Aspekt

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Alte Darstellung eines Horoskops (mit den das Neugeborene "anblickenden" Planeten)[1]

Wortherkunft (Etymologie): lateinisch aspicere = hin-, anschauen

Als Aspekte bezeichnet man bestimmte Winkelbeziehungen im Horoskop, die durch Planeten, Lichter oder sensitive Punkte zueinander gebildet werden.

Goethe schrieb über sein Geburtshoroskop und dessen Aspekte:

"Die Sonne stand im Zeichen der Jungfrau, und kulminierte für den Tag; Jupiter und Venus blickten sie freundlich an, Merkur nicht widerwärtig; Saturn und Mars verhielten sich gleichgültig: nur der Mond, der soeben voll ward, übte die Kraft seines Gegenscheins..."[2]

Geschichte

Erste Ansätze zur Aspekttheorie gab es schon in der Babylonischen Astrologie (Trigonalaspekt). Weiter entwickelt wurde das - geometrische - Konzept bei den Griechen (siehe Hellenistische Astrologie). Zur Blüte brachte es Johannes Kepler.

Allgemeines

Bei der Aspektbildung kommt es zu einem Kontakt der beteiligten Horoskopkomponenten. Für die Gültigkeit von Aspekten gibt es einen bestimmten zu definierenden Spielraum, den man Orbis (Umraum) nennt. Ein Aspekt, der sich innerhalb dieses Orbis befindet, heißt plaktischer Aspekt. Liegt der Orbis innerhalb eines Grads, nennt man den Aspekt exakt oder partil.

Es gibt Haupt- und Nebenaspekte, auch große und kleine Aspekte genannt.

Planeten, die keinen (Haupt-)Aspekt aufweisen, nennt man unaspektiert. Auch diesem Tatbestand misst man bei der Horoskopinterpretation eine Bedeutung zu. Mehrere Aspekte in einer bestimmten Anordnung bilden eine Aspektfigur.

Hauptaspekte

Hauptaspekte (auch ptolemäische Aspekte genannt) sind:

Nebenaspekte

Es gibt eine Vielzahl von Nebenaspekten. Die wichtigsten sind:

Die Hauptaspekte bei Gertrud Hürlimann[3]

Weniger wichtig sind:

Erwähnt werden sollen außerdem noch folgende Aspekte:

Sonderformen

Folgende Aspekte wurden in der Renaissance (14. bis 17. Jahrhundert) entwickelt[4]:

Deutung

Es gibt harmonische bzw. synthetische Aspekte, bei denen sich die beiden beteiligten Planeten eher in einem Einklang miteinander befinden, und so genannte Spannungsaspekte, auch als analytische oder herausfordernde Aspekte bezeichnet. Früher kategorisierte man die Aspekte in "gute" (etwa das Trigon) und "schlechte" (etwa das Quadrat) - eine Unterscheidung, die heute zunehmend in Frage gestellt wird. Denn die analytischen Aspekte bergen ein hohes Entwicklungspotential in sich: Sie stacheln dazu an, etwas zu unternehmen und sich mit den Reibungspunkten seiner Persönlichkeit auseinanderzusetzen. Die - vermeintlich leichten , "angenehmen" - synthetischen Aspekte hingegen können zu einer gewissen Trägheit führen.

Sind die Langsamläufer - bei Wolfgang Döbereiner "Schicksalsregulative" genannten - Saturn, Uranus, Neptun oder Pluto an einem Aspekt beteiligt, tritt diese Unterscheidung sowieso eher in den Hintergrund. Vielmehr ist dann das durch die jeweiligen Planeten und ihre "Mischung" beschriebene Thema entscheidend.

Die Deutung von Nebenaspekten in einem Horoskop kann zu vertiefteren und differenzierteren Aussagen führen, wenngleich schon die Hauptaspekte sehr weit reichende Aussagen ermöglichen.

