Geburtszeitkorrektur

Aus Astrodienst Astrowiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Synonym: Rektifikation

Die Geburtszeitkorrektur: eine mühsame rechnerische bzw. kombinatorische Kleinarbeit

Die Geburtszeitkorrektur ist die Rekonstruktion einer minutengenauen Geburtszeit mit Hilfe von Prognosemethoden, die metagnostisch, das heißt rückwirkend, angewandt werden. Viele Astrologen halten für die Deutung eines Horoskops eine minutengenaue Geburtszeit für unabdingbar, andere nur dann, wenn sich in dem fraglichen Horoskop eine Achse oder Häuserspitze an der Grenze zwischen zwei Tierkreiszeichen befindet, und man ohne eine exakte Geburtszeit deren genauen Stand nicht bestimmen kann. Auch bestimmte Prognosemethoden, etwa Primärdirektionen, funktionieren nur, wenn ihnen eine minutengenaue Geburtszeit zugrunde liegt.

Eine solche ist aber oft nicht gegeben - standesamtliche Angaben sind unter Umständen nur auf fünf bzw., in früheren Zeiten, auf fünfzehn Minuten oder gar Stunden genau. Manche Menschen kennen oft sogar nur den Tag ihrer Geburt; in vielen Ländern wird die Zeit einer Geburt nicht notiert.

Notwendigkeit

Historisch

In vielen überlieferten Horoskopen, etwa aus der Renaissancezeit, sind die Zeitangaben minutengenau. Es ist jedoch sicher nicht davon auszugehen, dass eine entsprechend genaue Zeitmessung damals direkt möglich war. Halbwegs genaue Zeitmessungen waren nur durch Sonnenuhren möglich, und dies auch nur tagsüber und bei sonnigem Wetter. Ansonsten waren Zeitangaben nicht einmal stundengenau; "morgens", "abends", oder "nachts" dürften die normalerweise verfügbaren Angaben gelautet haben. Um hierbei dennoch auf einen vernünftigen Zeitpunkt zu kommen, war also eine Geburtszeitkorrektur für den Astrologen unumgänglich. Erfolgen konnte diese üblicherweise über die Analyse der Primärdirektionen, insbesondere des Aszendenten. Hieraus wurde die lokale Sonnenuhrzeit (LAT) ermittelt. Heutige Horoskopberechnungsprogramme rechnen jedoch mit der Mittleren Ortszeit (LMT). Also können die historischen Zeitangaben nicht 1:1 übernommen werden, sondern man sollte, wenn sie zur Verfügung steht, die historische Horoskopgrafik lesen, und diesr der - durch die Primärdirektion exakt bekannte - Aszendentenstand zugrunde gelegt werden. Falls keine Grafik vorhanden ist, sollte die Zeitgleichung (= Umrechnung von LAT in LMT) verwendet werden. Zeitliche Differenzen von mehr als 15 Minuten zwischen beiden Angaben sind dabei durchaus möglich.

Gegenwärtig

Es gibt also genügend Gründe, eine Geburtszeitkorrektur vorzunehmen, was jedoch in der Praxis gar nicht so häufig geschieht, weil das Verfahren dafür relativ zeitaufwendig ist. Heute bieten verschiedene Computerprogramme eine Geburtszeitkorrektur an, was die Sache erheblich vereinfacht und verkürzt. Man muss allerdings auch das Problem im Auge behalten, dass der Moment der Geburt gar nicht immer auf einen so kurzen Zeitraum, wie ihn eine Minute darstellt, festzulegen ist, und auch, dass es verschiedene Auffassungen darüber gibt, was denn nun eigentlich diesen Moment charakterisiert (Geburtsmoment). Daraus ergibt sich die Frage, wie eine minutengenaue Geburtszeit überhaupt zu bewerten ist. Eine weitere Problematik liegt darin, dass eine Astrologie, die nicht ereignisorientiert ist, sich mit einer Geburtszeitkorrektur grundsätzlich schwertut, eben weil diese, wie unten gezeigt wird, mit ganz konkreten Ereignissen arbeitet, nicht aber mit den dahinter steckenden Inhalten oder Entwicklungen.[1]

