Titius-Bode-Reihe

Aus Astrodienst Astrowiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Vorläufer der Titius-Bode-Reihe: Keplers geschachtelte Polyeder begrenzen Planetenbahnen

Die Titius-Bode-Reihe ist eine von Johann Titius gefundene und durch Johann Bode bekanntgemachte numerische Regel in der Astronomie, nach der sich die Abstände der Planeten von der Sonne mit einer einfachen mathematischen Formel näherungsweise allein aus der Nummer ihrer Reihenfolge im Sonnensystem herleiten lassen.

Formel

Nach der Formulierung von Titius und Bode ergibt sich als ursprüngliche Formel:

Rn   =   4 + 3×2n

Der Exponent n steht, beginnend bei Merkur, für einen Wert der Folge −∞, 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6 usw.
So ergibt sich von Merkur bis Saturn die Zahlenfolge 4, 7, 10, 16, 28, 52, 100

Die Regel stimmt frappanterweise meist bis auf wenige Prozent mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Allerdings gibt es einige Unstimmigkeiten, u.a.:

  • Zwischen Mars und Jupiter befindet sich der Asteroidengürtel. Dessen größter Körper ist Ceres, die kein Planet, sondern offiziell nur ein Zwergplanet ist
  • Neptun findet keinen Platz in dieser Reihe. Stattdessen nimmt praktisch Pluto seinen Platz ein, dessen Status als Planet von der IAU 2006 allerdings aberkannt und in den eines Zwergplaneten abgeändert wurde
Johann Daniel Titius (1729–1796)
Himmelskörper Bodesche Regel Erwarteter Abstand in AE Tatsächliche Distanz (AE)
Merkur A34_146.gif 0,4 + 0,0 0,4 0,39
Venus A25_087.gif 0,4 + 0,3 0,7 0,72
Erde A23_064.gif 0,4 + 0,6 1,0 1,00
Mars A33_140.gif 0,4 + 1,2 1,6 1,52
Asteroiden 0,4 + 2,4 2,8 2,1-3,5
Ceres 2,77
Jupiter A29_112.gif 0,4 + 4,8 5,2 5,2
Saturn A26_087.gif 0,4 + 9,6 10,0 9,54
Uranus A40_238.gif 0,4 + 19,2 19,6 19,8
Neptun A38_160.gif 0,4 + 38,4 38,8 30,1
Pluto a13_174_pluto4.gif 0,4 + 76,8 77,2 39,5

Geschichte

Die Reihe wurde 1772 durch Titius publik gemacht. Die zufällige Entdeckung des Uranus durch Wilhelm Herschel nicht lange danach (1781) bedeutete eine Bestätigung dieser Regel und ließ sie für alle damals bekannten Planeten als "Physikalisches Gesetz" erscheinen. Viele Astronomen suchten nun nach einem Planeten zwischen Mars und Jupiter. In der Nacht zum 1. Januar 1801 wurde durch Piazzi dann Ceres entdeckt, der mit Abstand größte der Planetoiden, der zusammen mit dem ganzen Asteroidengürtel diese Lücke schloss. Eine zeitlang vermutete man in den Objekten des Asteroidengürtels Bruchstücke eines ehemaligen geborstenen Planeten, der in die wissenschaftlich-fantastische Literatur unter dem Namen Phaeton einging. Spätere Untersuchungen zeigten jedoch, dass die Gesamtmasse aller Asteroiden nur etwa fünf Prozent der Masse des Erdmondes beträgt und dass viele der Kleinkörper eher aus verschiedenen, einst größeren Asteroiden hervorgingen.

Schon Johannes Kepler hatte eine mathematische Ordnung der Planeten erwogen. In seinem Fall war es eine geometrische Struktur (siehe Abbildung oben), die er 1596 im Mysterium cosmographicum veröffentlichte. Dabei setzte er die Bahnen der damals bekannten Planeten Merkur bis Saturn als Querschnitt von Kugelschalen mit der Oberfläche der fünf Platonischer Körper ins Verhältnis. Zwischen den ineinander verschachtelten Bahnsphären der sechs Planeten passten die Oberflächen der fünf platonischen Körper als Abstandshalter tatsächlich gut hinein. In seinem 1619 erschienenen Werk Harmonice mundi („Weltharmonik“) entwickelte er diese Theorie weiter.

Bewertung

Für die Titius-Bode-Reihe gibt es keine naturwissenschaftliche Erklärung. Die numerische Regel fällt förmlich vom Himmel, ohne dass irgendein Bezug zu physikalischen Prinzipien oder Phänomenen hergestellt werden kann. Manche meinen, es werde dadurch in unser Sonnensystem eine Ordnung hineingesehen, wo keine ist, andere vermuten dahinter doch ein tieferliegendes Naturgesetz.

Theodor Landscheidt wies darauf hin, dass man eine bessere Annäherung an die Abstände der Planetenbahnen mithilfe des Goldenen Schnitts bzw. mit den Zahlen der Fibonacci-Reihe erhalte.[1]

Auch die Formulierung der englischen Astronomin Mary Blogg von 1913 erreicht (inklusive der Monde bzw. Satellitensysteme der äußeren Gasriesen Jupiter, Saturn und Uranus) eine bessere Annäherung an die realen Werte.

Aufschlussreicher für die himmelsmechanische Organisation unseres Planetensystems ist die Betrachtung der Umlaufzeiten. Die Umlaufperioden der jeweils benachbarten Planeten befinden sich zueinander nämlich in einer sog. Kommensurabilität[2]; das heißt, sie stehen in einem Verhältnis zueinander, das auf einem gemeinsamen Maß beruht und sich – teils annähernd, teils ziemlich exakt – durch kleine ganze Zahlen ausdrücken lässt, vergleichbar den Akkorden der Musik. So entsprechen fünf Jupiter-Umläufe von ihrer Dauer ziemlich genau zweien von Saturn. Uranus benötigt zu seiner Sonnenumrundung dreimal so lange wie Saturn, allerdings nur ungefähr, und Neptun doppelt so lange wie Uranus. Während die Umlaufzeit von Neptun zu Pluto in einer Resonanzbeziehung von exakt 2:3 steht.

Witzigerweise fanden australische Astronomen, die 27 extrasolare Planetensysteme analysierten, dass diese der Titius-Bode-Formel zumeist noch genauer folgen als Himmelskörper in unserem Sonnensystem – nämlich zu fast 96%.

Johann Elert Bode (1747–1826)

Siehe auch

Weblinks

Quellen und Anmerkungen

  1. Siehe auch Michael Nitsche: Planetensystem — Goldener Schnitt — Urprinzinzipien, in: Grenzgebiete der Wissenschaft 46 (1997) 2, 139 — 167
  2. Kommensurabilität = Verträglichkeit, Vergleichbarkeit. D.h. sie stören sich nicht in ihrer Gravitation, "erlauben" einander