Vor der Deutung der Aspektklasse - ob es sich um ein Quadrat, ein Trigon etc. handelt - sollte stets erst geklärt werden, welche Planeten bzw. welcher Planet und welche Achse dabei aufeinander treffen, welche Energien sich also miteinander im Austausch befinden. Es ist wichtig, einen Aspekt immer in beide Richtungen zu deuten. Zwar geht man davon aus, dass der langsamere der beiden beteiligten Planeten (Tagesbewegung) auch derjenige ist, welcher dem anderen seinen Stempel nachhaltiger aufdrückt, doch fließt der Kräftestrom auch in umgekehrter Richtung: bei einem Venus-Saturn-Aspekt beispielsweise verleiht auch die Venus dem langsameren Saturn etwas von ihrer Charakteristik, sie macht ihn u.a. "weicher".

Opposition von Sonne und Jupiter, Trigon von Merkur und Mars aus irdischer Sicht, also geozentrisch

Die zusätzliche Berücksichtigung des Heliozentrischen Horoskops in der Deutung ist eine relativ neue Entwicklung.

Aspektbedeutungen in Stichworten nach Kepler[5]

0° Konjunktion: Stärke durch Verbindung, Schwäche durch Abstoßung
30° Semisextil: Anregung, Wechselbeziehung, Möglichkeit
36° Dezil und Tridezil (108°): Zusammenhang, Vermittlung, Chance
45° Halbquadrat: Haken, Treppe, Störung, Hürde
60° Sextil: Ordnung, Förderung, Gunst
72° Quintil: Ausgleich, gutes Zusammenspiel, Rührigkeit
75° Bilin: Heimtücke, Leidenschaft, Leiden
90° Quadrat: Spannung, Sperre, Härtung, Pressung
105° Trilin: Unruhe, Erschütterung, Kampf
120° Trigon: Harmonie, Vorteil, Erfolg, Glück
135° Trioktil Schickung, Fügung, Versperrung, Angriff
144° Biquintil: Anschluss, Schlüssel, Gewinn
150° Quinkunx: Täuschung, Sehnsucht, Entscheidungszwang, Verzicht
165° Tao: Hinterhalt, Krise
180° Opposition: Gegensatz, Ergänzung, Widerstreit, Zwietracht

Weitere Zuordnungen

Wenn ein Aspekt davor steht, exakt zu werden, wenn sich also der schnellere auf den langsameren Planeten zubewegt, spricht man von einem applikativen Aspekt. Hat er die Stelle der Exaktheit bereits überschritten und trennen sich die beiden Planeten wieder voneinander, so handelt es sich um einen separativen Aspekt. Applikative Aspekte sind stärker wirksam als separative.

Nicht zu verwechseln sind diese Begriffe mit der Unterscheidung zwischen einem zunehmenden und einem abnehmenden Aspekt: Jedes Planetenpaar bildet im Rahmen eines Zyklus alle möglichen Aspekte zueinander, und zwar außer der Konjunktion und der Opposition, die in jedem Zyklus nur einmal vorkommen, jeden Aspekt zweimal. Solche Aspekte (die innerhalb eines Zyklus zweimal zustande kommen) gelten als zunehmend, wenn sie nach der Konjunktion, aber vor der Opposition erfolgen; und abnehmend, wenn sie nach der Opposition und vor der Konjunktion stattfinden. Ein Beispiel hierfür ist der zunehmende und der abnehmende Halbmond im Verlaufe des Sonne-Mond-Zyklus (siehe Mondphase). Bei einem zunehmenden Aspekt gilt etwas als im Wachstum begriffen, während in der abnehmenden Phase der Höhepunkt einer Entwicklung bereits überschritten und eine gewisse Abgeklärtheit erreicht ist.

