Vettius Valens

Aus Astrodienst Astrowiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Frühneuzeitliches Idealporträt von Valens[1]
Valens' ungefähres Geburtshoroskop[2]

Vettius Valens (geboren vermutlich 8.2.120 n.Chr., Antiochia, gestorben nach Juni 184 n.Chr.)[3][4] war ein Astrologe des zweiten Jahrhunderts und Vertreter der spätantiken bzw. Klassischen Astrologie, zugleich ein etwas jüngerer Zeitgenosse von Ptolemäus. Er bereiste den Mittelmeerraum samt Ägypten und machte sich mit den hellenistischen, ägyptischen und babylonischen Wurzeln der damaligen Astrologie vertraut. Eventuell war seine spätere Wirkungsstätte Alexandria, doch diese Annahme beruht nur auf Indizien, wie den von ihm verwendeten Tabellenwerken, die auf den Breitengrad von Alexandria passen. Diese könnten jedoch von ihm auch nur unkorrigiert übernommen worden sein.

Ptolemäus und Valens unterschied vor allem, dass jener kein praktizierender Astrologe war[5], und in seinen Tetrabiblos vor allem eine Systematik sowie Vereinheitlichung der astrologischen Grundlagen, Regeln und Deutungen anstrebte, im Rahmen einer aristotelisch bestimmten Philosophie und Physik. Wohingegen der heute kaum bekannte Valens aus Sicht eines praktizierenden Astrologen einen Einblick in die Astrologie gibt, in ihre verschiedenen Elemente, bzw. in die damaligen astrologischen Strömungen und Traditionen. Seine Anthologiae gehören zu den wichtigsten antiken Astrologie-Werken.[6]

Die Blütensträuße

Astrologie (Anthologiae)

Die Anthologiae von Valens wurden durch die Jahrhunderte über die Arabische Astrologie bis ins europäische Mittelalter hinein viel genutzt. Sie entstanden zwischen ca. 150–184 n.Chr., und liegen heute in neun Bänden vor; ursprünglich waren anscheinend zehn Bände bekannt.[7]

Die Anthologiae stellen ein umfassendes, relativ unsystematisches, teilweise wiederholendes und widersprüchliches Lehrbuch dar. Ihr Textkorpus ist nicht unmittelbar und in einem Stück erhalten, das Werk besteht in der heutigen Fassung aus mehreren, aus unterschiedlichen Jahrhunderten überlieferten Kopien. Darin sind aber auch zahlreiche Texte anderer Autoren angeführt, die sonst nicht oder nicht in diesem Umfang überliefert wurden. Dazu gehören die legendären Astrologen Nechepso und Petosiris, sowie der in der Spätantike oft genannte Abraham. Es wird zudem ein starker ägyptischer Einfluss sichtbar, wenn Valens z.B. die ägyptischen Monatsnamen verwendet.
Die „Anthologie“ umfasst detailliert alle Bereiche der Horoskop-Berechnung, -Erstellung und –Deutung, samt rund 130 teilweisen oder vollständigen Geburtshoroskopen, und ermöglicht damit einen guten Einblick in die Arbeitsweise und Prognosen eines damals aktiven Astrologen. Es enthält viele Beispiele und Analogien aus der medizinischen und Mundan-Astrologie, auch Astrogeographie. An Techniken nehmen die Prognosen zur Lebensdauer der Geborenen z.B. einen großen Raum ein.

Inhalt: Ausdrücklich dargelegt wird die Ableitung der Wochennamen aus der ersten Planetenstunde eines jeden der sieben Wochentage, was so von vielen späteren Astrologengenerationen übernommen wurde. Außerdem zeigt Valens zahlreiche Techniken auf, die zur Planeten-, Horoskop- und Auslösungs-Berechnung erforderlich waren. Weiterhin behandelt bzw. erwähnt er Methoden wie die Profektion[8] und das Solar(horoskop)[9], das Decumbitur-Horoskop[10], die Lunation[11], die Sekundärprogression[12] und die sogenannten Katarchen-Horoskope[13] (Horoskope für den Anfangszeitpunkt einer Sache, d.h. sinnvoll für eine Elektion).

