburg
  2. Wikipedia (englisch): Thrasyllus of Mendes
  3. Viktor Stegmann: Die Fragmente des Dorotheus von Sidon. 1. Lieferung. Reihe Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums und des Mittelalters. Selbstverlag durch Bilabel, Heldelberg, 1939
  4. Hildegard Temporini; Wolfgang Haase: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Seite 1053. Walter de Gruyter, 1987 ISBN 978-3110112313 Ausschnitt auf Google Books
  5. Conrad Cichorius: Historisches, Epigraphisches, Literaturgeschichtliches aus den vier Jahrhunderten Roms Teubner Verlag Leipzig/ Berlin 1922. online auf www.archive.org
  6. H. Diehls; W. Schubart: Didymos' Kommentar zu Demosthenes (Papyros 9780) Berliner Klassikertexte. Herausgegeben von der Generalverwaltung der kgl. Museen zu Berlin. Weidmannsche Buchhandlung Berlin 1904 online auf www.archive.org
  7. Siehe engl. Wikipedia-Referenz
  8. Annalen des Tacitus, Buch 6,1., übersetzt im Blog von Holger Roehlig
  9. James Herschel Holden: History of Horoscopic Astrology. 359 Seiten. American Federation of Astrologers, 2006 ISBN 0866904638 ISBN 9780866904636; S. 26 ff. Auszug mit Inhaltsangabe bei Google Books
  10. Gerhard Krause; Gerhard Müller: Theologische Realenzyklopädie. Walter de Gruyter 1979 ISBN 978-3110077148, Zitat wiedergegeben in Google Books
  11. Robert Schmidt (Übers.) und Robert Hand (Ed.): The Astrological Record of the Early Sages in Greek. The Golden Hind Press, Berkeley Springs, 1995
  12. Susanne Bennedik: Die Siebenplanetenwoche in Indien Dissertation an der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 2007. S. 207 f. Buchdaten bei der Deutschen Nationalbibliothek