Für eine Geburtszeitkorrektur werden mehrere markante Daten im Leben desjenigen gewählt, dessen Geburtszeit fraglich ist: beispielsweise eine Abschlussprüfung, eine Hochzeit, die Geburt eines Kindes, der Tod eines Elternteils, usw. Daraufhin wird mit Hilfe von Prognosemethoden wie Transiten und Sekundärprogressionen (es empfiehlt sich, mehr als nur eine Methode zu verwenden) nachgesehen, ob es bei diesen Ereignissen jeweils zu Auslösungen auf Achsenpunkten, also Aszendent, Deszendent, Medium coeli oder Imum coeli, kam. Denn dies sind die individuellsten Punkte in einem Horoskop, das heißt, sie ändern sich so schnell, dass sich Unterschiede von Minuten bemerkbar machen: Aszendent und Medium coeli wandern durchschnittlich alle vier Minuten einen Bogengrad weiter. Auslösungen zu den schnell laufenden Planeten können nicht hinzugezogen werden, denn diese ändern ihre Position im Verlauf eines Tages nur wenig, mit Ausnahme des Mondes, der alle zwei Stunden etwa ein Grad weiter wandert. Doch auch das ist für eine Feinkorrektur - also eine Korrektur im Rahmen von einer halben bis einer ganzen Stunde - zu ungenau.

Vorgehensweise

Die im Folgenden vorgestellte Methode soll den Ablauf einer Feinkorrektur verdeutlichen:

  • Für jede Auslösung, soweit sie inhaltlich stimmig ist, wird ein hypothetischer Aszendent bzw. ein hypothetisches Medium coeli erstellt, je nachdem, welche der Achsen durch das jeweilige Ereignis ausgelöst wurde. Ein Beispiel: Der (unkorrigierte) Aszendent befindet sich auf 18 Grad 30 Minuten Steinbock. Die Hochzeit des Horoskopeigners fand statt, als sich Saturn auf 16 Grad 15 Minuten Krebs befand, also an seinem Deszendenten. Der hypothetische Aszendent läge demnach bei 16 Grad 15 Minuten Steinbock. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass eine solche Auslösung auch zeitlich exakt ist, was aber nur tendenziell stimmen kann, nicht jedoch in jedem Einzelfall. Man überprüft daher mehrere hypothetische Aszendenten und Medium coelis aufgrund verschiedener Lebensereignisse.
  • Die Aszendenten werden jeweils in die zugehörigen Medium coelis umgerechnet, womit dann eine Anzahl verschiedener Medium-coeli-Werte vorliegt.
  • Man wählt nun aus diesen entweder diejenigen, die größer sind als das unkorrigierte Medium coeli, oder diejenigen, die kleiner sind, je nachdem, welche glaubwürdiger und in der Überzahl sind.[2]
  • Aus diesen wiederum bildet man einen Mittelwert, welcher nun das korrigierte Medium coeli darstellt. Daraus lassen sich dann sämtliche Häuserspitzen einschließlich des Aszendenten berechnen.

Es gibt noch weitere Methoden - überzeugendere und weniger glaubwürdige. Ein prominenter Vertreter einer speziellen Technik dazu ist Heinrich Kündig.

Ein Horoskop beruht eigtl. auf einfachsten Konstruktionsprinzipien

Beurteilung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Geburtszeitkorrektur ein Feld ist, auf dem enorm viel spekuliert wird. Und, wie Christoph Schubert-Weller vermerkt, einen Beweis für die richtige Geburtszeit kann eine Geburtszeitkorrektur ohnehin nicht erbringen.[3] Allerdings sollte nach Möglichkeit schon versucht werden, eine solche Korrektur anhand der Auslösungen späterer Ereignisse zu verifizieren. Eine Geburtszeitkorrektur kann nur dann als gelungen angesehen werden, wenn sie eine höhere Treffsicherheit bei Aussagen, insbesondere Prognosen, ermöglicht als die unkorrigierte Zeit.

Es gibt eine ganze Reihe verschiedener Verfahren zur Geburtszeitkorrektur, und meistens kommen diese auch noch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Was natürlich das Konzept als solches grundsätzlich in Frage stellt. Eine sorgfältige Anamnese, d.h. der Versuch, durch biographische Forschung mittels Quellen und damals anwesenden Zeugen die tatsächliche Geburtszeit herauszufinden, ist daher jeder theoretischen Korrektur vorzuziehen.

Weblinks

Literatur

  • Christoph Schubert-Weller: Die astrologische Geburtszeitkorrektur. München 1989
  • Regulus Astrology: A Rectification Manual: The American Presidency. 796 Seiten oder ebook (pdf); 2007. ISBN: 978-0-9801856-0-7 Review online (Thomas Callanan, Skyscript 2008)

Quellen und Anmerkungen

  1. Schubert-Weller, S. 25
  2. Die Hoffnung, am Ende auf ein möglichst eindeutiges Ergebnis zu kommen, erfüllt sich meistens leider nicht
  3. Schubert-Weller, S. 18