Selbst

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Tibetanisches Mandala[1] - Symbol der inneren Mitte

Der Ausdruck "Selbst" bezeichnet in der Regel das Bewusstsein von der eigenen Identität und wird häufig mit "Persönlichkeit" gleichgesetzt.

Differenzierung

Der Begriff zeigt psychologische, soziologische, philosophische und theologische Bedeutungsvarianten. Eine differenziertere Betrachtung unterscheidet zwischen

  • Materielles Selbst
  • Seelisches Selbst
  • Geistiges Selbst
  • Soziales Selbst

Das Selbst umfasst also den physischen Körper mit Merkmalen und Verhaltensmustern, das psychische Empfinden mit Ängsten, Blockaden und Freuden, das geistige Potenzial mit Weltanschauungen und Glaubenssätzen, sowie das soziale Verhalten mit der Fähigkeit zu Kontaktaufnahme und Abgrenzung.

Östliche Religionen

Nach hinduistischer Auffassung bestehen alle Lebewesen aus drei unterschiedlichen Wirklichkeiten:

  • Dem Atman (das Selbst, die ewige, unzerstörbare, innere Gestalt jedes Wesens)
  • Der sterblichen, physischen Hülle (dem stofflichen Körper)
  • Dem feinstofflichen Körper

Der Buddhismus verneint jedoch die Existenz einer beständigen, unwandelbaren Identität, die mit Begriff des „Selbst“ verbunden wird.

Höheres Selbst

Der Begriff Höheres Selbst wurde von der Theosophie[2] geprägt, in Anlehnung an das hinduistische Atman. Gemeint ist damit der unsterbliche göttliche Wesenskern in jedem Menschen - im Unterschied zu seinem vergänglichen, der Reinkarnation unterworfenen, "Niederen Selbst". Ziel des spirituellen Weges ist es, ein Bewusstsein vom Höheren Selbst zu erlangen, mit ihm in Kontakt zu treten, und schließlich vom Ego den Übergang dorthin zu beschreiten.

Psychologie

Alchemistisches Mandala: Mundus Archetypus[3]

Humanistische Psychologie

Die Humanistische Psychologie (u.a. die Gesprächspsychotherapie von Carl Rogers) verwendet den Begriff "Selbst" vor allem im Verbindung mit der Selbstverwirklichung bzw. Selbstaktualisierung. In Abraham Maslows Bedürfnishierarchie ist dies der höchste vom Menschen angestrebte Wert.

Analytische Psychologie (Carl Gustav Jung)

In der Psychologie Jungs ist das Selbst das Zentrum der Persönlichkeit. In ihm werden alle gegenläufigen Teile der Persönlichkeit zusammengefasst und vereinigt. Es ist das Ziel des lebenslangen Individuationsprozesses, der im Wesentlichen daraus besteht, möglichst große Teile des Unbewussten dem Bewusstsein einzugliedern. Als zentrale Instanz des Unbewussten steuert und umfasst das Selbst die Gesamtpersönlichkeit; es ist Anfang und Ende des Seelenlebens. Es ist paradox und androgyn, entsteht aus der Vereinigung von Ich (inkl. Schatten) mit Anima/Animus und stellt eine Lösung, Überwindung jener Aufspaltung in Gegensätze auf einer höheren Ebene dar. Es steht jenseits von Gut und Böse (die als Wertkategorien relativ werden) und ist gekennzeichnet durch Vollständigkeit (keine harmonistische "Vollkommenheit").

Empirisch ist das Selbst nach Jung vom Gottesbild nicht unterscheidbar; es offenbart sich als innere Stimme (Gewissen), ruft ein Gefühl von Zeitlosigkeit und Transzendenz bzw. numinoser Ergriffenheit hervor. In einem Therapieverlauf bzw. einem Heilungsprozess kommt auftauchenden Ganzheitsbildern deswegen eine Schlüsselrolle zu - da sie den (Selbst-)Archetyp aktivieren, das Ich wieder damit verbinden ("re-ligio"), ihm eine neue Richtung und Kraft geben. Das Wachstum hin zur Selbstverwirklichung nennt Jung Individuation: ein Bewusst- und Ganzwerden, welches innere Auseinandersetzungen bedeutet, sich zu lösen sowohl von Kollektivnormen wie auch von unbewussten Zwängen; ein Differenzierungs- und zugleich Zentrierungsprozess mit dem Ziel der individuellen ("individuierten") Persönlichkeit, die "sich selbst" lebt, ihre Potentiale ausschöpft, das Tao/ den Weg der Mitte - zwischen den Polen - geht. Der Weg zum "Selbst" ist - im Konzept der Komplexen Psychologie Jungs - allerdings nicht für jeden sinnvoll und sollte auch nicht allein bzw. ohne Kontrolle z.B. durch Partner oder Ärzte begangen werden, schon aufgrund der "Überflutungsgefahr" durch hereinbrechende Inhalte des Unbewussten.[4][5]

Der Berg als Symbol des Selbst[6]

Symbolik

Symbole des Selbst sind (in der Alchemie) die chymnische Hochzeit, der Stein (der Weisen), das Gold, Elixier, die quinta essentia, ansonsten insbesondere die Vierheit (u.a. das Kreuz, die vier Evangelisten), dessen Vielfache (die Acht, Zwölf; die Apostel, Tierkreiszeichen) und der Kreis, das (z.B. buddhistische) Rad, die Kugel - sowie deren Kombination: die sogenannte Quadratur des Kreises (= das eigentlich Unmögliche). Ihm zugehörige Motive und Bilder, z.B. im Märchen, wären der verborgene Schatz, die Kostbarkeit, der Kristall, die (himmlische) Stadt, das Haus, der Baum, der Berg. Schließlich zeigt sich das Selbst in übergeordneten Persönlichkeiten (bzw. es wird auf solche projiziert): im König und in der Königin, im Gott, in der Göttin oder im göttlichen Kind (der Frucht einer gewonnenen Einheit).