Mit den zahlreichen angeführten Beispielen (Geburtshoroskopen) lassen sich die Ausführungen leichter verstehen, wenngleich doch immer wieder Her- und Ableitungen vorkommen, die man heute nicht mehr nachvollziehen kann. Die Anthologiae gelten aber insbesondere als umfangreichste spätantike Horoskopsammlung; so sind z.B. vor dem Jahr 380 n.Chr. nur fünf weitere Horoskope der spätantiken bzw. hellenistischen Zeit schriftlich überliefert.[14] Insgesamt enthält die Anthologiae 121 datierbare Geburtshoroskope.[15]

Das Planeten- bzw. Herrscherabhängige Zodiacal Releasing[16]

Ausgaben

  • Wilhelm Kroll: Vettii Valentis anthologiarum libri. Weidmann, Berlin 1908 Digitalisat (PDF) [17]
  • David-Edwin Pingree: Vettii Valentis anthologiarum libri novem. Teubner, Leipzig 1986 (lateinische Übersetzung)
  • Vettius Valens: Blütensträusse. Scripta Mercaturae Verlag, St. Katharinen 2004. Ins Deutsche übersetzt von Otto Schönberger und Eberhard Knobloch. 376 Seiten, ISBN 978-3-89590-150-8
Mit umfangreicher Horoskopesammlung. Geht ausgiebig auf die Himmelslose ein und die Chronokratoren. Ein weiterer Schwerpunkt sind die aufsteigenden Grade

Weblinks

Literatur

  • Neugebauer, Otto; van Hoesen, Henry-Bartlett: Greek Horoscopes. American Philosophical Society, Philadelphia 1959
  • Komorowska, J.: Vettius Valens of Antioch: An Intellectual Monography. Krakau 2004
  • Blütensträuße, Vettius Valens übersetzt von Otto Schönberger und Eberhard Knobloch, Subsidia Classica Band 7, 376 Seiten, Scripta Mercaturae Verlag, St. Katharinen, 2004, EAN 9783895901508, ISBN 978-3-89590-150-8

Quellen und Anmerkungen

  1. Quelle: Internet/Twitter-Account
  2. Datum und Uhrzeit stimmen vermutlich, die Berechnung verschiedener Softwareprogramme führt jedoch zu leicht unterschiedlichen Ergebnissen. Siehe auch The Birth Chart of Vettius Valens (Anthony Louis – Astrology & Tarot Blog, 2017)
  3. Weitgehend übernommen und übertragen aus dem englischen Wikipedia-Artikel Vettius Valens
  4. Zum Sterbedatum nach Juni 184 n.Chr. siehe Stephan Heilen: 'Hadriani genitura' - Die astrologischen Fragmente des Antigonos von Nikaia. Walter de Gruyter, Berlin 2015. S. 263. In Valens Anthologiae werden ein Geburtshoroskop des Jahres 132 n.Chr. und dazu biographische Ereignisse des 52. Lebensjahres angeführt wie auch Berechnungen für den 9.6.184 n.Chr.
  5. Astrologer Interview: James H. Holden (Part 1) (Nina Gryphon, 2008)
  6. Neben der Carmen Astrologicum des Dorotheos von Sidon, den Tetrabiblos von Ptolemäus, der Astronomica von Manilius, und der Matheseos libri octo von Firmicus Maternus
  7. Gundel, Wilhelm/ Gundel, Hans Georg: Astrologumena. Die astrologische Literatur in der Antike und ihre Geschichte. Franz Steiner Verlag, Wiesbaden 1966, S. 216
  8. Blütensträusse, S. 211.
  9. Blütensträusse, S. 206
  10. S. 204 und 333
  11. S. 207
  12. S. 330.
  13. S. 205
  14. Neugebauer, van Hoesen, S. 176.
    Neugebauer /Hoesen schreiben: The importance of the Anthology of Vettius Valens for our subect can be illustrated by the following figures. With its about 130 (partial oder complete) horoscopes it contains twice as many examples of Greek horoscopes as all papyri combined. Without Vettius Valens (whose examples range from A.D. 37 to 188) we schould have only five examples of "literary" horoscopes before A.D. 380.
  15. Stephan Heilen: 'Hadriani genitura' - Die astrologischen Fragmente des Antigonos von Nikaia. Walter de Gruyter, Berlin 2015. S. 33
  16. Bei Chris Brennan
  17. Digitalisat leider mit vielen Brüchen in der Seitenabfolge und fehlenden Seiten (lateinische Übersetzung, unterscheidet sich in der Kapiteleinteilung von der späteren maßgeblichen Übersetzung durch Pingree)