Alle Aspekte mit einer Gradzahl teilbar durch 30 verbinden normalerweise spezifische Tierkreiszeichen miteinander: Quadrate beispielsweise Zeichen derselben Qualität, Trigone Zeichen desselben Elements. Wenn sich die beteiligten Planeten jedoch nahe der Zeichengrenze befinden und man einen etwas weiteren Orbis zulässt, so trifft diese Regel nicht mehr unbedingt zu. Man nennt diesen Tatbestand dann einen dissoziierten Aspekt. Wenn sich die Sonne beispielsweise auf 3 Grad Stier befindet und der Mond auf 29 Grad Waage, so hat man es mit einer dissoziierten Opposition zu tun. Das eigentliche Oppositionszeichen von Stier ist nämlich Skorpion, während Stier und Waage als Zeichen in einem Quinkunxaspekt zueinander stehen. So erhält die dissoziierte Opposition immer auch etwas vom Charakter der Quinkunx.

Die wichtigsten Aspekte

Siehe auch

Die Terminologie "Aspektfigur", "Aspektbild", "Planetenbild" und "Planetenverteilung" ist etwas verwirrend bzw. wird von Schule zu Schule unterschiedlich gehandhabt.

Weblinks

Roschers Aspektlehre

Literatur

  • Reinhold Ebertin:Kombination der Gestirneinflüsse, 256 Seiten. Ebertin-Verlag Aalen ab 1950; Ebertin Verlag, Freiburg 1996 ISBN 978-3871860508; Chiron Verlag 2002 ISBN 978-3925100703
Deutungsstichpunkte zur Verbindung zweier Horoskopfaktoren mit jeweils einem dritten (Halbsummen)
  • Walter Koch: Aspektlehre nach Johannes Kepler. Die Formsymbolik von Ton, Zahl und Aspekt, 96 Seiten. Hamburg, Kosmobiosophische Gesellschaft, 1950, 1952
  • Bruno Huber, Louise Huber, Michael Huber: Aspektbild-Astrologie, API-Verlag Adliswil/ Zürich ISBN 978-3855230112
Beschreibung von 45 Aspektfiguren und ihrer Bedeutung. Erklärungen der Aspekte und Beispiel-Aspektbilder
  • Michael Roscher: Astrologische Aspektlehre. Mit Transiten, 480 Seiten. Droemer Knaur Esoterik 2001 ISBN 978-3426861387 Neuauflage (ohne Transite) Chiron-Verlag 2021, 216 Seiten, ISBN 978-3-89997-271-9, EAN 9783899972719
  • Frank Felber: 640 x 3 Aspekte, 708 Seiten. Jupiter + Uranus Verlag; 2., veränderte Auflage 2002 ISBN 978-3902385000
Es werden alle Aspekte aus der Zwölfteilung des Kreises behandelt
  • Bil Tierney: Dynamik der Aspektanalyse. 359 Seiten. Hugendubel München 1990 ISBN 3880344906; Chiron Verlag Tübingen 2005 ISBN 389997137X Auszug online
Fasst die Qualitäten und Bedeutungen der Aspekte (von Konjunktion bis Novil), der unaspektierten, rückläufigen oder stationären Planeten, der Aspektfiguren (Großes Trigon, T-Quadrat, Mystisches Rechteck usw.)und der Quadranten zu einem ausführlichen Nachschlagewerk zusammen. Rezension (Peter Schlapp in Astrologie Heute No. 121, Juni 2006)
  • Sue Tompkins: Aspects in Astrology (A comprehensive guide to interpretations). 312 Seiten. Element Books 1989, zweite Ausgabe Destiny Books 2002. ISBN-10 0892819650 ISBN-13 978-0892819652

Quellen und Anmerkungen

  1. Johann George Sambach: Astrologischer Spiegel, Nürnberg, 1680
  2. Johann Wolfgang Goethe: Aus meinem Leben, Dichtung und Wahrheit, Erstes Buch; "Gegenschein" = Opposition zur Sonne (Vollmond), Kulmination = höchste Position, Mittagsstand (Sonne am MC)
  3. Illustration aus Hürlimanns "Astrologie: Ein methodisch aufgebautes Lehrbuch"
  4. Möglicherweise wurden sie aus Anhaltspunkten der Antike rekonstruiert, jedenfalls ab der zweiten astrologischen Renaissance (19. Jahrhundert) wieder berücksichtigt.
  5. Tabelle der Deutungsstichworte aus Hürlimanns Lehrbuch