Astrologie

Astrologisches Symbol des Selbst im Jungschen Sinne ist vor allem die Sonne mit ihrem ausstrahlenden, das menschliche Wesen durchdringenden Charakter - zumal ihr auch das Schöpferisch-Kreative, als Bilder/ Figuren der König, das göttliche Kind, Selbst-Symbole wie das Gold, usw. zugeordnet werden. Betrachtet man die vier Ebenen des Selbst - körperlich, psychisch, geistig, sozial - so könnten sie folgendermaßen zugeordnet werden:

Die esoterische Astrologie bezieht sich auf das Höhere Selbst. Im Horoskop geben insbesondere folgende Positionen und Aspektierungen Auskunft über dieses "Höhere" oder Transzendente im Menschen:

Möglicherweise wird das Selbst auch besonders gut veranschaulicht durch ein Heliozentrisches Horoskop, d.h. durch das Geburtshoroskop aus Sonnensicht. Jedenfalls stellt schon das Horoskop als solches - mit seinem 360-Grad-Kreis und seinen Quadranten - ein zentrierendes, d.h. ein zum Selbst, zur Mitte führendes Mandala dar[7], kann schon von seiner äußeren Gestaltung her als ein Symbol der menschlichen Ganzheit bzw. Vollständigkeit gesehen werden.

Von Jung persönlich behauener Stein[8]

Hamburger Schule

Die drei Selbste der „Kahuna"-Magie nach Max Freedom Long[9]:

  • Das untere Selbst (Unterbewusstsein)
Es ist der Sitz des Unterbewusstseins, des Erinnerungsvermögens. Gefühlsdenken, Lernfähigkeit
Analogie zum PC: Es gleicht dem Speicher einer Festplatte
Astrologie „Hamburger Schule": Mond/ Merkur
  • Das mittlere Selbst (Tagesbewusstsein)
Wird unserem Wachbewusstsein gleichgesetzt. Die Fähigkeit, sich im Alltag zu behaupten. Anwendungsdenken
analog zum PC: Es gleicht dem Arbeitsspeicher.
Astrologie „Hamburger Schule": Sonne/ Merkur
  • Das hohe Selbst (Überbewusstein)
Es ist die Ebene zum Göttlichen. Dort auch befinden sich die geistigen Kräfte (Schutzengel) im Austausch untereinander
Analogie PC: es gleicht dem Programm, das mit anderen Programmen vernetzt ist (in der Astrologie der „Hamburger Schule": Kronos/ Poseidon)
Der Stein der Weisen[10]

Siehe auch

AT Manns Mandala-Kalender 2012

Weblinks

Literatur

  • Jolande Jacobi: Die Psychologie von C.G. Jung. Zürich 1959
  • Marie-Louise von Franz: Die Suche nach dem Selbst. Individuation im Märchen. 191 Seiten. München, Kösel, 1985 ISBN 3466341159
  • Lutz Müller: Der Held – Jeder ist dazu geboren: Die universale Heldenreise als Prozess der Selbst-Erfahrung. Opus Magnum, 152 Seiten, 1987/2013. ISBN-10 3939322644, ISBN-13 978-3939322641
  • Max Freedom Long: Geheimes Wissen hinter Wundern. Hermann Bauer Verlag, Freiburg 1965-1999; Schirner, Darmstadt 2006 ISBN 3897674874

Quellen und Anmerkungen

  1. Aus dem 19. Jahrhundert. Mandala von Amitayus
  2. C.W. Leadbeater, Annie Besant
  3. "Archetypische Welt". Gravur von Malachias Geiger, Microcosmus hypochondriacus, München, 1651
  4. Jacobi, S. 165
  5. Dane Rudhyar beschreibt in Astrologie und Psyche, Tübingen 2006, ab S. 140ff., eindringlich die persönlichen und psychischen Herausforderungen wie Anforderungen dieses Weges
  6. Der sogenannte Devils Tower im US-Bundesstaat Wyoming
  7. Ein Mandala besteht üblicherweise aus den Komponenten Kreis (Rundheit) und Quadrat (Vierheit). Es wird von Individuen auf dem Weg zu ihrem Selbst oft spontan produziert, in systematischer Form aber auch von Hochkulturen wie der tibetanischen (siehe Abbildung oben)
  8. Jungs Erklärung dazu: "Die Zeit ist ein Kind - spielend wie ein Kind - ein Brettspiel spielend - das Königreich [ist] des Kindes (Heraklit). Dies ist Telesphoros, der durch die dunklen Regionen dieses Kosmos wandert und wie ein Stern aus der Tiefe aufleuchtet, Er weist den Weg zu den Toren der Sonne und zum Land der Träume." in: Erinnerungen, Träume, Gedanken, 1962, S. 230f.
  9. Sabine Krämer: Merkur, Gedanken zum Hohen Selbst 2/ 1999, 12 Seiten
  10. Alchemistische Abbildung